Stellungnahme - 2022/AN/2950-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

 

Die vom Ortsbeirat erbetene Erfassung des Gesamtbestandes vorhandener Ferien­wohnnutzungen wird nicht empfohlen.

 

Seit Herbst 2020 weist der betroffene Ortsbeirat in seinen Beschlüssen u. a. darauf hin, die ungebremste Zunahme von Ferienwohnungen und ggf. des Beherbergungsgewerbes in Diedrichshagen zu steuern; vorzugsweise über entsprechende Satzungen (Bebauungs­plan, Erhaltungssatzung). Auslöser ist ein empfundenes Überhandnehmen von Ferien­wohnnutzungen zu Lasten von Wohnfunktionen.

 

In zwei ausführlichen Stellungnahmen von Februar und November 2021 sowie einem erläuternden Gespräch im März 2021 wurden dem Ortsbeirat die vorhandenen planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für Ferienwohnnutzungen im Ortsteil Diedrichshagen erläutert.

 

Im Fazit ist klargestellt worden, dass die vorhandenen Rechtsinstrumente im Bereich der Stadtplanung für die eingeforderte Steuerung bereits im angemessenen, d.h., im ausreichenden Umfang vorhanden sind.

 

Kurzdarstellung der planungsrechtlichen Situation:

 

Ortsteil Diedrichshagen

BauGB

444,00 ha

%

Ferienwohnungen*

davon

mit 6 B-Plänen überplant

§ 30

86,38 ha

19,5

in den 4 Wohngebieten unzulässig**,

auf Golfplatz nur an einer Stelle zulässig,

im Ortsteilzentrum Hotelbestandteil

nicht überplanter Innenbereich

§ 34

29,19 ha

6,5

nur ausnahmsweise zulassungsfähig

Außenbereich

§ 35

328,43 ha

74,0

keine privilegiert zulässige Nutzung

(Ausnahme wg. Flächennutzungsplan: Sondergebiet Ostseeland)

 

* Wohnnutzung ist bauplanungsrechtlich nicht identisch mit Ferienwohnnutzung. Die Nutzung von Wohnungen/Wohnhäusern als Ferienwohnungen/Ferienhäuser stellt daher eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar. Ferienwohnnutzungen wurden bisher nur im überschaubaren Umfang genehmigt.

 

**Da alle Diedrichshäger Bebauungspläne vor 2017 Rechtskraft erlangten, sind Ferienwohnungen gemäß Rechtsprechung OVG M-V in den darin festgesetzten reinen und allgemeinen Wohngebieten unzulässig.

 

Die Überplanung der bisher noch nicht überplanten Bereiche - im Wesentlichen die schon 1990 vorhandenen Bereiche entlang des Stolteraer Wegs sowie einige einheitlich entstandene, kleinere Siedlungsenklaven zum Wohnen (Groß Kleiner Weg) und zur Erholung (Ferienhaussiedung am Waldweg und Wochenendhaussiedlungen) - kann weder den völligen Ausschluss von Ferienwohnnutzungen und Beherbergungseinrichtungen beinhalten, die aktuelle Rechtsgrundlage des Bundes für Ferienwohnnutzungen selbst sowie des Landes für die Genehmigungsfreistellungen von Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen negieren (zu denen auch Nutzungsänderungen gehören), noch sichert eine Satzung als solche die Kontrolle über tatsächliche Grundstücksnutzungen.

 

Die vom Ortsbeirat im Zusammenhang mit der Steuerung von Ferienwohnnutzungen angesprochene Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB ist an städtebauliche Voraussetzungen gebunden, die in Diedrichshagen nicht vorliegen. Der Ortsteil weist weder einen besonderen, erhaltenswerten Städtebau noch eine, aus städtebaulichen Gründen vor Verdrängung zu schützende Wohnbevölkerung auf. Damit ist der Erlass der Erhaltungssatzung nicht angezeigt.

 

Trotzdem wünscht der Ortsbeirat weiterhin eine Bestandserfassung. Er begründet dies mit einer dann kontrollierten Bestandsentwicklung von Ferienwohnnutzungen, damit der Ortsteil die Chance zur Entwicklung einer sinnvollen sozialen Infrastruktur bekommt. Bestandserfassung und soziale Erhaltungssatzung werden als in der Verantwortung des Ortsbeirates liegend gesehen. Die Bestandserfassung von Ferienwohnungen soll ungewollte Zustände verhindern, die - wenn erst eingetreten - nur bedingt behebbar sind. Am Beispiel Warnemündes wird vor den Folgen zu späten Einschreitens seitens der Verwaltung (Gefährdung des sozialen Friedens, Wohnraumverknappung) gewarnt.

 

Aus Sicht der Verwaltung sichert die Bestandserfassung allein jedoch ebenso wenig Kontrolle über Bestand und Entwicklung an Ferienwohnungen wie der Erlass weiterer Satzungen durch die Verwaltung. Wie dargestellt, sind die Instrumente bereits vorhanden.

Eine Bestandserfassung erfordert einen umfänglichen Einsatz finanzieller und zeitlicher Ressourcen der Verwaltung. Dies kann nur gerechtfertigt sein, wenn ein erkennbarer Nutzen bzw. Erkenntnisgewinn zu erwarten ist.

 

In Warnemünde war die Bestandserfassung bzw. die Befragung in der Notwendigkeit begründet, dass gegen die deutlich erkennbare Verdrängung der Wohnbevölkerung durch die Ferienwohnnutzung kein umfassend geeignetes Instrument vorhanden war. Dies konnte u.a. auf der Grundlage der Bestandserhebung, der Zielformulierung im Strukturkonzept sowie der Befragung erstellt werden. In Diedrichshagen sind die notwendigen Satzungen wie oben beschrieben bereits vorhanden.

 

Diedrichshagen gehört zu den touristischen Schwerpunkträumen der raumplanerischen Landesentwicklungsstrategie. Ein völliger Ausschluss von Ferienwohnungs-/Beherbergungs­nutzung ist daher kein Ziel der Stadt-/Ortsteilentwicklung und sollte es daher auch nicht des Ortsbeirates sein. Das Angebot von Unterkünften zur Erholung ist Wesensbestandteil des Ortsteils. Diedrichshagen offeriert dies variantenreich sowohl für Naherholung als auch Fremdenverkehr. Die notwendige Balance zwischen Wohnen und Erholen/Beherbergen (inkl. Ferienwohnnutzungen) ist eine ständige Aufgabe; nicht nur in Verantwortung der Verwaltung, sondern ebenso auch der Einwohner und Grundstückseigentümer.

 

Ein im Ergebnis einer möglichen Befragung erarbeiteter Bebauungsplan für die derzeit noch nach § 34 BauGB zu bewertenden Flächen würde voraussichtlich, wie oben beschrieben, keinen vollständigen Ausschluss von Ferienwohnungen beinhalten können.

Die vorhandenen Steuerungsmöglichkeiten über einzelfallkonkrete Ausnahmeprüfungen von Ferienwohnnutzungen sind aus planungsrechtlicher Sicht bezüglich Kenntnis, Kontrolle und Lenkung dieser, das Wohnen ggf. bedrängenden, kritischen Nutzungen als deutlich effektiver zu beurteilen. Hier wäre die Anzeige von tatsächlich illegal vorhandenen Ferienwohnungen ein effektiver Schritt.

 

Hier kann der Ortsbeirat durchaus verantwortungsvoll aktiv werden, bspw. eine informative Sensibilisierung und Aufklärung der Einwohner initiieren. Zudem können jederzeit störende oder fragwürdige Ferienwohnnutzungen beim Bauamt direkt angezeigt und damit einer unmittelbaren Überprüfung zugeführt werden. Auch über diesen Weg kann Einfluss genommen werden auf die Entwicklung des Ferienwohnungsbestandes vor Ort.

 

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Finanzielle Auswirkungen:

 

Die Angabe im Antrag, dass die Bestandserfassung von Ferienwohnnutzungen in Diedrichshagen keine finanzielle Auswirkung hat, wird nicht geteilt. Die Verwaltung kann die erbetene Bestandserfassung aufgrund der angespannten Personalsituation nicht selbst leisten. Auch bei einer vorliegenden Bestandserfassung wäre ein zeitnahes Handeln notwendig, was wiederum Kapazitäten voraussetzt, die derzeit anderweitig gebunden sind. Hierbei ist auch die Angemessenheit der Mittelverwendung gegenüber anderen Rostocker Ortsteilen mit vergleichbarer Thematik bzw. Wünschen in den Blick zu nehmen. Über die Höhe zu erwartender Ausgaben kann derzeit keine Angabe gemacht werden.

 

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in Vertretung

 

 

 

Dr. Chris von Wrycz Rekowski

Erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters und
Senator für Finanzen, Digitalisierung und Ordnung

 

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Beschlüsse

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27.04.2022 - Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus - zur Kenntnis gegeben

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05.05.2022 - Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung, Umwelt und Ordnung - zur Kenntnis gegeben

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11.05.2022 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben