Beschlussvorlage - 0884/06-BV

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Beratungsfolge

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HANSESTADT ROSTOCK

Nummer

 

DER OBERBÜRGERMEISTER

0884/06-BV

 

Beschlussvorlage

Amt

 

50,20

Beschlussvorschriften

Datum

§§ 22 und 52 Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern i.V.m. § 6 Abs. 3 Hauptsatzung der Hansestadt Rostock

 

09.11.2006

Gremium

Sitzungstermin

Genehmigungsvermerk

Bürgerschaft

06.12.2006 16:00

I, gez. Methling

 

Beratungsfolge

Sitzungstermin

federführend

Finanzausschuss

16.11.2006 17:00

V, gez. Dr. Nitzsche

 

Gegenstand

beteiligt

Bewilligung überplanmäßiger Ausgaben im Verwaltungshaushalt 2006 /

BR 014002 - überörtlicher Träger der Sozialhilfe

 

 

 

 

bereits gefaßte Beschlüsse

zu ändernde Beschlüsse

aufzuhebende Beschlüsse

 

 

 

 

Beschlussvorschlag

Die Zustimmung zur Leistung überplanmäßiger Ausgaben im Budget 014002 – überörtlicher Träger der Sozialhilfe in Höhe von 1.998.000,00 EUR wird erteilt.

 

Die Ausgaben werden durch Mehreinnahmen auf HHST 01.9000.0030 – Gewerbesteuer nach Ertrag gedeckt.

 

 

finanzielle Auswirkungen

Mehrausgabe : HHST 01.4125.7420 – Erstattung Pflegesätze an Werkstatt für Behinderte in

             Höhe von 1.998.000,00 EUR (BR 014002 – überörtlicher Träger)

Deckung         : HHST 01.9000.0030 – Gewerbesteuer nach Ertrag

 

Begründung

 

Berechnung der Gesamtausgaben

 

 

in EUR

Haushaltsansatz für o. a. Haushaltsjahr

 

4.801.400,00

bisherige genehmigte Ansatzüberschreitungen

+

0,00

neu beantragte Haushaltsüberschreitung insgesamt

+

1.998.000,00

Summe der voraussichtlichen Gesamtausgabe

=

6.799.400,00

 

 

Unabweisbar

 

Gem. Artikel 1 § 2 des Gesetzes zur Neuordnung der Aufgaben nach dem Bundessozialhilfegesetz und anderen Sozialvorschriften vom 17. Dezember 2001 bilden die zum Land Mecklenburg-Vorpommern gehörenden Landkreise und kreisfreien Städte den Kommunalen Sozialverband Mecklenburg-Vorpommern  (KSV). In § 7 Abs. 1 desselben Gesetzes wurden die Zuständigkeiten und Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe auf den KSV übertragen. Im Artikel 2 § 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII-AG M-V) vom 20. Dezember 2004 ist festgelegt, dass der KSV die Sozialhilfe als Selbstverwaltungsaufgabe durchführt.

§ 4 des SGB XII-AG regelt die sachliche Zuständigkeit für den Abschluss von Leistungs-, Vergütungs- und Prüfvereinbarungen und die Erarbeitung, Weiterentwicklung und den Abschluss von Landesrahmenvereinbarungen.

 

Zur Deckung der Ausgaben des überörtlichen Trägers werden durch das Land Mecklenburg-Vorpommern Mittel zur Finanzierung bereitgestellt. Der jährliche Gesamtbetrag für die Finanzzuweisungen für die Haushaltsjahre 2005 - 2007 ist im Gesetz zur Novellierung der Sozialhilfefinanzierung  (SozhifinanzG) vom 19.12.2005 festgeschrieben.

Die Verteilung der Finanzzuweisungen erfolgt gem. Artikel 1 § 2 Absatz 1 SozhifinanzG zu 80 % der Anteile der Landkreise und kreisfreien Städte an den Gesamtausgaben im vorvergangenen  und den zwei davor liegenden Jahren, zu 10 % der Anteile an der Einwohnerzahl in M-V am 31. Dezember des vorvergangenen Jahres und zu 10 % am Verhältnis der Anteile an der Zahl der Einwohner, die das 65. Lebensjahr am 31. Dezember des vorvergangenen Jahres vollendet haben.

Gem. Runderlass der Sozialabteilung Nr. 5/2006 ist die Hansestadt Rostock in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 mit 11,07 % bzw. 11,5 % an den Gesatmzuweisungen beteiligt. Die Zuweisung für 2007 ist noch nicht erfolgt.

 

 

Die Zuweisungen für die Finanzierung der überörtlichen Aufgaben werden per Gesetz zwar jedes Jahr erhöht, sind jedoch für den bestehenden Bedarf nicht ausreichend.

 

 

2003

2004

2005

V-Ist 31.12.2006

Zuweisung nach SozhfinanzG

 

  19.901.303,22 €

 

    21.611.501,73 €

 

    22.804.203,00 €

 

       24.960.279,87 €

 

Einnahmen Grupp. 16 und 25 (Erstattungen)

   3.504.088,94 €

      3.624.948,63 €

      2.274.725,35 €

        3.693.256,13 €

Einnahmen gesamt

  23.405.392,16 €

    25.236.450,36 €

    25.078.928,35 €

       28.653.536,00 €

Ausgaben

  25.424.807,88 €

    27.143.590,41 €

    27.296.466,35 €

       31.581.836,00 €

Zuschuss HRO

-  2.019.415,72 €

-     1.907.140,05 €

-     2.214.538,00 €

-       2.928.300,00 €

 

(HHJ 2003 und 2004 BR 014002 überörtlicher Träger, ab HHJ 2005 BR 014002 und 014120 Projekt kommunale Psychiatrie)

 

Die Kosten im Budget überörtlicher Träger der Sozialhilfe sind im Haushaltsjahr 2006 wie auch in den Vorjahren in fast allen Haushaltsstellen gestiegen, so dass in kaum einer Haushaltsstelle der Haushaltsansatz ausreicht. Lediglich bei der Erstattung der Pflegesätze im Unterabschnitt Leistungen zur Teilhabe in der Gemeinschaft sind Minderausgaben zu verzeichnen. Durch diese Minderausgaben und einige Mehreinnahmen kann ein Großteil der Mehrausgaben ausgeglichen werden. Die höchste Mehrausgabe weist jedoch die HHST 01.4125.7420 - Erstattung Pflegesätze an Werkstatt für Behinderte aus.

 

Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Behinderungen können schon von Geburt an vorliegen. Meist entstehen sie erst im Laufe des Lebens, etwa durch Unfall oder Krankheit.

 




§ 39 SGB IX sagt aus, dass Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen erbracht werden, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der behinderten Menschen zu erhalten, zu entwickeln, zu verbessern  oder wiederherzustellen, die Persönlichkeit dieser Menschen weiterzuentwickeln und ihre Beschäftigung zu ermöglichen oder zu sichern.

 

Somit besteht für behinderte Menschen, die auf dem 1. Arbeitsmarkt aufgrund ihrer Behinderung keine Chance haben, ein gesetzlicher Anspruch auf Beschäftigung  in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen.

 

Der Träger der Sozialhilfe muss alle werkstattnotwendigen Kosten (Personal- und Sachkosten) übernehmen, damit die Werkstatt die im Gesetz vorgesehenen fachlichen Aufgaben und Anforderungen erfüllen kann. Wenn bei Werkstattbeschäftigten Anspruch auf Arbeitsförderungsgeld besteht, ist es von dem zuständigen Rehabilitationsträger ebenfalls zu übernehmen.

 

Die Erstattung der Pflegesätze an Werkstätten für behinderte Menschen erfolgt nach § 56 SGB XII i.V.m. § 41 SGB IX.

Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen erhalten behinderte Jugendliche und Erwachsene, wenn sie wegen Art und Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen  Arbeitsmarkt beschäftigt werden können. Behinderte Menschen, die die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werkstatt nicht erfüllen, sollen in Einrichtungen oder Gruppen betreut und gefördert werden, die der Werkstatt angegliedert sind (§136 SGB IX)

 

Gem. § 42 Abs. 2 (4) SGB IX ist der Träger der Sozialhilfe für die Erbringung der Leistung im Arbeitsbereich zuständig, wenn weder der Träger der Unfallversicherung, der Kriegsopferfürsorge oder der öffentlichen Jugendhilfe zuständig ist.

Aus diesem Grunde, wurden zwischen dem KSV und dem Michaelshof, Evangelische Pflege- und Fördereinrichtung bzw. dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) Vereinbarungen nach § 75 SGB XII geschlossen. Die Vereinbarungen beziehen sich auf eine 100%ige  Auslastung und 365 Betreuungstage.

 

Die Hansestadt Rostock hat zwar ein Mitspracherecht bei allen Verhandlungen, die entstehenden Vereinbarungen sind jedoch das Verhandlungsergebnis des KSV, der an die Landesrahmenvereinbarung Mecklenburg-Vorpommern gebunden ist.

 

Die Rahmenvereinbarungen beinhalten

·       die nähere Abgrenzung der den Vergütungspauschalen und -beträgen zugrunde zu legenden Kostenarten und -bestandteile

·       die Zusammensetzung der Investitionsbeträge

·       Kriterien für die Ermittlung und Zusammensetzung der Maßnahmepauschale in Hinblick auf die Hilfebedarfsgruppe

·       die Zuordnung der Kostenarten und -bestandteile sowie

·       die Angaben der Durchführung von Qualitätsvereinbarungen.

Gem. § 18 Landesrahmenvertrag Mecklenburg-Vorpommern (LRV M-V) werden die vom Sozialhilfeträger zu zahlenden einzelfallbezogenen Leistungsentgelte zum 15. des lfd. Monats fällig.

 

Die zurzeit geltenden Vereinbarungen für die Werkstätten an Behinderte zwischen dem KSV und dem DRK bzw. dem Michaelshof  wurden im März 2006 geschlossen. Hier wurden sowohl die vorgehaltene Anzahl der Plätze sowie auch der Kostensatz erhöht.




Zeitraum

01.01.05 - 31.12.05

01.03.06 - 31.12.07

01.04.06 - 31.03.07

Differenz

 

 

 

 

 

DRK

 

 

 

 

Plätze

458

479

 

21

Kostensatz

                   23,73 €

                    25,10 €

 

               1,37 €

 

 

 

 

 

Michaelshof

 

 

 

 

Plätze

373

 

430

57

Kostensatz

                   24,29 €

 

                    28,08 €

               3,79 €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Plätze gesamt:

831

909

*

78

Æ Kostensatz

                   24,01 €

                    26,59 €

 

               2,58 €

 

 

Plan

 

 

 

 

Tagessatz

501 Plätze x 25,40 € x 365 Tage

      4.644.771,00 €

 

Arbeitsfördergeld

499 Plätze x 26,00 € x 12 Monate

         155.688,00 €

 

 

 

 

      4.800.459,00 €

 

Anmerkung

 

 

 

 

* 909 Plätze gesamt, dav. 799 im Arbeitsbereich

 

 

  Nicht alle Plätze sind durch Rostocker Bürger belegt. (zurzeit ca. 78,5% - Plan 63%)

 

 

unvorhersehbar

 

Da die Ausgaben für Leistungen an Werkstätten für behinderte Menschen in den letzten Jahren annähernd gleich bleibend waren, war mit einem derartigen Kostenanstieg im HHJ 2006 nicht zu rechnen.

 

Kostenentwicklung HHST 01.4125.7420 – Erstattung Pflegesätze an Werkstatt für Behinderte

 

 

 

 

 

 

 

2002

2003

2004

2005

2006

Plan

 4.480.000,00 €

 4.582.000,00 €

 5.004.900,00 €

 4.807.900,00 €

 4.801.400,00 €

Ergebnis

 4.587.619,24 €

 4.908.688,04 €

 4.854.316,71 €

 4.961.741,32 €

Soll bis 01.10.2006

6.121.647,87 €

 

Die Entwicklung der Zahlfälle auf HHST 01.4125.7420 stellt sich wir folgt dar:

 

August 2005

482

März 2006

604

September 2005

473

April 2006

602

Oktober 2005

516

Mai 2006

608

November 2005

567

Juni 2006

612

Dezember 2005

558

Juli 2006

613

Januar 2006

577

August 2006

620

Februar 2006

603

 

 

 

Das ist ein Anstieg  von August 2005 bis August 2006 um 138 Fälle.

 



Gem. Rundschreiben Nr. 30/2006 wurde durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfe festgestellt, dass in den letzten Jahren bundesweit ein Anstieg der Zugangszahlen zu Werkstätten für behinderte Menschen zu verzeichnen ist.

 

Rahmenbedingungen, die auf Nachfrage und Angebot der Werkstätten wirken, sind sowohl der Anteil der arbeitslosen Menschen, als auch der Anteil der behinderten Menschen an der Einwohnerzahl (18 bis unter 65 Jahre) oder auch an den im Arbeitsleben stehenden Personen.

 

Bereits im Jahr 2003 erstellte con_sens Hamburg eine Bestands- und Bedarfserhebung Werkstätten für behinderte Menschen in der Bundesrepublik.  In dieser Erhebung wird festgestellt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Arbeitslosigkeitskennziffer und dem Besatz mit Werkstätten gibt.  Die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen weisen im Gegensatz zu den anderen Bundesländern sowohl einen sehr hohen Prozentanteil an arbeitslosen Menschen an der Bevölkerung aus sowie auch einen überdurchschnittlichen Anteil an der Werkstattdichte. Weiterhin wurde in allen Werkstätten eine durchschnittliche Überbelegung von ca. 0,35 % registriert. Über 80 % der Werkstattbeschäftigten besuchen wegen einer geistigen Behinderung die Werkstatt. Es wurde ebenfalls ein Anstieg von psychischen Erkrankungen in Verbindung mit der Situation auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt.

Der Anteil der jüngeren Werkstattbeschäftigten ist in den neuen Bundesländern höher als in den Alten. Bei der bundesweiten Erhebung durch con_sens betrug das Durchschnittsalter im Jahr 2001 in den neuen Bundesländern 35,5 Jahre, in den alten Bundesländern (ohne Berlin) 37,2 Jahre. In den nächsten 5 Jahren ist zu erwarten, dass vor allem die Dichte der Werkstattbeschäftigten der Altersgruppe 50 bis unter 65 Jahre ansteigt. Im Jahr 2001 waren von 1000 Einwohnern in Mecklenburg-Vorpommern 8,5 in einer Werkstatt beschäftigt. Die Abwanderung der nicht behinderten Menschen bei gleichzeitigem Verbleib der behinderten Menschen ist ein Faktor, der zu diesem hohen Ergebnis führte und führt.

 

Die behinderten Menschen haben das Recht, bis zum Eintritt ins Rentenalter in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt zu werden. Tendenziell nimmt die Anzahl der immer älter werdenden Werkstattbeschäftigten zu. Gründe hierfür liegen in den verbesserten medizinischen und therapeutischen Möglichkeiten, welche einerseits die Lebenserwartung insbesondere der geistig behinderten Menschen erhöhen, andererseits werden die Fähigkeiten der Werkstattbeschäftigten verstärkt gefördert oder länger erhalten, so dass diese zu einem späteren Zeitpunkt aus den Werkstätten ausscheiden als noch vor einiger Zeit. Gleichzeitig erhöht sich die Anzahl der Personen, die einen Antrag auf Eintritt in eine Werkstatt stellen.

Früher wurden geistig behinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oftmals für einfache Arbeiten eingestellt. Aufgrund der hohen Anzahl von Arbeitslosen in der Hansestadt Rostock wird es für behinderte Menschen immer schwieriger eine Anstellung zu finden. Dieses wird durch die Möglichkeit, Arbeitnehmer über geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bzw. über 1-EURO-Jobs einzustellen, gefördert.

Um nicht in der Arbeitslosigkeit zu enden, beantragen daher immer mehr Menschen die körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigt sind, einen Platz in einer Werkstatt.

Diesem Anspruch muss nach § 53 SGB XII stattgegeben werden (Rechtsanspruch), wenn die Behinderung nicht nur vorübergehend wesentlich ist und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles die Ansicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.

 

Deckung aus Mehreinnahmen

Haushaltsstelle

Betrag in EUR

01.9000.0030

1.998.000,00

Bezeichnung der Haushaltsstelle

Gewerbesteuer nach Ertrag




Begründung der Mehreinnahmen

Die Vorauszahlungen für das Jahr 2006 sind überdurchschnittlich gestiegen. Weiterhin wurden die nachträglichen Vorauszahlungen für 2005 nach oben angepasst und es sind unerwartet gute Veranlagungsergebnisse für die Jahre 2003 und 2004 zu verzeichnen.

 

 

 

 

 

Roland Methling

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