Informationsvorlage - 0108/07-IV
Grunddaten
- Betreff:
-
Voraussetzungen für die Erstattung von Verfahrenskosten im Rahmen eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlage freigegeben:
- 05.12.2007
- Vorlageart:
- Informationsvorlage
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Bürgerschaft
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05.12.2007
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Die in diesem Jahr zwischen Mitgliedern der Bürgerschaft,
Fraktionen, Oberbürgermeister und Bürgerschaft der Hansestadt Rostock geführten
Rechtsstreite veranlassen mich, Sie über die Voraussetzungen der Kostentragung
in einem Kommunalverfassungsstreitverfahren zu informieren.
Mit der Frage der Kostentragung haben sich mittlerweile
mehrere Obergerichte befasst.
Das OVG Saarland (Urteil vom 05.10.1981, Az. 3 R 87/80) hat
den Grundsatz aufgestellt, dass die durch eine Organstreitigkeit entstandenen
Aufwendungen eines kommunalen Funktionsträgers einschließlich der notwendigen
Kosten für eine anwaltliche Vertretung im Ergebnis von der Gemeinde zu tragen
seien. Es hat dies hergeleitet aus der Überlegung, dass der kommunale Funktionsträger
auch mit der Prozessführung eine Aufgabe der Gemeinde wahrnehme, die deshalb
die Kosten tragen müsse. Eine Kostenerstattungspflicht der Gemeinde sei nur
dann nicht gegeben, wenn das Verfahren mutwillig aus sachfremden Gründen in
Gang gesetzt worden sei. Insbesondere dürfe auf eine Vorklärung der Streitfrage
im Kommunalbereich durch Einschaltung der Rechtsaufsicht nicht grundlos
verzichtet werden.
Eine Organstreitigkeit ist allerdings immer nur dann gegeben,
wenn innerorganschaftliche Befugnisse in Streit stehen. Die
körperschaftsinterne Rechtsposition muss dem jeweiligen Antragsteller zur
eigenständigen Wahrnehmung zugewiesen sein. Entscheidend ist dabei, dass die
geltend gemachte Rechtsposition gerade dem Antragsteller zusteht, sie darf
organisationsrechtlich nicht in die Zuständigkeit eines anderen
Funktionsträgers (z. B. Oberbürgermeister) fallen.
Die Kommunalverfassung M-V räumt nach aktueller Auffassung
des VG Schwerin (Beschluss vom 31.05.2007, Az. 1 B 232/07 ) z.B. der Fraktion
keine subjektiven Rechte ein, Rechtsverstöße der Bürgerschaft, die zu einer
Verletzung organschaftlicher Mitwirkungsrechte einzelner Bürgerschaftsmitglieder
führen, vor Gericht geltend zu machen. Dieses Recht bleibe den Aufsichtspersonen
(Oberbürgermeister und Rechtsaufsicht) sowie den von der fehlerhaften
Entscheidung in eigenen Rechten betroffenen einzelnen Gemeindevertretern
vorbehalten.
Auch die Rechtswidrigkeit eines Beschlusses kann nicht
Gegenstand eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens sein, denn einem
Gemeindevertreter erwächst aus seiner kommunalverfassungsrechtlichen Stellung
kein im Rechtsweg verfolgbarer Anspruch darauf, dass die Gemeindevertretung nur
gesetzesmäßige Beschlüsse fasst. Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht aus
höherrangigem Recht wie etwa aus Art. 20 Abs. 3 GG herleiten (vgl. BVerwG,
Beschluss v. 3.2.1994 – 7 B 11/94). Ist ein Bürgerschaftsmitglied der
Auffassung, dass ein Beschluss der Bürgerschaft rechtswidrig ist, kann es sich,
um den Vollzug zu verhindern, nur an die Rechtsaufsicht wenden.
Dagegen kann regelmäßig die Verletzung von Mitwirkungsrechten
Gegenstand eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens sein. Zu den wesentlichen
Rechten von Bürgerschaftsmitgliedern gehört die Teilnahme an Sitzungen der
jeweiligen Gremien, in deren Rahmen sie einen Anspruch auf Einhaltung der
Verfahrensgrundsätze einschließlich des Rechts auf rechtzeitige und umfassende
Information zum Beschlussgegenstand sowie über Abstimmung und
Abstimmungsverfahren haben.
Aber auch bei Vorliegen einer Organstreitigkeit kann eine
Kostenerstattung ausgeschlossen sein. Die Bestreitung des Rechtsweges darf
nicht mutwillig, d. h., aus sachfremden Erwägungen heraus erfolgen.
Mutwillig ist nach der bereits zitierten Entscheidung des OVG
Saarland die Klage dann, wenn eine verständige Partei, die die Kosten selbst
tragen müsste, von einem Prozess absehen würde oder wenn auf eine Vorklärung
der Streitfrage im Kommunalbereich grundlos verzichtet worden sei oder wenn
eine Klärung im allgemeinen Interesse besteht, die Frage im konkreten
Sachzusammenhang aber ohne Bedeutung ist.
Auch das OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12.11.1991, Az.
15 A 1046/90) sieht einen Erstattungsanspruch dann als ausgeschlossen oder dem
Umfang nach eingeschränkt an,
„wenn der Kläger sogleich den aufwendigeren und
kostenintensiveren Weg einer gerichtlichen Auseinandersetzung bestritten und es
unterlassen hat, außergerichtliche Schlichtungsmöglichkeiten zu nutzen, wie sie
das Satzungsrecht der Gemeinden vielfach in institutionalisierter Form vorsieht.
Schließlich kann die Treuepflicht den Erstattungsanspruch auch der Höhe nach
begrenzen. Das gilt insbesondere für die durch die Inanspruchnahme eines
Rechtsanwaltes verursachten Kosten aus einer Honorarvereinbarung, die in aller
Regel nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig sind.“
Die hiesigen Gerichte haben in den aktuell von Mitgliedern
ihres Gremiums geführten Rechtsstreitigkeiten diese Auffassung bestätigt und
insbesondere gefordert, dass ein etwaiger Antragsteller vor Bestreitung des
Rechtsweges einen etwaigen Verstoß gerügt und erfolglos die Vertagung der
Angelegenheit beantragt hat.
Infolgedessen sehe ich Sie in der Verpflichtung, vor der
Inanspruchnahme der Rechtsweges bei aus Ihrer Sicht möglicherweise berechtigter
Geltendmachung der Verletzung Ihrer Mitwirkungsrechte Anträge zur
Geschäftsordnung zu stellen oder die Rechtsaufsicht einzuschalten. Vermag ich
selbst die aktuelle Rechtsprechung des VG Schwerin nicht in Gänze teilen, bin
ich gleichwohl verpflichtet, Sie auf diesem Umstand aufmerksam zu machen, da
Sie ansonsten Gefahr laufen, die durch die Bestreitung des Rechtsweges entstandenen
Kosten zukünftig selbst zu tragen.
Roland Methling