Antrag - 2016/AN/1805

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag:

1. Die Bürgerschaft stellt fest, dass es auch in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock in der jüngeren Vergangenheit zu Vorfällen und Aktivitäten gekommen ist, die dem Feld des organisierten Islamismus zuzurechnen sind.

2. Davon ausgehend, erteilt die Bürgerschaft der Verwaltung den Auftrag zu prüfen, ob und inwieweit es möglich ist, im Büro des Oberbürgermeisters eine „Beobachtungs-, Bürgerkontakt – und Dokumentationsstelle Islam/Islamismus“ einzurichten.

3. Über seine Bemühungen erstattet die Verwaltung bzw. der Oberbürgermeister Bürgerschaft und Öffentlichkeit in Form einer Informationsvorlage und einer Pressemitteilung bis zum 01.09.2016 Bericht.

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Sachverhalt:

Zu 1.

Jüngst hat der an Medien und Behörden gerichtete Brief eines Mitglieds der Rostocker islamischen Gemeinde für Unruhe gesorgt. Demnach ringe eine Gruppe ultrakonservativer Muslime, die in Rostock und Güstrow wohnhaft sind, um Einfluß in der Gemeinde. Der Kreis, zu dem fünf, sechs Personen gehörten, nutze die Moschee auch außerhalb der Gebetszeiten und unternehme den Versuch, eigene Imame zu installieren. Zudem versuche die Gruppe, sowohl die Kontrolle über die Gemeinde als auch jene Gelder zu erlangen, die für den geplanten Moschee-Neubau gesammelt worden seien. Mittlerweile soll das Landeskriminalamt (LKA) den Vorwürfen nachgehen.


Gegenüber der Ostsee-Zeitung (Printausgabe vom 17.05.2016) bestätigte der Vorsitzende der Gemeinde „Diskussionen in der Gemeinde über die Ausrichtung“. Dabei „prallen derzeit unterschiedliche Schulen des Islam und Ansichten aufeinander“. Von Extremisten könne weniger die Rede sein, doch gebe es „in der Gemeinschaft liberale Muslime, aber auch konservative Gruppen“, heißt es.


Die Moschee in der Südstadt bzw. der eingetragene Verein Der islamische Bund in Rostock ist dabei nicht zum ersten Mal ins Blickfeld von Medien bzw. Sicherheitsbehörden geraten. Bereits am 3. Oktober 2011, anlässlich des bundesweiten „Tages der offenen Moschee“, war in der Rostocker Moschee mit dem in Berlin-Neukölln predigende marokkanischen Imam Abdul Adhim Kamouss „einer der bekanntesten salafistischen Prediger in Deutschland“  (www.ufuq.de) aufgetreten. Die Rheinische Post bezeichnete Kamouss als „Moslem-Macher“, der seine Anhänger unter jungen Muslimen hat, die in der Bundesrepublik aufgewachsen sind, wobei in seiner Moschee auch zahlreiche Konversionen stattfinden (rp-online.de vom 23.11.2009: moslem-macher-predigt-in-der-innenstadt).


Nicht zu vergessen sind die Koran-Verteilungen bzw. –werbeaktionen salafistischer Kreise in der Rostocker Innenstadt. Salafisten, die so genannten rechtschaffenen Altvorderen (arab. al-salaf al-salih), vertreten den Islam in seiner reinen, unverfälschten Form und orientieren sich an den ersten Generationen von Muslimen im 7. nachchristlichen Jahrhundert. Im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern für 2014 wird hierzu ziemlich eindeutig festgestellt: „Seit Oktober 2011 verteilt die salafistische Missionierungsorganisation ,Die wahre Religion‘ (DWR) des salafistischen Predigers Ibrahim Abou Nagie in zahlreichen Bundesländern kostenlose Koranübersetzungen … Die ,LIES!‘-Kampagne in Rostock wird von Personen aus Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit auswärtigen Aktivisten veranstaltet. Dieses Projekt zeigt deutlich, wie der Salafismus von bestimmten Zentren, die in einigen Westdeutschen Großstädten und in Berlin zu verorten sind, in die Fläche hineinwirkt. Die Protagonisten und Initiatoren des politischen Salafismus – seien es Autoren, Initiatoren von sozialen Netzwerken oder Prediger – wohnen ganz überwiegend außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern. Da der Salafismus aber eine globale Bewegung ist, sind sie bestrebt, ihre Ideologie an möglichst jedem Ort zu verbreiten, um so gesellschaftlichen und politischen Einfluss zu gewinnen. Ziel ist dabei, die Ideologie des Salafismus zu verbreiten und neue Anhänger zu mobilisieren“ (ebd., S. 91).


Mit Blick auf den Islamischen Bund Rostock sowie den Salafismus wurde schon im VS-Bericht für 2011 festgehalten, „dass der IBR bei der Finanzierung des von ihm angestrebten Moscheeneubaus eine Förderung durch eine saudische Stiftung anstrebt, die als salafistisch zu klassifizieren ist. Da der Verein bei dem beabsichtigten Moscheeneubau auf externe finanzielle Unterstützung angewiesen ist, liegt ihm nach Angaben des Vereinsvorstands eine Offerte der ,Islamischen Weltliga‘ … vor, die darauf gerichtet ist, einen Großteil der Finanzierung zu übernehmen. Die ,Islamische Weltliga‘ wurde 1962 in Mekka in Saudi-Arabien gegründet, wird überwiegend vom Königreich Saudi-Arabien finanziert und wurde zum wichtigsten Instrument bei der weltweiten Verbreitung der wahhabitischen Ideologie entwickelt. Der Wahhabismus ist die offizielle Form des Islam in Saudi-Arabien und stellt die einflussreichste Richtung innerhalb des Salafismus dar.“


Darüber hinaus heißt es im ebengenannten Bericht: „Die ,Islamische Weltliga‘ hat das Ziel, den Wahhabismus weltweit zu verbreiten und ist insofern als ein Instrument des politischen Salafismus anzusehen. Eine maßgebliche finanzielle Beteiligung der ,Islamischen Weltliga‘ am Neubau der Rostocker Moschee wäre somit ein erhebliches Einfallstor für salafistische Entwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern.“ Diese Überlegung gewinnt durch die jüngsten Entwicklungen in der Rostocker islamischen Gemeinde noch einmal zusätzlich an Sprengkraft.    

 

Beachtung finden müssen in diesem Zusammenhang auch die tschetschenischen Gotteskrieger, die als Asylbewerber ins Land gekommen sind, im Irak und in Syrien an der Seite des „Islamischen Staates“ kämpfen und die M-V nach Erkenntnissen des Innenministeriums als Rückzugsgebiet nutzen. In verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften, so auch in Rostock, kam es in den letzten Jahren zudem zu Attacken auf Mitbewohner, die sich aus Sicht knallharter tschetschenischer Islamisten nicht entsprechend den islamischen Vorschriften verhielten. 


Zu 2.

Die im Büro des Oberbürgermeisters anzusiedelnde Stelle könnte ihre Informationen zur Entwicklung der islamistischen bzw. islamischen Szene in Rostock unter anderem durch ständige Kontakte zu Landesbehörden gewinnen. Eine detaillierte Befassung mit Koran oder auch Scharia wäre ein mögliches weiteres Aufgabengebiet. Hierbei bestünde die Möglichkeit, profunde Kenner wie den in Kairo geborenen Politikwissenschaftler und Publizisten Hamed Abdel-Samad zu Rate zu ziehen. Abdel-Samad wurde einer breiteren Öffentlichkeit als Verfasser islamkritischer Werke bekannt.

Bürgerinnen und Bürger sollen zudem die Möglichkeit erhalten, sich bei Beobachtungen oder auch Fragen an die einzurichtende Stelle wenden zu können.


Bliebe noch die Frage zu klären, warum die im Antrag genannte Stelle sich nicht ausschließlich mit islamistischen Tendenzen, sondern auch mit dem Islam an sich befassen soll.


Schenkt man der offiziellen Lesart Glauben, werde die Quelle des Islam, namentlich der Koran, durch radikale, mithin islamistische Kreise schlicht und ergreifend missdeutet. Terroristische und kriegerische Aktionen stünde ganz klar im Widersprich zu islamischen Werten.


Zu völlig anderen Schlüssen kommt der bereits erwähnte Wissenschaftler Abdel-Samad. In seinem jüngsten Buch mit dem Titel Mohamed – eine Abrechnung schreibt er unter anderem: „Der Islam hat einen Geburtsfehler. Er ist sehr früh in seiner Geschichte politisch erfolgreich geworden und hat bereits zu Lebzeiten des Propheten Mohammed einen Staat gegründet.“ Daraus folge eine enge Verquickung von Staat und Religion, Glaube und Politik: „Der Islam ist von Anfang an politisch geworden. Anders als Jesus war Mohammed nicht nur ein Prediger, sondern auch Staatsoberhaupt, Feldherr, Finanzminister, Gesetzgeber, Richter und Polizist in einer Person. Politik, Wirtschaft, Kriege und Gewalt vermischen sich somit in der Religion.“


Allein in seinen letzten acht Lebensjahren hat der Religionsstifter Mohammed dabei mehr als 70 Kriege geführt. Seine Idealisierung erfährt dieses Leben, das auf Macht- und Territorialgewinn sowie Missionierung abzielt, im Koran, bei dem es sich eben nicht um irgendein historisches Dokument, sondern um das direkte, unverfälschte Wort Gottes handelt. Und insofern gelten vielen Muslimen Mohammeds Leben und seine Appelle aus dem 7. Jahrhundert als Vorbild für das Hier und Jetzt und der Koran als das unveränderliche Wort Gottes, dessen Gesetzen kritiklos zu folgen ist. Als besonders fanatische Vertreter können hierbei die Salafisten, die „frommen Altvorderen“ gelten. Sie verfolgen das Ziel, die „Kuffar“, also die „Ungläubigen“ notfalls auch mit Gewalt zu bekehren. Im Koran kommt der Begriff „Gottesleugner“ etwa 500 Mal vor, um auf diese Weise die Gegner Mohammeds zu bezeichnen (siehe auch: Gansel, Jürgen: Der große Selbstbetrug. Die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus verstellt den Blick auf die Ursachen des Terrors, in: Deutsche Stimme – DS 02/2016, S.7). 


Abdel-Samad verweist auf insgesamt 206 Passagen im Koran, die Gewalt verharmlosen, aber auch fordern und verherrlichen. Außerdem sind dort 25 direkte Tötungsbefehle zu finden. Abdel-Samad schlägt hierbei den Bogen zu aktuellen Entwicklungen: „Warum behauptet man, der ,Islamische Staat‘ würde den Koran falsch interpretieren? Die Gotteskrieger interpretieren gar nichts. Sie setzen nur das um, was im Koran unmissverständlich steht.“ Zur Einmaligkeit des islamischen Gewaltdogmas merkt der bekannte Orientalist und Publizist Hans Peter Raddatz an: „In keiner anderen Kultur, geschweige denn Religion findet sich die Kodifizierung von Mord, Raub, Versklavung und Tributabpressung als religiöse Pflicht. In keiner anderen Religion findet sich die geheiligte Legitimation von Gewalt als Wille Gottes gegenüber Andersgläubigen, wie sie der Islam als integralen Bestandteil seiner Ideologie im Koran kodifiziert und in der historischen Praxis bestätigt hat. Nicht zuletzt findet sich kein Religionsstifter, dessen Vorbildwirkung sich wie bei Muhammed nicht nur auf die Kriegsführung, sondern auch auf die Liquidierung von Gegnern erstreckte“ (siehe auch Raddatz, Hans Peter: Von Allah zum Terror?, München 2002, S. 71). 


Allein diese Ausführungen sollten auch die Verantwortlichen in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock hellhörig werden lassen. Und selbstverständlich kann die Einrichtung einer Beobachtungstelle Islam/Islamismus dabei nur ein erster Schritt sein.

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Beschlüsse

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