Informationsvorlage - 2012/IV/3666

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

 

I.      Ausgangssituation

Sucht ist kein Randproblem in der Gesellschaft, sondern betrifft viele Menschen in Deutsch-land und insbesondere auch die Bürgerinnen und Bürger in der größten Stadt des Bundes-landes Mecklenburg-Vorpommern.

Dabei geht es um die Gesamtheit von riskanten, missbräuchlichen und abhängigen Verhal-tensweisen in Bezug auf Suchtmittel (legale wie illegale) in Abgrenzung von nichtstoffge-bundenen, riskanten Verhaltensweisen, wie Glücksspiel und pathologischem Internet-gebrauch.

Suchtmittel verursachen in Deutschland gesundheitliche, soziale und volkswirtschaftliche Probleme.

 

Die aktuelle repräsentative Studie (s. DHS (2011): Jahrbuch Sucht) weist folgende Zahlen zum Suchtverhalten auf:

 

·         Nikotinabhängigkeit
In der Bundesrepublik rauchen 16 Millionen Menschen.
Etwa seit den 1980er Jahren sind die Anteile der Raucher in der erwachsenen Bevöl-kerung leicht rückläufig. Bei den Männern über 20 Jahren ist ein Rückgang von 41,8 % im Jahr 1984 auf 35,5 % im Jahr 2006 zu verzeichnen. Bei den Frauen stiegen die An-teile von 26,7 % im Jahr 1984 auf 31,1 % im Jahr 2003 und sind bis zum Jahr 2006 auf 27,8, % zurückgegangen.

 

·         Nikotinabhängigkeit bei den Jugendlichen

            Hier ist ein deutlicher Rückgang in der Raucherquote zu beobachten.
            Von den 12- bis 17-Jährigen rauchten im Jahr 2010 insgesamt 13,5 %, dies ist der       

            niedrigste gemessene Stand.
            Gleichzeitig stieg der Anteil derjenigen, die nie geraucht haben, auf 68,1 %.

 

·         Alkoholabhängigkeit
1,3 Millionen Menschen sind alkoholabhängig, das sind 2,4 % der erwachsenen Bevöl-kerung.
Jeder Bundesbürger konsumiert pro Jahr 9,7 Liter reinen Alkohol.

Davon trinken 18,3 % der Erwachsenen Alkohol in riskanter Weise (das entspricht:
9,5 Millionen), d. h. mehr als 12 g Alkohol pro Tag bei Frauen und mehr als 24 g bei Männern. Eine Differenzierung des Konsums nach Sozialschichten zeigt, dass der Alkoholkonsum in der unteren Sozialschicht tendenziell in den meisten Altersgruppen geringer ist.
Pro Jahr sterben mehr als 73.000 Menschen in Deutschland an den Folgen des miss-bräuchlichen oder riskanten Alkoholkonsums.
Die Kosten alkoholbezogener Krankheiten belaufen sich in Deutschland auf jährlich 26,7 Milliarden Euro.
 

 

·         Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen
Hier hat sich ein Wandel in den letzten Jahren vollzogen: einerseits nimmt der Anteil der Jugendlichen (12- bis 17-Jährige), die mindestens wöchentlich Alkohol konsu-mieren, seit 2004 ab und lag 2010 bei 13 %. Damit konsumiert die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen Alkohol nicht regelmäßig. Andererseits nimmt riskantes Konsumverhalten zu.

 

·         Hansestadt Rostock
Über das Bundesmodellprojekt „Hart am Limit“ konnte von 2000 bis 2011 dokumen-tiert werden, dass jährlich durchschnittlich 40 bis 90 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung in der Universitätskinder- und Jugendklinik behandelt wurden.
Diese Dokumentation weist nur die Spitze des Eisberges auf.
Bundesweit ist die Zahl der Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 20 Jahren, die mit einer Alkoholvergiftungen in die Notaufnahme eines Krankenhauses eingeliefert wer-den mussten, zwischen 2000 und 2010 von 9.500 auf 26.000 gestiegen.

 

 

·         Trend in der Hansestadt Rostock
Der riskante Konsum von suchterzeugenden Substanzen zeigt unter den Kindern und Jugendlichen Rostocks folgende Trends:

-          Alkohol ist die am weitesten verbreitete Droge.

-          Zunehmend junge Menschen konsumieren verschiedenartige psychoaktive Substanzen. Von diesem Mischkonsum geht jedoch ein besonderes Risiko aus und die Gefahr gesundheitsgefährdender Zwischenfälle erhöht sich.

-          Der Anteil junger und jüngster Konsumenten steigt besorgniserregend, insbeson-dere für Alkohol.

 

·         Medikamentenabhängigkeit
1,4 Millionen Menschen sind von Medikamenten abhängig.

 

·         Illegale Drogen
600.000 Menschen weisen einen problematischen Cannabiskonsum auf, davon sind 220.000 von Cannabis abhängig.

Über 200.000 Menschen weisen einen problematischen Konsum anderer illegaler Drogen auf.

 

·         Pathologisches Glücksspiel

Bis zu 540.000 Menschen gelten als glücksspielsüchtig.

 

·         Pathologischer Internetgebrauch
Bundesstatistisch wird angenommen, dass ca. 560.000 Internetnutzer onlineabhängig sind.

 

 

 

 

 

 

II.     Präventionsmaßnahmen

Präventionsmaßnahmen dienen dazu, durch Aufklärung über die Gefahren des Suchtmittels oder Drogenkonsums dafür zu sorgen, dass es gar nicht erst zu einem gesundheitsschäd-lichen Konsum oder einer Sucht kommt.

Besonders wichtig ist die Prävention bei Kindern und Jugendlichen. Je früher es gelingt, Kin-der und Jugendliche mit Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung zu er-reichen, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein problematisches Konsumverhalten verhin-dert werden kann.

Vorliegende Trendanalysen kommen zu dem Schluss, dass eine Reihe der seit 2002 umge-setzten gesetzgeberischer Maßnahmen und öffentliche Diskussionsprozesse positiv das Konsumverhalten der Bevölkerung beeinflussen. Insofern sollten präventive Bemühungen weiterhin eine zentrale Bedeutung beibehalten.

 

·         Situation in der Hansestadt Rostock

Mit dem Präventionskabinett des Gesundheitsamtes gab es in der Hansestadt Rostock über

10 Jahre (bis 2008) eine zentrale Anlaufstelle für die Durchführung gezielter und qualifizierter Suchtvorbeugungsmaßnahmen sowie zur Information, Beratung und Fortbildung im primären Bereich der Suchtarbeit für Kinder und Jugendliche. Diese wurde intensiv von Schulklassen, Lehrern, Erziehern, Auszubildenden, Studenten, der Agentur für Arbeit und freien Bildungs-

trägern in Anspruch genommen. Darüber hinaus gab es verschiedene durch Land und Bund geförderte Präventionsprojekte, wie z. B. die Designer-Drogensprechstunde, LoD (Leben ohne Drogen) und HaLT (Hart am Limit), die jedoch ausgelaufen sind bzw. dieses Jahr been-det werden.

Einerseits gibt es in der Hansestadt Rostock derzeit keine weiterführenden Projekte und keine Präventionsangebote, andererseits wird Prävention seitens Schulen und Berufs-schulen sehr stark nachgefragt, kann aber nicht ausreichend angeboten und zur Verfügung gestellt werden.

 

Ziel sollte es deshalb sein, die noch vorhandene, aktuell nicht besetzte Stelle Sozialpädago-

ge/-in, am Gesundheitsamt wiederzubesetzen und aktiv in die Projektentwicklung und -be-gleitung einzubeziehen. Denkbar wären weiterhin Schulungs- und Weiterbildungsangebote

für Multiplikatoren sowie die Durchführung von Elternabenden, Vortragsreihen etc..

 

 

III.    Zusammenfassung

Angesichts der dargestellten Entwicklung sollte die Hansestadt Rostock dringend Präven-tionsangebote vorhalten und ausbauen. Es sollte ein Gesamtkonzept zur Prävention für Kin-der und Jugendliche erarbeitet werden, das ein Teil der Gesundheitsförderung im Sinne der Förderung des körperlichen, geistigen und seelischen Wohlbefindens von Kindern und Jugendlichen ist.

Insofern muss die Suchtprävention ämterübergreifend organisiert werden, d. h. in enger Zusammenarbeit mit der Sucht- und Psychiatriekoordination erfolgen.

Da das Thema Sucht ein ämterübergreifendes Thema ist und Kinder- und Jugendhilfe, Schulen, Gesundheitswesen, Pflege- und Behindertenhilfe in unterschiedlicher Ausprägung und Kostenbelastung berührt, sollten sich verschiedene Akteure des Bereiches Bildung, Gesundheit, Jugendhilfe beteiligen.

 

Wir schlagen dem Gesundheit- und Sozialausschuss die Gründung einer Interfraktionellen Arbeitsgruppe Sucht vor.

Diese IAG Sucht soll zusammen mit der Psychiatriekoordinatorin und den zuständigen Ämtern ein Suchtpräventionskonzept entwickeln. Dazu sind alle Angebote zur Suchtprävention zu erfassen und zu bündeln.

 

Der Grafik ist zu entnehmen, dass die entsprechenden und notwendigen Akteure vorhanden

sind (mit Farbe orange hervorgehoben). Es geht um die Entwicklung einer einheitlichen Stra-tegie und die koordinierte Einordnung bestehender Institutionen, Gremien und Netzwerke, um die fachliche Qualität und die entsprechenden Verantwortlichkeiten zu gewährleisten.

 

Für die Erarbeitung des Konzeptes ist es wichtig, dass die Stelle  Sozialpädagoge/-in mit Schwerpunkt der Steuerung und Koordinierung der Prävention im Gesundheitsamt wieder besetzt wird. Diese Stelle würde eng  mit dem Amt für Jugend und Soziales, dem Amt für Schule und Sport sowie den anderen Netzwerkpartnern zusammenarbeiten und eine gute Basis für eine gezielte Präventionsarbeit für Kinder und Jugendliche bieten.

 

 

 

 

 

Dr. Liane Melzer

 

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Anlagen

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Beschlüsse

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19.09.2012 - Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration - zur Kenntnis gegeben