Informationsvorlage - 2018/IV/4118

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock beabsichtigt, im Rahmen der sozialräumlichen Arbeit eine Kindertageseinrichtung zu einem Kinder- und Familienzentrum weiter zu entwickeln. Der Jugendhilfeausschuss soll rechtzeitig über den aktuellen Stand der inhaltlichen Ausrichtung und organisatorischen Planung informiert werden.

 

Welche Ausgangssituation gibt es?

Kinder- und Familienzentren sind in vielen Kommunen bereits erfolgreich praktizierte Formen der Bündelung verschiedener Leistungsfelder der sozialen Infrastruktur unter sozialräumlichen Gegebenheiten. Im Rahmen der Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock ist die fachliche Weiterentwicklung einer Kindertageseinrichtung zu einem Kinder- und Familienzentrum ein wichtiger Auftrag, um die vereinbarten "Ziele der Jugendhilfe der Hansestadt Rostock 2016 bis 2020" umzusetzen, da durch das Wirken dieser Einrichtung mehrere Leitziele realisiert werden können. Hier „ …soll die ganzheitliche Betrachtung der Lebenslagen von Kindern, Jugendlichen und Familien leitendes Handlungsprinzip sein.“ – wie in der Präambel der Ziele beschrieben.

 

Das Thema Kinder- und Familienzentrum findet sich ebenfalls in der von der Bürgerschaft beschlossenen „Bedarfsplanung für die Kindertagesbetreuung Hansestadt Rostock 2016 ff.“ wieder. Im Punkt 3.1 „Flexibilisierung der Angebote der Kindertagesbetreuung“ wird das o.g. Zentrum exemplarisch als ein Modell zur Realisierung der Kita-Bedarfsplanung aufgeführt. Weiterhin trägt das Vorhaben in hohem Maße dazu bei, die in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock bereits gefassten Beschlüsse zur Sozialraumorientierung umzusetzen.

 

Die Verwaltung ist mit der Rostocker Stadtmission im fachlichen Diskurs zur konzeptionellen Erweiterung der Kindertageseinrichtung „Sonnenkinderhaus“ in Lütten Klein in der Helsinkier Str. 40 zu einem Kinder- und Familienzentrum. In diesem Gebäude wird seit ca. 50 Jahren Kindertagesbetreuung realisiert. In der Einrichtung besteht ein erheblicher Grundsanierungsbedarf. Der Eigenbetrieb Kommunale Objektbewirtschaftung und -entwicklung der Hanse- und Universitätsstadt Rostock (KOE) hat akute Brandschutzprobleme aufgezeigt.

 

Die Rostocker Stadtmission trat im April 2017 mit dem Anliegen an das Amt für Jugend, Soziales und Asyl heran, im Zuge der geplanten Sanierung die Kindertageseinrichtung zu einem Kinder- und Familienzentrum als begleitendes Vernetzungsprojekt in Lütten Klein weiter zu entwickeln. Eine fachliche Begleitung erhält die Rostocker Stadtmission durch die Karl- Kübel- Stiftung, die bundesweit als Pate für Kinder- und Familienzentren fungiert.

 

Nach fachlichen Gesprächen innerhalb des Amtes für Jugend, Soziales und Asyl und einer Vorstellung der Thematik in der Planungsgruppe „Kita“ wurden auf Grundlage erster Kurzkonzepte gemeinsame Planungen und Beratungen zwischen der Rostocker Stadtmission und einzelnen Fachbereichen des Amtes durchgeführt. Die rechtlichen Grundlagen und somit der gesetzliche Auftrag für die Einrichtung eines Kinder- und Familienzentrums sind u.a. im SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) § 2 Abs. 2 Pkt. 2 und 3 i.V.m. § 16 und § 22 Abs. 2 Pkt. 2 und 3 sowie im KiföG M-V § 1 Abs. 1 Satz 4 und § 10 gegeben.

 

Was ist ein Kinder- und Familienzentrum?

Der Bundesverband der Familienzentren versteht Kinder- und Familienzentren als Zentren und Häuser, die in einem sozialen Umfeld unterstützende und bildungsförderliche Angebote für Kinder und ihre Familien in einem Sozialraum bereithalten, vermitteln und bündeln. Ihr besonderer Auftrag ist die Stärkung der Selbstwirksamkeit von Kindern und Familien, die Verbesserung der Lebensqualität und die Förderung der Bildungschancen. Das Konzept ist kein starres Gebilde – Kinder- und Familienzentren sind stets am Puls der Familien.

 

Ziel ist es, ein Kinder- und Familienzentrum als niederschwelliges, frühpräventives und nachhaltiges generations- und professionsübergreifendes Bildungs- und Gesundheitszentrum einzurichten, um Familien durch die sozialräumliche Verankerung verlässliche und wohnortnahe Unterstützung zu geben. Kinder- und Familienzentren beziehen Familien im Sozialraum intensiv mit ein und arbeiten daran, Menschen in vielfältigen Lebenslagen zu erreichen und Stigmatisierungen abzubauen sowie weitestgehend zu vermeiden. Kinder- und Familienzentren arbeiten präventiv und aktivierend, nutzen die Ressourcen und Kompetenzen des Sozialraums und beeinflussen diesen stetig. Sie leben ein Beziehungssystem mit vielfältigen, auch wechselnden Interessen und Potentialen, die sich im stetigen Dialog entwickeln und entfalten.

 

Die Erfahrung des Bundesverbandes der Familienzentren zeigt, dass Familien, so unterschiedlich sie auch sein mögen, stets Fragen und Anliegen mitbringen, die sie insbesondere in eine Kindertageseinrichtung hineintragen, wenn sie dort offene Ohren und wertschätzende Unterstützung finden. Hier werden sehr häufig Erziehungsfragen, Bildungsanliegen wie z.B. Sprachförderung, gesundheitliche und /oder finanzielle Sorgen sowie Probleme im Umgang mit Behörden thematisiert. In einer Kindertageseinrichtung sind vielfältige Lebensthemen insbesondere junger Familien präsent. Sie können dort gebündelt oder beantwortet sowie an andere professionelle Stellen weitervermittelt werden. Daher ergeben sich an diesem Ort besondere Möglichkeiten und Chancen für eine Etablierung eines Kinder- und Familienzentrums.

 

Warum ist die Schaffung eines Kinder- und Familienzentrums für die Hanse- und Universitätsstadt Rostock ein wichtiges Angebot ergänzend zur bereits bestehenden sozialen Infrastruktur?

Das Kinder- und Familienzentrum stellt eine perfekte Ergänzung zum bereits bestehenden Mehrgenerationenhaus im Stadtteil Lütten Klein dar. Eine intensive Abstimmung und gemeinsame Verantwortungsübernahme für den Sozialraum ist selbstverständlich eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Konzeptes.

 

Das Mehrgenerationenhaus initiiert und unterstützt die Begegnung von Menschen aller Altersgruppen, fördert das Miteinander aller sozialen Gruppen unterschiedlicher Herkunft und hat somit die Gesamtheit der Bevölkerung im Blick. Der Focus des Kinder- und Familienzentrums ist jedoch auf die jüngsten Kinder und junge Familien im Sozialraum gerichtet und nutzt die örtlichen Möglichkeiten der Begegnung mit Kindern und ihren Bezugspersonen durch das Angebot der Kindertagesförderung in einer Kita. Aus fachlicher Sicht sollen Kinder von Anfang an möglichst von bester Familienförderung und –begleitung profitieren. Daher richten sich die Kinder- und Familienzentren auch und besonders an Familien mit jüngsten Kindern ohne andere Familien auszuschließen.

 

Kaum eine andere Institution wie Kindertageseinrichtungen hat so viel regelmäßigen und intensiven Kontakt zu Familien und ihrer Lebenswelt. Daher sind Kindertageseinrichtungen besonders geeignet, um sich als Kinder- und Familienzentrum weiter zu entwickeln. Bereits bestehende Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und Angebote darüber hinaus können hier verknüpft und vor Ort wirksam werden, u.a. Frühe Hilfen, Treffs für werdende und junge Eltern sowie Krabbelgruppen. In der Einrichtung der Rostocker Stadtmission geht es darum, die bereits etablierten Leistungen: Kindertagesbetreuung, Seniorentagespflege und Arbeit der Kirchgemeinde durch die Psychologische Beratungsstelle des Trägers zu ergänzen und noch nachhaltiger zusammenzuführen. Weiterhin sollen auf der Grundlage einer guten Kooperation und Vernetzung Möglichkeiten geschaffen werden, für Kinder und junge Familien wichtige Angebote konkret im Kinder- und Familienzentrum anzubieten und somit direkt vor Ort wirksam werden zu lassen.

 

Im Kinder- und Familienzentrum können weitere Angebote unterbreitet werden, damit Familien bei Bedarf einen niedrigschwelligen Zugang zu Hilfs- und Unterstützungsleistungen erfahren, beispielhaft:

  • Angebote zur Förderung sozialer Integration und Verständigung wie Familiencafés, Alleinerziehenden-Treff
  • Begegnungen und Möglichkeiten der Mitwirkung und Gestaltung
  • Erziehung, Bildung und Betreuung für Kinder, bedarfsgerecht ab Geburt bis zum Ende des Hortalters
  • Familienbildung für Mütter und Väter, Seminare zum Umgang mit jüngsten Kindern oder zu Erziehungsfragen
  • Sprachkurse, Haushaltsmanagement oder Ernährungs- und Gesundheitsangebote
  • Beratungs- und Unterstützungsangebote, zum Beispiel Angebote zur Stärkung der Erziehungs- und Beziehungskompetenzen, Elternkurse und Elterngespräche
  • Vermittlung von Angeboten zur Unterstützung in der Alltagsbewältigung wie Familienservice-Angebote, zum Beispiel Babysitter, Nachhilfe.

 

Welches weitere Herangehen ist geplant?

In der Planung sieht die aktuelle Nutzungsvariante für das Kinder- und Familienzentrum folgende Angebote vor:

 

a)      Kindertageseinrichtung

-           54 Krippenkinder

-         165 Kindergartenkinder

-         219 Kinder gesamt = Flächenbedarf ca. 1950

b)      Tagespflege (Altenpflege) für 20 Personen = 200

c)      Kirchgemeinde = 70

d)      Psychologische Beratungsstelle = 322

e)      Atrium = nutzbar (nutzbar für alle Zielgruppen)

f)        Beratungsraum = 20 m² (nutzbar für alle Zielgruppen).

 

Auf dieser Planungsgrundlage wird vom Amt für Jugend, Soziales und Asyl ein Investitionsauftrag gestellt, der die aktuellen fachlichen Entwicklungen sowie organisatorischen Notwendigkeiten und Möglichkeiten berücksichtigt. Die Sanierung des Gebäudes der Kita „Sonnenkinderhaus“ in der Helsinkier Straße 40 ist im Wirtschaftsplan des KOE bereits geplant. Die Finanzierung der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe wird in die Haushaltsplanung mit aufgenommen. Im Rahmen der Drittmittelakquise wurden durch die Rostocker Stadtmission bereits verschiedene Anträge gestellt, weitere Möglichkeiten zur Förderung durch „Kommune Inklusiv“ werden geprüft.

 

Im weiteren Verlauf ist die fachliche Einbindung der verwaltungsinternen Arbeitskreise „Kita“ und „Hilfen zur Erziehung“ sowie der 4 Planungsgruppen vorgesehen. Die Akteure der Region Nordwest werden weiter in das Projekt involviert. Die Gremien des Sozialraums wie Stadtteiltisch und Sozialraumteam erhalten somit die Möglichkeit, das Vorhaben zu begleiten und unterstützen.

 

Die Verwaltung wird den Jugendhilfeausschuss regelmäßig zum aktuellen Planungsstand informieren.

 

 

 

Steffen Bockhahn

Senator für Jugend und Soziales,

Gesundheit, Schule und Sport

 

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Beschlüsse

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06.11.2018 - Jugendhilfeausschuss - zur Kenntnis gegeben