Informationsvorlage - 0108/07-IV

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Beratungsfolge

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HANSESTADT ROSTOCK

Nummer

 

DER OBERBÜRGERMEISTER

0108/07-IV

 

Informationsvorlage

Amt

 

30

Gremium

Sitzungstermin

Datum

Bürgerschaft

05.12.2007 16:00

21.11.2007

Beratungsfolge

Sitzungstermin

Genehmigungsvermerk

 

 

I, gez. Methling

 

Gegenstand

federführend

 

 

 

 

beteiligt

Voraussetzungen für die Erstattung von Verfahrenskosten im Rahmen eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens

 

 

 

 

 

 

 

Die in diesem Jahr zwischen Mitgliedern der Bürgerschaft, Fraktionen, Oberbürgermeister und Bürgerschaft der Hansestadt Rostock geführten Rechtsstreite veranlassen mich, Sie über die Voraussetzungen der Kostentragung in einem Kommunalverfassungsstreitverfahren zu informieren.

 

Mit der Frage der Kostentragung haben sich mittlerweile mehrere Obergerichte befasst.

Das OVG Saarland (Urteil vom 05.10.1981, Az. 3 R 87/80) hat den Grundsatz aufgestellt, dass die durch eine Organstreitigkeit entstandenen Aufwendungen eines kommunalen Funktionsträgers einschließlich der notwendigen Kosten für eine anwaltliche Vertretung im Ergebnis von der Gemeinde zu tragen seien. Es hat dies hergeleitet aus der Überlegung, dass der kommunale Funktionsträger auch mit der Prozessführung eine Aufgabe der Gemeinde wahrnehme, die deshalb die Kosten tragen müsse. Eine Kostenerstattungspflicht der Gemeinde sei nur dann nicht gegeben, wenn das Verfahren mutwillig aus sachfremden Gründen in Gang gesetzt worden sei. Insbesondere dürfe auf eine Vorklärung der Streitfrage im Kommunalbereich durch Einschaltung der Rechtsaufsicht nicht grundlos verzichtet werden.

 

Eine Organstreitigkeit ist allerdings immer nur dann gegeben, wenn innerorganschaftliche Befugnisse in Streit stehen. Die körperschaftsinterne Rechtsposition muss dem jeweiligen Antragsteller zur eigenständigen Wahrnehmung zugewiesen sein. Entscheidend ist dabei, dass die geltend gemachte Rechtsposition gerade dem Antragsteller zusteht, sie darf organisationsrechtlich nicht in die Zuständigkeit eines anderen Funktionsträgers (z. B. Oberbürgermeister) fallen.

 

 

 

 

 

Die Kommunalverfassung M-V räumt nach aktueller Auffassung des VG Schwerin (Beschluss vom 31.05.2007, Az. 1 B 232/07 ) z.B. der Fraktion keine subjektiven Rechte ein, Rechtsverstöße der Bürgerschaft, die zu einer Verletzung organschaftlicher Mitwirkungsrechte einzelner Bürgerschaftsmitglieder führen, vor Gericht geltend zu machen. Dieses Recht bleibe den Aufsichtspersonen (Oberbürgermeister und Rechtsaufsicht) sowie den von der fehlerhaften Entscheidung in eigenen Rechten betroffenen einzelnen Gemeindevertretern vorbehalten.

 

Auch die Rechtswidrigkeit eines Beschlusses kann nicht Gegenstand eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens sein, denn einem Gemeindevertreter erwächst aus seiner kommunalverfassungsrechtlichen Stellung kein im Rechtsweg verfolgbarer Anspruch darauf, dass die Gemeindevertretung nur gesetzesmäßige Beschlüsse fasst. Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht aus höherrangigem Recht wie etwa aus Art. 20 Abs. 3 GG herleiten (vgl. BVerwG, Beschluss v. 3.2.1994 – 7 B 11/94). Ist ein Bürgerschaftsmitglied der Auffassung, dass ein Beschluss der Bürgerschaft rechtswidrig ist, kann es sich, um den Vollzug zu verhindern, nur an die Rechtsaufsicht wenden.

 

Dagegen kann regelmäßig die Verletzung von Mitwirkungsrechten Gegenstand eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens sein. Zu den wesentlichen Rechten von Bürgerschaftsmitgliedern gehört die Teilnahme an Sitzungen der jeweiligen Gremien, in deren Rahmen sie einen Anspruch auf Einhaltung der Verfahrensgrundsätze einschließlich des Rechts auf rechtzeitige und umfassende Information zum Beschlussgegenstand sowie über Abstimmung und Abstimmungsverfahren haben.

 

Aber auch bei Vorliegen einer Organstreitigkeit kann eine Kostenerstattung ausgeschlossen sein. Die Bestreitung des Rechtsweges darf nicht mutwillig, d. h., aus sachfremden Erwägungen heraus erfolgen.

Mutwillig ist nach der bereits zitierten Entscheidung des OVG Saarland die Klage dann, wenn eine verständige Partei, die die Kosten selbst tragen müsste, von einem Prozess absehen würde oder wenn auf eine Vorklärung der Streitfrage im Kommunalbereich grundlos verzichtet worden sei oder wenn eine Klärung im allgemeinen Interesse besteht, die Frage im konkreten Sachzusammenhang aber ohne Bedeutung ist.

 

Auch das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12.11.1991, Az. 15 A 1046/90) sieht einen Erstattungsanspruch dann als ausgeschlossen oder dem Umfang nach eingeschränkt an,

 

 

 

 

„wenn der Kläger sogleich den aufwendigeren und kostenintensiveren Weg einer gerichtlichen Auseinandersetzung bestritten und es unterlassen hat, außergerichtliche Schlichtungsmöglichkeiten zu nutzen, wie sie das Satzungsrecht der Gemeinden vielfach in institutionalisierter Form vorsieht. Schließlich kann die Treuepflicht den Erstattungsanspruch auch der Höhe nach begrenzen. Das gilt insbesondere für die durch die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes verursachten Kosten aus einer Honorarvereinbarung, die in aller Regel nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig sind.“

 

Die hiesigen Gerichte haben in den aktuell von Mitgliedern ihres Gremiums geführten Rechtsstreitigkeiten diese Auffassung bestätigt und insbesondere gefordert, dass ein etwaiger Antragsteller vor Bestreitung des Rechtsweges einen etwaigen Verstoß gerügt und erfolglos die Vertagung der Angelegenheit beantragt hat.

 

Infolgedessen sehe ich Sie in der Verpflichtung, vor der Inanspruchnahme der Rechtsweges bei aus Ihrer Sicht möglicherweise berechtigter Geltendmachung der Verletzung Ihrer Mitwirkungsrechte Anträge zur Geschäftsordnung zu stellen oder die Rechtsaufsicht einzuschalten. Vermag ich selbst die aktuelle Rechtsprechung des VG Schwerin nicht in Gänze teilen, bin ich gleichwohl verpflichtet, Sie auf diesem Umstand aufmerksam zu machen, da Sie ansonsten Gefahr laufen, die durch die Bestreitung des Rechtsweges entstandenen Kosten zukünftig selbst zu tragen.

 

 

 

 

Roland Methling

 

 

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