Informationsvorlage - 0040/07-IV

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

HANSESTADT ROSTOCK

Nummer

 

DER OBERBÜRGERMEISTER

0040/07-IV

 

Informationsvorlage

Amt

 

50

Gremium

Sitzungstermin

Datum

Bürgerschaft

09.05.2007 16:00

25.04.2007

Beratungsfolge

Sitzungstermin

Genehmigungsvermerk

Jugendhilfeausschuss

08.05.2007 16:00

I, gez. Methling

 

Gegenstand

federführend

 

V, gez. Dr. Nitzsche

 

 

beteiligt

Bericht zur Lage von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

 

 

 

 

 

 

 

In Ergänzung zum Kinder- und Jugendbericht 2005 wurde im Auftrag der Hansestadt Rostock durch die Universität Rostock ein Bericht zur Lage von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund erarbeitet. Die Bürgerschaft hatte eine Fortschreibung des Kinder- und Jugendberichtes zu dieser Thematik in ihrer Sitzung am 1./2. Februar 2006  beschlossen.

 

Nachfolgend wird der Bürgerschaft eine Kurzfassung des Berichtes zur Lage von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund übergeben. Alle Fraktionen erhalten darüber hinaus jeweils ein Exemplar der ausführlichen Fassung. Eine Veröffentlichung ist auf der Internetseite der Hansestadt Rostock vorgesehen.

 

Der vorliegende Bericht wurde im Rahmen einer studentischen Arbeit des Fachbereiches Erziehungswissenschaften der Universität Rostock unter Leitung von Herrn Prof. von Wensierski erstellt. Er gibt einen Überblick über die Situation der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund  in unserer Stadt sowie über das Netz der vorhandenen sozialen Dienste und Einrichtungen, die Angebote für diese Personengruppe vorhalten.

 

Eine der Grundlagen der Untersuchung bestand in der Sekundäranalyse aller vorliegenden Informationen und Daten zur genannten Thematik. Weiterhin fußt der Bericht auf Einschätzungen und Informationen aus Interviews mit Fachleuten aus den Bereichen Integrationsarbeit und Migrationshilfen. Um die Perspektive der Betroffenen einzubeziehen, wurden im Rahmen der Studie  mehrere Gruppendiskussionen mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt und  ausgewertet.

 

Mit dem Bericht zur Lage von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt der Hansestadt Rostock eine fundierte und umfangreiche Studie vor, die zur Unterstützung künftiger politischer Entscheidungen sowie zur Ableitung konkreter Maßnahmen beitragen soll. 

 

 

Roland Methling

 

Anlage

 

Lea Puchert, Evelyn Tippner, Hans-Jürgen von Wensierski (Projektleiter)

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund
in der Hansestadt Rostock
 
Kurzfassung des Kinder- und Jugendmigrationsberichts 2007

 

Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die Situation der ausländischen Kinder und Jugendlichen in Rostock sowie über das Netz der sozialen Dienste und Fördereinrichtungen, die sich um die Erziehung, Bildung und Betreuung dieser jungen Migranten in der Hansestadt bemühen. Die Analyse basiert nicht auf einer eigenen quantitativen Erhebung, sondern wertet auf der Basis einer Sekundäranalyse überwiegend vorhandene Befunde, Statistiken und Untersuchungen zum Thema aus. Darüber hinaus wurden rund 20 Experteninterviews mit einschlägigen Fachleuten aus dem Bereich der Ausländerpolitik, der Integrationsarbeit und der Migrationshilfen durchgeführt und im Rahmen einer thematischen Querschnittanalyse ausgewertet. Ergänzt wurde diese Erhebung durch drei Gruppendiskussionen mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund.

Der Bericht belegt, dass die Hansestadt Rostock im Bereich der Integrations- und Migrationshilfen insgesamt über ein sehr gut ausgebautes Netzwerk hochqualifizierter Einrichtungen und Fachleute verfügt. Das zentrale Ergebnis der Studie ist denn auch insgesamt zwiespältig. Einem dichten Netz von spezialisierten und professionellen sozialen Diensten, die sich engagiert und offenbar auch erfolgreich um die Integration der ausländischen Zuwanderer in Rostock bemühen, stehen auf der anderen Seite aber vielfach hartnäckige Vorurteile, Klischees und bisweilen auch ausländerfeindliche Haltungen innerhalb der Bevölkerung gegenüber. Auch jenseits des gut funktionierenden, eingespielten und kooperativen Netzwerks der Integrations- und Migrationshilfen – so beklagen manche Experten – fehlt es in Ämtern, Behörden und Institutionen bisweilen an interkultureller Kompetenz. Das erschwert oft die Arbeit, begünstigt Fehlentscheidungen und reproduziert hartnäckige Stereotype zum Thema Migration und Zuwanderung.

So gehöre zwar das Rostocker Hilfenetz, nach Ansicht der Experten, zu den besten des Landes. Einen Nachholbedarf sehen sie vor diesem Hintergrund aber in der öffentlichen Darstellung dieser kommunal- und integrationspolitischen Leistung. Hier gilt es entsprechend, die integrationspolitische Leistungsfähigkeit einer modernen, liberalen und weltoffenen Kommune entsprechend öffentlichkeitswirksam zu transportieren.

Die Mehrheit der Experten bewertet die Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Hansestadt Rostock im Großen und Ganzen als gut. Besonders hervorgehoben wurde hierbei die Integrationsförderung in Kindertagesstätten und Schulen. Kritisch hingegen wird die Übergangsphase von Schule zum Beruf betrachtet. Es gibt jedoch große Unterschiede und soziale Ungleichheiten zwischen den einzelnen sozialen Gruppen und spezifischen Lebensbereichen der Migranten. Insbesondere die Gruppe der Asylbewerber ist aufgrund des hoch problematischen rechtlichen Status in vielfacher Hinsicht durch eine extrem schwierige Situation gekennzeichnet – hier wäre dringend eine grundlegende Verbesserung der sozialen Situation notwendig.

Als problematisch erachten die ExpertInnen den behördlichen Umgang mit SpätaussiedlerInnen und MigrantInnen, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Auch wenn diese Gruppen in der Ausländerstatistik nicht berücksichtigt werden, weisen sie dennoch einen Migrationshintergrund auf. Behörden und Ämter sind nach Ansicht der ExpertInnen für einen kompetenten Umgang mit Angehörigen dieser Gruppen nicht ausreichend sensibilisiert. Hier sei die Unterstützung und Vermittlung durch MitarbeiterInnen der Migrationsarbeit notwendig.

Mehrheitlich äußern die ExpertInnen den Wunsch nach größerer Sensibilität für die Bedürfnisse von MigrantInnen. Hierzu sei bei den MitarbeiterInnen von Ämtern und Behörden ein umfangreicheres Wissen über die Migrationsproblematik unabdingbar. Die von den ExpertInnen als unzureichend bewertete interkulturelle Kompetenz der MitarbeiterInnen von Ämtern und Behörden könne nur durch gezielte Schulungen und Weiterbildung verbessert werden. Einige ExpertInnen wünschen sich in Ämtern und Behörden kompetente AnsprechpartnerInnen, die MigrantInnen mit ihren spezifischen Bedürfnissen zur Verfügung stehen. Die Zusammenarbeit mit behördlichen Einrichtungen könnte durch verbesserte telefonische Kommunikation effektiver gestaltet werden.

Das hervorragende Netzwerk an Integrationshilfen in Rostock vermag es insbesondere, die psychosozialen Folgen eines Migrationsprozesses, der immer auch ein kritisches Lebensereignis ist, abzufedern und systematische Hilfestellungen für die erste Phase der Integration zu vermitteln. Das schließt sowohl die Vermittlung der Sprache wie auch die Integration von Familien und Kindern in das institutionelle und bürokratische System der Bundesrepublik, seines Bildungssystems und seiner sozialen Sicherungssysteme ein.

Grenzen hat dieses Netzwerk der sozialen Dienste aber angesichts der strukturellen Probleme, vor denen ausländische Bürger – je nach sozialer Gruppe – in der Bundesrepublik stehen. Das reicht von den Fallstricken, die das Ausländer- und Aufenthaltsrecht nach wie vor bereithält, bis zu den strukturellen Problemen des Arbeitsmarktes. Insbesondere die Frage einer beruflichen Eingliederung vermögen die sozialen Dienste – einschließlich der Bundesagentur und der Jobcenter – bisher nicht befriedigend zu lösen. Angesichts der ohnehin hohen Arbeitslosigkeit auf dem hiesigen Arbeitsmarkt, der oft unklaren oder fehlenden einschlägigen Qualifikationen, der bisweilen unzureichenden Bildungsabschlüsse sowie der häufigen sprachlichen Probleme, bilden ausländische Arbeitskräfte eine nach wie vor stark benachteiligte Gruppe auf dem Arbeitsmarkt. Auch hier gilt wieder, dass Asylbewerber die letzte Sprosse der absteigenden Leiter sozialer Chancen besetzen. Das Fazit: Auch in Rostock ist letztlich die Arbeitslosenquote der ausländischen Bevölkerung deutlich höher als die der einheimischen Bevölkerung – ungeachtet des ansonsten dichten Netzes sozialer Integrationshilfen.

Insbesondere das sog. Vorrangprinzip im Aufenthaltsgesetz, das staatlichen Stellen die Vergabe von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen an ausländische Jugendliche versagt, solange deutsche Jugendliche ohne Ausbildungsplatz sind, wird als strukturelles Problem genannt. Die ExpertInnen sprechen sich deshalb für die Förderung durch berufsvorbereitende Maßnahmen, Praktika in Werkstätten oder  Unternehmen aus, um  jungen MigrantInnen den Kontakt mit der Arbeitswelt zu ermöglichen. Nach Aussagen der MitarbeiterInnen des Jugendmigrationsdienst (JMD) wünschen sich junge MigrantInnen mehr niederschwellige berufsbildende Angebote, die weniger auf eine pädagogische Betreuung zielen als explizit auf eine Berufsausbildung bzw. Arbeitsaufnahme vorbereiten. Berufsorientierungstage sollten öfter angeboten werden, speziell für junge MigrantInnen und deren Eltern. Dort sollten Dolmetscher anwesend sein und Betriebe bzw. Projekte sollten sich den MigrantInnen vorstellen können.

Die wichtigsten strukturellen Voraussetzungen für eine schnelle und erfolgreiche Integration sind demnach: erstens, ein klarer rechtlich abgesicherter Aufenthaltsstatus, gute deutsche Sprachkenntnisse, ein Arbeits- oder Ausbildungsplatz, intensive Sozialkontakte zur einheimischen Bevölkerung sowie gute bis sehr gute Bildungsabschlüsse bzw. eine hohe Bildungsaspiration für die Kinder. Umso wichtiger ist es, mit Blick auf die Kinder und Jugendlichen ausländischer Familien, deren Chancen innerhalb des Bildungssystems zu stärken und ihnen eine möglichst schnelle und weitreichende Integration innerhalb des regulären Schulsystems zu ermöglichen. Die Förderklassen, die sich um eine  verstärkte Sprachförderung der Migrantenkinder bemühen und gleichzeitig eine schnelle Re-Integration in die Regelklassen anstreben, sind hier ein sinnvoller und Erfolg versprechender Weg in Rostock. Außerdem besuchen 30% der ausländischen Schülerinnen und Schüler in Rostock ein Gymnasium – eine landesweit überaus hohe Quote für Zuwanderer. Die Experten führen dies auf einzelne, besonders bildungsorientierte Gruppierungen unter den Zugewanderten in Rostock zurück.

Probleme machen denn auch weniger jüngere ausländische Schüler, die bereits frühzeitig in das System der deutschen Kindertagesbetreuung bzw. das deutsche Schulsystem integriert und dort gefördert werden können, als die Gruppe der Jugendlichen, die in vergleichsweise höherem Alter, oftmals schon mit abgeschlossenen Bildungswegen nach Deutschland kommen. Bei dieser Gruppe ist nicht nur die Sprachförderung deutlich schwieriger, so dass sich die 600 Stunden Deutschkurse nach dem  neuen Zuwanderungsgesetz als oftmals unzureichend erweisen; hier ist es auch schwieriger, die Jugendlichen sinnvoll für weiterführende Bildungswege zu gewinnen. Andererseits stellt diese Gruppe mit oftmals nicht adäquaten Bildungsvoraussetzungen ein Problem für eine erfolgreiche Integration in den beruflichen Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt dar.

Die SchülerInnen mit Migrationshintergrund  benötigen nach Aussagen der Befragten noch mehr Förderstunden. Trotz des Förderunterrichts gelingt es ihnen nicht immer, mit ihren einheimischen Altersgenossen mitzuhalten. Die Folge ist, dass diese Kinder und Jugendlichen häufiger unter sich bleiben. Der Einstieg in das Bildungssystem  kann ihnen durch verstärkte individuelle Förderung erleichtert werden. Insbesondere auch im außerschulischen Bereich müssen ausreichende Möglichkeiten für die sprachliche Entwicklung von   Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergund geschaffen werden. Junge MigrantInnen aus bildungsfernen Familien, die im Heimatland keine Schule besucht haben und bei denen zu Hause nur in der Heimatsprache gesprochen wird, sind oft isoliert. Deshalb sollten die Kontakte zwischen  Heranwachsenden mit und ohne Migrationshintergrund  stärker gefördert werden,  um die interkulturellen Kompetenzen der SchülerInnen zu fördern. Die ExpertInnen sprechen sich für die gezielte und verstärkte Förderung von interkulturellen Angeboten für Heranwachsende mit und ohne Migrationshintergrund aus. Gerade junge MigrantInnen wünschen sich mehr Kontakt zu einheimischen Kindern und Jugendlichen. Die pädagogischen Integrationskonzepte sollten sich nach Ansicht der Befragten  deshalb auf „gemischte Gruppen“ konzentrieren.

Weitergehenden Bedarf sehen die Befragten in der Kooperation mit Einrichtungen der freizeitbezogenen, kulturellen und sportlichen Jugendarbeit. Freizeitangebote sollten sich nach Meinung der ExpertInnen sowohl an Heranwachsende mit und ohne Migrationshintergrund richten. Insbesondere in der sportbezogenen Jugendarbeit werden große Potentiale hinsichtlich der Integration von jungen Migrantinnen und Migranten gesehen. 

Auch die Eltern stellen bisweilen eine Barriere dar, etwa wenn sie aus religiösen, kulturellen und traditionellen Gründen nicht wollen, dass ihre Kinder an den Angeboten teilnehmen. Dennoch sind Eltern in der Regel um die eigene soziale Integration und die ihrer Kinder bemüht. Jungen MigrantInnen fällt die Integration leichter, da sie aufgrund von Schulpflicht und öffentlichen Betreuungsangeboten selbstverständlicher an der Kultur und Lebenswelt der neuen Gesellschaft teilnehmen und in sie eingebunden sind. Der Integrationsprozess der Eltern gestaltet sich aufgrund mangelnder Kontakte zu deutschsprachigen Mitbürgern und fehlender Arbeitverhältnisse häufig schwieriger. Die ExpertInnen fordern hier einen Ausbau der Bildungsarbeit mit Eltern, eine stärkere Integrationsbereitschaft seitens der Eltern sowie intensive Sprachkurse.

Als problematisch beurteilen die ExpertInnen den Umfang der Integrationskurse für MigrantInnen. Mit dem Zuwanderungsgesetz von 2005 wurden die Anzahl der Stunden von 800 auf 600 Stunden reduziert. Gerade bei MigrantInnen mit fehlenden Sprachkenntnissen, sei dieses Stundenvolumen nicht ausreichend. Weiterhin beurteilen die ExpertInnen die Rahmenbedingungen für Angebote als nicht zufriedenstellend. Die Befragten kritisieren, dass die Angebote der verschiedenen Einrichtungen aufgrund der sozialräumlichen Bindung der MigrantInnen, von den AdressatInnen oftmals nicht ausreichend genutzt werden können. Dies führt u.a. dazu, dass Angebote aufgrund geringer Teilnehmerzahl nicht stattfinden können. Auch sei die Schwellenangst für viele MigrantInnen offenbar zu hoch, was dazu führt, dass bestimmte Angebote nicht wahrgenommen werden. Außerdem kritisiert die Mehrheit der ExpertInnen die  rigide zeitliche Begrenzung von Maßnahmen für  Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.  Dies erschwere eine notwendige individuelle Förderung.

Der Dreh- und Angelpunkt aller erfolgreichen Integrationsbemühungen, darauf weisen die Experten immer wieder hin, sind denn auch die Sprachförderung und die Sprachkompetenzen der Migranten in der deutschen Sprache. Deutsch ist die Grundlage für den schulischen Werdegang, den Bildungserfolg und damit für die biographischen Zukunftsperspektiven der Migranten; deutsche Sprachkenntnisse sind aber auch ein zentraler Indikator für einen Zugang und soziale Beziehungen zur einheimischen Bevölkerung, zur Nachbarschaft, zu sozialen Gemeinschaftsformen, Vereinen usw. und damit auch ein wesentlicher Indikator für die persönliche und kulturelle Identitätsbildung der jungen Migranten. Die Sprachförderung der Kinder und Jugendlichen im Kontext der Kindertagesbetreuung und der Schulen wird als durchaus gut angesehen, auch wenn die Träger bisweilen über die Begrenzung der Sprachkurse auf 600 Stunden nach dem neuen Zuwanderungsgesetz klagen. Als ausbaufähig erweist sich aber nach wie vor, darauf hatte schon die Studie von Heinrich (2006) hingewiesen, eine gleichermaßen alltagsorientierte und beruflich-fachspezifische deutsche Sprachförderung in den beruflichen Schulen – zumal hier insbesondere oft jugendliche Migranten mit noch unzureichenden Deutschkenntnissen teilnehmen.

Einig sind sich die Experten, dass es insgesamt im Sozial-, Erziehungs- und Bildungsbereich – in den Kitas, in den Schulen sowie in den Ämtern und Fachdiensten – zu wenig Fachpersonal mit zweisprachigen, aber auch mit fundierten interkulturellen Kompetenzen gibt. Die Experten wünschen sich deshalb im Kontext der Integrationshilfen deutlich mehr professionelle Mitarbeiter in den Einrichtungen, in Schulen sowie in Ämtern und Behörden mit expliziten interkulturellen Kompetenzen und eine verstärkte Förderung der Muttersprache der Migranten. Notwendig scheint deshalb ein deutlicher Ausbau interkultureller Arbeit und interkultureller Bildung als selbstverständlicher Bestandteil des Curriculums in Kita, Schule und Jugendbildung (z.B. antirassistische und interkulturelle Projekte, Themenwochen mit Eltern und Kindern über jeweilige Herkunftsländer oder Religionen, Einbeziehung der Eltern in pädagogische Arbeit).

Die Frage interkultureller Kompetenzen lenkt den Blick auf das gesellschaftliche Miteinander von Einheimischen und Zugewanderten in Rostock. Der Befund fällt hier ambivalent aus. Die Experten weisen insbesondere auf die Notwendigkeit eines wechselseitigen Interesses und Engagements von Einheimischen und Migranten hin. Hier gibt es offenbar durchaus Nachholbedarf auf Seiten mancher Zuwanderer: Diese wissen oft zu wenig über die Geschichte, Kultur und die Strukturen der Aufnahmegesellschaft. Auch die Chancen, aber auch Anforderungen, die sich mit Blick auf die gewünschten erfolgreichen Bildungsprozesse der Kinder ergeben, sind oft unbekannt. Noch zu selten engagieren sich viele ausländische Eltern bei den Angeboten der Träger oder nehmen aktiv an Elternabenden und Elternsprechtagen der Erziehungs- und Bildungseinrichtungen teil.  Aber auch auf Seiten der Rostocker Bevölkerung gibt es nach Ansicht der Experten im Umkehrschluss zu geringe interkulturelle Kompetenzen, die nicht zuletzt die Entstehung von Vorurteilen und Klischees bedienen.

Einem im Großen und Ganzen friedlichen Zusammenleben zwischen Migranten und einheimischer Bevölkerung in Rostock stehen denn auch alltägliche Diskriminierungserfahrungen der jungen Ausländer in Rostock gegenüber. In den Gruppendiskussionen bekennen viele der Jugendlichen schon mal Zielscheibe für Herabsetzung und Stigmatisierung gewesen zu sein. Dem entsprechen auch die Befunde repräsentativer Einstellungsbefragungen, die nach wie vor starke Vorbehalte gegenüber Ausländer konstatieren – insbesondere auch in Mecklenburg-Vorpommern. Anlass für eine Dramatisierung scheint es gegenwärtig nicht zu geben – trotz der hohen Zustimmung zu rechtsextremen Parteien in M-V und auch in Rostock. Dennoch beklagen die Fachleute ein hohes Maß an Vorurteilen, Stereotypen und Klischees innerhalb der deutschen Bevölkerung gegenüber der sozialen Wirklichkeit von Ausländern in Stadt und Gesellschaft. Positiv lässt sich demgegenüber konstatieren, dass es bisher in Rostock gelungen ist, die Entstehung einer hohen Konzentration ausländischer Bevölkerung in einzelnen Stadtteilen oder Wohnbereichen zu vermeiden. Ansatzpunkte für die Entstehung ethnisch dominierter Viertel gibt es nicht.

 Insofern bleiben Aufklärung, Prävention, die weitere Förderung interkultureller Toleranz und zivilgesellschaftlicher Courage gegenüber allen Formen von Ethnozentrismus und Ausländerfeindlichkeit nach wie vor zentrale pädagogische und kommunalpolitische Aufgaben für die Hansestadt Rostock. Das gilt auch ungeachtet des in den letzten zwei Jahren eher gebremsten Zuzugs von Ausländern nach Rostock.

 

Loading...

Beschlüsse

Erweitern

08.05.2007 - Jugendhilfeausschuss

Erweitern

09.05.2007 - Bürgerschaft