Informationsvorlage - 2017/IV/2973

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Beratungsfolge

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bereits gefasste Beschlüsse:

Nr. 2017/AN/2510 vom 01.03.2017

 

Sachverhalt:

Die CDU-Fraktion und die Fraktion Rostocker Bund/Graue/Aufbruch 09 beantragen zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen der Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock den Bebauungsplänen Nr. 21 „Mehrgenerationenhäuser am Karauschensoll“ und Nr. 22 „Betreutes Wohnen am Karauschensoll“ der Gemeinde Kritzmow sowie dem Bebauungsplan Nr. 6 „Am Beiksoll“ der Gemeinde Ostseebad Nienhagen“ eine Zustimmung erteilen kann. Hierzu wird wie folgt Stellung genommen:

Das Regionale Raumentwicklungsprogramm (RREP) Region Rostock beschränkt in den Gemeinden ohne zentralörtliche Einstufung die Neuausweisung von Wohnbauflächen auf den Eigenbedarf. Als Eigenbedarf wird dabei eine Flächenentwicklung definiert, die eine Zunahme des Wohnungsbestandes um bis zu 3% ermöglicht. Grundlage für die Ableitung des gemeindlichen Eigenbedarfs ist der statistisch erfasste Wohnungsbestand zum 31.12.2009 (vgl. RREP Ps. Z 4.1 (2), Wohnbauflächenentwicklung außerhalb Zentraler Orte). Dieses Ziel der Raumordnung stellt eine verbindliche landesplanerische Vorgabe dar und ist gemäß § 4 Abs. 1 ROG zu beachten. Diese Bindungswirkung ist normalerweise keiner weiteren Abwägung zugänglich.

Bebauungspläne sind (verbindliche) Bauleitpläne. Diese sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Das bedeutet, dass Ziele der Raumordnung nicht Bestandteil einer Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB sind! Die Gemeinden Kritzmow und Ostseebad Nienhagen haben es in der Vergangenheit versäumt, ihre Bauleitpläne dem beschriebenen Ziel der Raumordnung anzupassen. Die Hansestadt Rostock kann dieses nicht heilen, weil es ihren Interessen als Oberzentrum und Siedlungsschwerpunkt widerspricht.

 

 

Die Gemeinde Kritzmow hat laut amtlicher Statistik ihren Wohngebäudebestand von 1.413 Wohneinheiten im Jahr 2009 auf 1.589 Wohneinheiten im Jahr 2015 erhöht. Dies entspricht einer Zunahme des Wohnungsbestandes von rund 12%. Für die Gemeinde Ostseebad Nienhagen ist im Zeitraum 2009 bis 2014 eine Zahl von 200 Baufertigstellungen feststellbar. Bei einem Gesamtwohnungsbestand von 1.121 Wohneinheiten im Jahr 2014 entspricht dieses sogar einer Zunahme von rund 18%. Diese Zahlen berücksichtigen nicht die in Rede stehenden Planungen und den seinerzeit gemeinsam unterzeichneten Entwicklungsrahmen zur interkommunalen Abstimmung im Stadt-Umland-Raum Rostock. 

Damit hat in der Vergangenheit eine überproportionale Entwicklung, gerade auch im Vergleich zu den weiteren Gemeinden des Stadt-Umland-Raumes Rostock, stattgefunden. Die Gemeinden Kritzmow und Ostseebad Nienhagen haben es unterlassen, im Rahmen ihrer strategischer Gemeindeentwicklungen, dafür Sorge zu tragen, den Bedarf an altersgerechten Wohnungen bei der Wohnflächenvorsorge abzudecken. Die demografische Entwicklung, mit der sich verschiebenden Altersstruktur, ist keine neue Erscheinung, sondern findet seit vielen Jahren keine Berücksichtigung bei der städtebaulichen Entwicklungsplanung der Gemeinden Kritzmow und Ostseebad Nienhagen. Augenscheinlich haben die Gemeinden am dringlichen Bedarf vorbeigeplant und - statt Seniorenwohnungen für die eigene alternde Bevölkerung zu planen - gezielt Wohnungs- bzw. Eigenheimangebote für den überörtlichen Zuzug geschaffen. Diese fallen entsprechend RREP Ps. Z 4.1 (2) nicht unter den kommunalen Eigenbedarf und führen stattdessen zu einem Folgebedarf aufgrund zwischenzeitlich erfolgten Zuzugs.

Im Allgemeinen kommt die Hansestadt Rostock den raumordnerischen Empfehlungen des Stadt-Umland-Entwicklungsrahmens nach, allen Gemeinden des Stadt-Umland-Raumes eine Eigenentwicklung zuzugestehen und gemeindliche Entwicklungsplanungen wohlwollend zu prüfen. Überproportionale Gemeindeentwicklungen, wie sie in der Gemeinde Kritzmow und Ostseebad Nienhagen angestrebt werden, beeinträchtigen jedoch wesentlich die wichtigen Belange der Hansestadt Rostock und sind gegenüber den Entwicklungsabsichten der anderen Umlandgemeinden unverhältnismäßig. Der Stadt-Umland-Entwicklungsrahmen dient der nachbargemeindlichen Abstimmung, er setzt jedoch keine Ziele der Raumordnung außer Kraft.

Unter den genannten Rahmenbedingungen ist es deshalb folgerichtig, die weitere Wohnungsbauentwicklung in den Umlandgemeinden Kritzmow und Ostseebad Nienhagen zu beschränken und die raumordnerisch zugesprochenen oberzentralen Funktionen der Hansestadt Rostock gegenüber diesen geltend zu machen und zu stärken.

Eine weitere Überschreitung der zulässigen Eigenbedarfsobergrenze erfordert aus diesem Grund eine tiefergehende interkommunale Abstimmung zwischen der planenden Gemeinde und der Hansestadt Rostock. Dabei hat die Gemeinde zum einen ihr zwingendes Planungserfordernis plausibel darzulegen. Dieses lässt sich u.a. aus einem langfristigen Gesamtentwicklungskonzept, wie z.B. dem Flächennutzungsplan der Gemeinde, ableiten. Damit wird sichergestellt, dass die Entwicklung eines neuen Wohngebietes mit den Entwicklungsinteressen der Gemeinde übereinstimmt und raumordnerisch endabgestimmt ist. Zum anderen hat die planende Gemeinde dafür Sorge zu tragen, dass für den übergemeindlichen Bevölkerungszuzug und die fortlaufende Nutzung der sozialen wie auch technischen Infrastruktur der Hansestadt Rostock ein Interessensausgleich bzw. eine finanzielle Ausgleichszahlung stattfindet. Ein solcher monetärer Ausgleich lässt sich anhand der Steuermesszahlen und der Einwohnerzahl der jeweiligen Gemeinde darstellen. Als verlässliche Quelle kann die Datenaufbereitung des statistischen Amtes M-V herangezogen werden. Alle Gemeindedaten sind hier offiziell und für jedermann einsehbar. Mit der Zahlung eines Interessensausgleichs an die Hansestadt Rostock erfolgt im Sinne einer starken Regiopolregion Rostock als Alternative zu einer Erweiterung des Rostocker Gemeindegebietes eine Kompensation für den Bevölkerungszuzug in die Umlandgemeinden, welcher sich vorwiegend durch die Attraktivität und der räumlichen Nähe zu bzw. Verpflechtung mit der Hansestadt Rostock als Kern der Regiopolregion einstellt.

Sofern nach den oben aufgeführten Rahmenbedingungen ein langfristiges Gemeindeentwicklungskonzept und die Bereitschaft zur Leistung eines finanziellen Ausgleichs vorliegt, ist zwischen der Hansestadt Rostock und der planenden Gemeinde ein öffentlich rechtlicher Vertrag zu schließen, in welchem zur Sicherheit beider Parteien,  die Modalitäten zur Realisierung einer Wohnbebauung über den kommunalen Eigenbedarf hinaus geregelt werden.

Mit den beiden vorgenannten Punkten wird gewährleistet, dass den Gemeinden in begründeten Ausnahmefällen eine erweiterte Wohnentwicklungstätigkeit zugestanden und damit die Regiopolregion als Ganzes gestärkt wird.

 

 

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Beschlüsse

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20.09.2017 - Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration - zur Kenntnis gegeben

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05.10.2017 - Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung, Umwelt und Ordnung - zur Kenntnis gegeben

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10.10.2017 - Bau- und Planungsausschuss - zur Kenntnis gegeben

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11.10.2017 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben