Informationsvorlage - 2013/IV/5169

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschriften:

§ 22 (2) Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern

 

bereits gefasste Beschlüsse:

Nr. 2013/AN/4786 vom 06.08.2013 und 2013/BV/4946 vom 02.10.2013

 

Sachverhalt:

 

Hinsichtlich der Gewährleistung einer pünktlichen oder vorzeitigen Fertigstellung städtischer Straßenbaumaßnahmen in Anwendung einer Bonus-Malus-Regelung gibt es bislang noch keine Erfahrungen durch die Hansestadt oder bei innerstädtischen Bauvorhaben.

Diese Verfahrensweise ist innerstädtisch eher nicht die Regel und nur bekannt bei Großvorhaben wie z. Bsp. der Autobahn A 115 AVUS. Seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) wird derzeit durch eine Reformkommission die Prüfung von Bonus-Malus-Regelungen für Großprojekte thematisiert. Ergebnisse der Arbeitsgruppe in Form eines Abschlussberichtes sind erst 2014 zu erwarten.

 

Anders als bei einer Objektplanung und Projektsteuerung, bei denen ein Erfolgshonorar bzw. ein Malushonorar in der HOAI verankert ist und Vertragsbestandteil werden kann, ist eine derartige Regelung in der Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) bislang nicht enthalten.

Sinnvoll erscheint es deshalb, die bereits bestehenden rechtlichen Möglichkeiten anzuwenden, die für Firmen einen Anreiz enthalten, die Baumaßnahme in der kürzesten Bauzeit fertig zu stellen. Dazu können, wie aus EU Verfahren bekannt, bei der ausgeschriebenen Leistung Nebenangebote in Verbindung mit Hauptangeboten zugelassen werden. In der Bekanntmachung oder spätestens in den Vergabeunterlagen ist den Firmen das Wertungssystem – Bedingungen für Nebenangebote und Zuschlagskriterien einschl. Gewichtung in % - mitzuteilen. Der Auftraggeber entscheidet, mit welcher Gewichtung die Bauzeit und der Angebotspreis in die Wertung der Angebote einfließt, um im Ergebnis auf das wirtschaftlichste Angebot mit einer verbindlichen Summe den Zuschlag zu erteilen. Gerade die Thematik einer durch äußerliche Faktoren nicht beeinflussten Überschreitung der Bauzeit ist hinreichend in der VOB geregelt.

Aus Rechtsgründen ist gegen die angeregte Einführung eines Bonus-Malus-Systems nichts einzuwenden, auch wenn sich die vertragliche Umsetzung im Einzelfall vermutlich als schwierig erweisen wird. Die als Vorteil des Systems genannte Möglichkeit, Vertragsstrafen für den Fall der nicht fristgerechten Fertigstellung zu vereinbaren, besteht unabhängig von der Gewährung eines Bonus. Dies ist bereits bei Bauvorhaben der Hansestadt Vertragsbestandteil. Ob und wie speziell das Bonus-System finanzierbar, praktikabel und für die Größenordnung städtischer Straßenbaumaßnahmen überhaupt zielführend sein kann, gilt es im Einzelfall abzuwägen. Es müssten sowohl ein Betrag je Kalendertag z.B. für die Unterschreitung von Einzelfristen für Verkehrsraumeinschränkungen als auch eine Höchstsumme für die Beschleunigungsvergütung (analog HVA B-StB Besondere Vertragsbedingungen) festgelegt werden und entsprechend im Haushalt zusätzlich zur Auftragssumme berücksichtigt werden.

Im Regelfall wird die Gesamtbauzeit seitens des Bauherrn in Werktagen vorgegeben. Nunmehr soll die Möglichkeit genutzt werden, eine Kalenderfrist mit Beschleunigungsvergütung (Bonus- Regelung) oder Vertragsstrafe (Malus- Regelung) zu setzen.

 

Der benötigte Arbeitsaufwand zur Herstellung einer Verkehrsanlage verringert sich damit nicht. Eine schnellere Fertigstellung kann z. Bsp. durch erhöhten Maschineneinsatz, Arbeitskräfteeinsatz und/oder Schichtarbeit (Nacht- bzw. Wochenendarbeit) erreicht werden, wobei letztere bereits in Form von Zuschlägen kostenmäßig zu vergüten wären. Dabei spielt die Größe des Baufeldes eine wesentliche Rolle, um ein wirtschaftliches Arbeiten zu ermöglichen. Das Arbeiten in Bereichen mit Vollsperrung würde im Gegensatz zu den praktizierten verkehrsbehördlich angeordneten Teilsperrungen zur Aufrechterhaltung des Verkehrs während der Bauzeit wesentliche Zeiteinsparungen mit sich bringen. Diese Möglichkeit ist jedoch innerstädtisch aufgrund der Vielzahl von spezifischen Randbedingungen nur selten durchsetzbar und kommt dann eher im untergeordneten Straßennetz zur Anwendung.

 

Der Einsatz der Bonus-Malus-Regelung ist besonders für Baustellen auf hochbelasteten Strecken mit großem Verkehrsaufkommen und weitgehend monofunktionaler Infrastruktur sinnvoll, um eine beschleunigte Bauabfolge zu erreichen. Eine solche Vereinbarung ist jedoch umfassend abzuwägen insbesondere auch rechtlich. Gemäß § 9 Nr. 5 VOB/A hat eine Vertragsstrafe Ausnahmecharakter. Sie ist nur sinnvoll, wenn sie auch durchgesetzt wird und das Verschulden eindeutig dem Bauunternehmer zu geschrieben werden kann. Der Bauherr hat in diesem Fall die Beweislast. Bauherrenrisiken wie Geologie, Altlasten Archäologie u. ä. müssten daher praktisch ausgeschlossen werden können. Im öffentlichen Straßenraum einer innerörtlichen Baustelle unter Verkehr (keine Vollsperrung) sind die möglichen Ursachen für Behinderungen jedoch sehr vielfältig. Neben dem Verkehrsfluss sind auch die Zugänglichkeit und die Ver- und Entsorgung der anschließenden Liegenschaften jederzeit zu gewährleisten. Speziell aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der Abhängigkeiten zwischen den Beteiligten (u. a. Versorger, Anlieger) ist die Beweisführung des eindeutigen Verschuldens sehr schwierig. Die Bonus-Malus-Regelung würde dem Bauunternehmen einen Anreiz zum schnelleren Bauen bieten, birgt jedoch das Risiko, dass aber auch vorgenannte Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt werden und „rücksichtslos“ (ohne Abstimmung und Einbeziehung aller Beteiligten) gebaut wird. Hier ist eine effiziente Koordination der Beteiligten in der Vorbereitungs-, Planungs- aber auch in der Ausführungsphase von größerer Bedeutung, damit die notwendigen Ressourcen bei allen Beteiligten termingerecht verfügbar sind und unnötige Warte- und Verlustzeiten verhindert werden.

 

Auf Grund der vielen möglichen Einflüsse von Dritten auf die Bauzeit, bspw. Versorgungsträger, ÖPNV, Rettungsdienste, Erreichbarkeit für Anlieger etc. ist zu erwarten, dass beim Ausbau einer innerstädtischen Verkehrs- oder Infrastrukturanlage die ursprüngliche Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers zur Ausführung der Maßnahme derart eingeschränkt wird, dass diese Instrumentarien nicht mehr greifen. Sie werden daher überwiegend nur beim Ausbau anbaufreier Außerortstraßen oder Autobahnen angewandt.

 

Das von Prof. Dr. Dieter Neßelmann angesprochene Straßenbauvorhaben B 103/B105 -  Knoten Evershagen wird in der federführenden Zuständigkeit des Straßenbauamtes Schwerin vorbereitet und umgesetzt. Der Kostenträger ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Straßenbauamt Schwerin. Die Beteiligung der Hansestadt Rostock erfolgt auf der Grundlage des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) und der damit verbundenen Verpflichtung zum Abschluss einer Kreuzungsvereinbarung. Für die Ausschreibung und Umsetzung des Vorhabens ist das Straßenbauamt Schwerin federführend zuständig. Damit obliegt die Anwendung einer Bonus- Malus-Regelung für diese Maßnahme dem Straßenbauamt Schwerin.

 

 

 

 

 

Roland Methling

 

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Beschlüsse

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14.01.2014 - Bau- und Planungsausschuss - zur Kenntnis gegeben

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29.01.2014 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben