Stellungnahme - 2018/AN/4163-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

Über die Sanierung des Großen Hauses bzw. die Planung eines Neubaus inklusive der damit verbundenen theaterpolitischen Fragen sowie der Standortfrage ist in den letzten Jahrzehnten intensiv diskutiert worden. Die städtische und (finanz-) politische Entwicklung sowie die damit verbundenen wechselnde Voraussetzungen führten zu unterschiedlichen Planungen und Varianten in den angesprochenen Fragen. Mit dem beantragten Bürgerentscheid soll nunmehr durch die Bürgerinnen und Bürger über eine Obergrenze für die Gesamtinvestitionskosten des Neubaus entschieden werden.

 

Die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger bei wichtigen Entscheidungen für die Hanse- und Universitätsstadt Rostock wird seitens der Verwaltung grundsätzlich begrüßt. Aufgrund der sehr komplexen Sachlage und den vielschichtigen Zusammenhängen als auch Auswirkungen auf die kulturelle Entwicklung in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock ist die Durchführung eines Bürgerentscheides mit der beantragten Frageformulierung zu überdenken.

 

Verfahren

Der Beschluss für die Durchführung eines Bürgerentscheides gemäß § 20 Absatz 3 Kommunalverfassung M-V (Vertreterbegehren) muss die zu entscheidende Frage sowie den Tag der Abstimmung sowie gemäß § 16 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 Satz 4 Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung auch das Benehmen der Rechtsaufsichtsbehörde enthalten. Die Herstellung des Benehmens kann und muss im Nachgang zu einer positiven Beschlussfassung nachgeholt werden.

 

Die Fragestellung beinhaltet eine wichtige Entscheidung in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises welche nicht vom Negativkatalog des § 20 Absatz 2 Kommunalverfassung M-V (KV M-V) erfasst ist.

 

Es werden seitens der Verwaltung jedoch Zweifel gehegt, dass der Antrag bzw. die formulierte Frage bestimmt genug sind. Ein positiv getroffener Bürgerentscheid tritt an die Stelle eines Bürgerschaftsbeschlusses und der Oberbürgermeister (die Verwaltung) ist nach § 38 Absatz 3 Satz 1 letzter Halbsatz KV M-V verpflichtet diesen auszuführen. Hierzu muss hinreichend klar sein, was umzusetzen ist und wie es umzusetzen ist.

 

Eine positive Entscheidung, drückte gemessen an der nach dem Antrag zu stellenden Frage allerdings lediglich einen Wunsch aus. Als Zielvorgabe wäre eine Deckelung bis zu der genannten Obergrenze denkbar. Dazu müsste jedoch auch ein konkreter Planungsstand benannt werden, zu dem ein Kostenanschlag die gezogene Grenze nicht überschreiten darf.

Wenn die Kosten aufgrund von Preisentwicklungen steigen, fehlt der Verwaltung ein flexibler Handlungsrahmen. Weder die formulierte Frage, noch die Begründung des Antrages greift diese Möglichkeit auf.

 

Inhalt

Das ein Neubau dringend erforderlich ist, stellen auch die Antragsteller klar. Dies entspricht der aktuellen Beschlusslage der Bürgerschaft und stellt in jedem Fall eine bedeutende finanzielle Investition für die Hanse- und Universitätsstadt Rostock dar.

 

Mit Bürgerschaftsbeschluss Nr. 2017/AN/3327 vom 31.01.2018 hat sich die Bürgerschaft zum Neubau des Theatergebäudes am Bussebart bekannt und die bisher mit dem Land geschlossenen Vereinbarungen bestätigt, da diese als Verhandlungsgrundlage herangezogen werden sollen.

 

Damit gilt die 1. Ergänzung zur Fortschreibung der Zielvereinbarung über die künftige Struktur des Volkstheaters Rostock vom 6. Mai 2015, welche am 20.12.2016 geschlossen wurde, für weiterführende Entscheidungen als Ausgangsbasis. In der 1. Ergänzung zur Fortschreibung der Zielvereinbarung wurde mit dem Land als Zielstruktur des Theaters die weitere Umsetzung des Konzeptes „Kooperation und Integration“, welche eine funktionelle 2+2 Struktur unter Aufrechterhaltung von drei Sparten (Musiktheater, Schauspiel. Orchester) beinhaltet, vereinbart.

 

Die auf Grundlage dieser Vorgaben durchgeführte Funktionsstudie und die sich daraus ergebende Kostenschätzung in Höhe von 102 Mio. EUR wurden durch ein Architekturbüro erstellt. Der Raumbedarf und damit die Größe und die Anforderungen des Theaterneubaus sind folglich auf ein produzierendes Theater mit Musiktheater, Schauspiel und Konzertwesen, einer großen Bühne und einer kleinen variablen Raumbühne zugeschnitten. Die notwendige Größe des Theaterneubaus beeinflusst hierbei maßgeblich die Höhe der Gesamtbaukosten des Theaterneubaus.

 

Neben dem Bürgerschaftsbeschluss Nr. 2017/AN/3327 vom 31.01.2018 hat die Bürgerschaft im Jahr 2018 eine weitere Entscheidung zum Theater getroffen.


Mit Beschluss Nr. 2018/BV/3432 wurde am 11.04.2018 dem Quartiersblatt Bussebart einschließlich der Anlagen als Sanierungsziel für das Sanierungsgebiet „Stadtzentrum Rostock“ zugestimmt. In den mitbeschlossenen Anlagen des Bürgerschaftsbeschlusses wurde der Raumbedarf des Volkstheaters als Mehrspatenhaus ausführlich dargestellt.

 

Die Fragestellung zum Bürgerentscheid vermittelt den Eindruck, dass sich ein Theaterneubau für die von der Bürgerschaft am 31.01.2018 bestätigte Theaterstruktur auch mit weniger als 60 Mio. EUR Gesamtinvestitionskosten errichten lässt.

Als Beispiel wird auf den „Theaterbau Potsdam“ verwiesen. Für die im Rahmen der Funktionsstudie „Neubau Volkstheater Rostock“ ermittelten Baukosten wurde vom Architekturbüro u.a. auch die Baumaßnahme „Theatergebäude  Potsdam“ für einen Benchmarkvergleich herangezogen. Die hier genannten Angaben zur Bausumme weichen von der in der Begründung genannten Bausumme ab. 

Nach den Angaben der Architekten wurde im Rahmen der Baumaßnahme „Theater Potsdam“ eine Immobilie umgenutzt und ein Neubau errichtet. Die Kosten der Gesamtmaßnahme lagen bei 54 Mio. € brutto bei einer Bruttogesamtfläche von 9.000 m². Damit ergibt sich ein Preis von 6.000 € /m².

Für den derzeit in Rostock auf Basis der Funktionsstudie geplanten Theaterneubau für ein Mehrspartenhaus besteht ein Flächenbedarf von 16.140 m² Bruttogesamtfläche. Laut Studie wird dafür mit ca. 102 Mio. EUR Gesamtkosten gerechnet. Das ergibt einen Preis von 6.347 EUR/m². (inklusive einer bereits hinterlegten Baukostenindexierung)

 

Zu der Potsdamer Baumaßnahme ist zudem auszuführen, dass das Hans Otto Theater ein  reines Schauspielhaus (Einspartentheater) ist.  Der in 2006 unter dem Namen „Neues Theater“ eröffnete Neubau ist die Hauptspielstätte des Hans Otto Theaters und wurde mit nur einer großen Bühne erbaut. Der Saal ist für 485 Zuschauer ausgelegt.

 

Konzert und Musiktheaterangebote werden weitestgehend durch Koproduktionen und Gastspiele realisiert, können aber in der Regel nicht im „Neuen Haus“ gespielt werden. Zum Theater gehört kein eigenes Orchester. Es gibt dafür keine Räume und Arbeitsmöglichkeiten im Theater.

Das Theater hat keine Räume für Mitarbeiter eines Musiktheaters, also keinen Chorprobensaal, keine entsprechenden Proben und Aufenthaltsräume.

 

Diese Ausführungen zeigen, die Höhe der Baukosten kann nicht in Frage gestellt werden ohne die Beschlusslage zur Theaterstruktur in Frage zu stellen, da hier ein direkter Zusammenhang besteht. Das heißt, die Entscheidung für ein Theater mit eigenen produzierenden Musiktheater und Orchester ist im Januar durch die Bürgerschaft beschlossen worden. Die nachfolgenden Beschlüsse beziehen sich auf die Klärung von Detailfragen der Finanzierung.

 

Der vom Oberbürgermeister für die Sitzung am 14.11.2018 eingebrachte Beschlussvorschlag Theaterneubau zeitnah realisieren – Grundsatzbeschluss (Beschluss Nr. 2018/BV/4093) zeigt gegenüber den bereits gefassten Beschlüssen keine wesentlich neue Sachlage.

 

Der Bürgerschaft ist bekannt, dass im Ergebnis der überschlägigen Ermittlung der Gesamtinvestitionskosten ein Mehrspartentheater mit mittlerem Standard ca. 102,5 Mio. EUR zu investieren sind. Um die Baukosten bei einer aktuell noch deutlich stärker steigenden Baukostenindexierung nicht ins unermessliche steigen zu lassen, sollte mit dem Beschlussantrag des Oberbürgermeisters eine maximale Obergrenze für die Baukosten gesetzt werden. Gleichzeitig wurde zur Abwendung einer hohen Belastung der Stadt in einem Beschlusspunkt vorgeschlagen, der Stadtverwaltung aufzutragen, dass die Finanzierungsmittel überwiegend durch die Zuwendung von Dritten sicherzustellen ist.

 

Kosten

Bezüglich der angeführten Kostenminimierung ist darauf hinzuweisen, dass sich bei einer zeitgleichen Durchführung des Bürgerentscheides mit Wahlen die erstattungsfähigen Kosten für die Europawahl anteilig verringern werden, so dass die Einsparungen gegenüber einer alleinigen Durchführung nur gering ausfallen würden.

 

Seitens der Verwaltung wird in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass am beantragten Tag, dem 26. Mai 2019, voraussichtlich bereits drei Wahlen stattfinden. Zudem ist, sollte es doch zur Änderung der Landesverfassung kommen, die Durchführung einer qualifizierten Volksbefragung zur Frage des Wahlalters bei Landtagswahlen beabsichtigt. Noch eine weitere Abstimmung in Form des Bürgerentscheides bedeutet einen nicht unerheblichen Mehraufwand bei der Wahlvorbereitung  sowie am Wahltag.

Aufgrund der Vielzahl der dann stattfindenden Wahlen bzw. Abstimmungen stünden aktuell nicht genügend Wahlurnen zur Verfügung. Diese müssten kurzfristig beschafft werden.

Damit verbunden ist auch die Notwendigkeit der weiteren Aufstockung der Anzahl von Wahlhelferinnen und Wahlhelfer am Wahltag, wobei sich die Gewinnung von freiwilligen Helfern zunehmend schwierig gestaltet.

Auch die Belastung der Wahlhelfenden bei dieser Vielzahl von auszuzählenden Wahlen insbesondere in den allgemeinen Wahllokalen ist nicht zu unterschätzen.

 

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Beschlüsse

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14.11.2018 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben