Antrag - 2012/AN/3144

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag:

Die Bürgerschaft beschließt, Herrn Dr. Joachim Gauck das Ehrenbürgerrecht der Hansestadt Rostock zu verleihen.

Reduzieren

Beschlussvorschriften:

§2 Satzung über Ehrungen verdienstvoller Persönlichkeiten durch die Hansestadt Rostock

 

Sachverhalt:

Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts ist die höchste Auszeichnung, die die Hansestadt Rostock vergibt. Dieses ist Ausdruck der Würdigung von Persönlichkeiten, die außergewöhnliche und bleibende Verdienste um die Hansestadt Rostock erworben und die darüber hinaus mit Ihrem Wirken überregionale Bedeutung erlangt haben.

 

Dr. Joachim Gauck verleiht mit hohem persönlichem Einsatz, mit unerschütterlichem Mut und Engagement der Demokratie, der Freiheit und der persönlichen Selbstbestimmung sowie der Verantwortung seine Stimme. In allen Jahren seines Schaffens hat er stets seine Liebe zur Heimatstadt Rostock kundgetan und sich in besonderer Weise für diese Stadt verdient gemacht. Der Name Dr. Joachim Gauck ist mit der jüngeren Rostocker Geschichte verknüpft wie kaum ein zweiter. Daher sollte ihm das Ehrenbürgerrecht verliehen werden.

 

Dr. Joachim Gauck wurde am 24. Januar 1940 in Rostock als Sohn eines Kapitäns und einer gelernten Bürofachfrau geboren. Nachdem er seine ersten fünf Lebensjahre in Wustrow verbracht hatte, kehrte die Familie zurück nach Rostock, wo er 1946 in einer Behelfsschule im Stadtteil Brinckmansdorf eingeschult wurde und 1958 sein Abitur absolvierte. Schon in jungen Jahren musste er die Deportation seines Vaters durch die stalinistischen Machthaber erleben. Dieses prägende Ereignis hat den sein Leben begleitenden Einsatz für Gerechtigkeit und Freiheit mitbegründet. Die Distanz zum SED-Regime beeinflusste auch seine Berufswahl.

Nach seinem Theologiestudium an der Universität Rostock wurde Dr. Joachim Gauck als Pfarrer in Lüssow bei Güstrow und später im Neubaugebiet Rostock-Evershagen durch seine offenen und kritischen Worte bekannt.  In der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche war er Leiter der Kirchentagsarbeit Mecklenburgs. Zu dem war er Rostocks Kreis- und Stadtjugendpfarrer.

 

1989 gehörte er zu den Mitbegründern des „Neuen Forum“ und war dort Mitinitiator des kirchlichen und öffentlichen Widerstandes gegen die SED-Diktatur. Er leitete wöchentliche Gottesdienste mit anschließenden Großdemonstrationen in Rostock. Im März 1990 zog Herr Dr. Gauck als Abgeordneter der Bürgerbewegung in die Volkskammer ein und wurde zum Vorsitzenden des Parlamentarischen Sonderausschusses zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit gewählt.

 

Am 3. Oktober 1990 beriefen ihn der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker und der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl nach der Wahl durch die Volkskammer zum „Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes“. Hier machte sich Dr. Joachim Gauck um die politische, juristische und historische Aufarbeitung der Verbrechen des sozialistischen Systems in der DDR verdient und wurde 1995 für die zweite Amtsperiode wiedergewählt. Unter seiner Verantwortung kam es zu keiner Überführung des Stasi-Aktenmaterials ins Karlsruher Bundesarchiv oder sogar zu einer Vernichtung. Mit der Möglichkeit einer Akteneinsicht  wurde z. B. eine unverzichtbare Grundlage  für den Rechtsanspruch Geschädigter auf Rehabilitation eingelegt.

Nach seinem Ausscheiden aus dieser Behörde kämpfte er weiter für Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit. Seit 2003 ist er Vorsitzender des gemeinnützigen Vereines „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“, der sich gegen politischen Extremismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und die Ausgrenzung von Minderheiten engagiert. Schon 1999 verlieh ihm die Theologische Fakultät der Universität Rostock die Ehrendoktorwürde. Außerdem zählt er zu den Erstunterzeichnern der Prager Erklärung von 2008 sowie der Erklärung über die Verbrechen des Kommunismus von 2010.

 

Er wurde am 21.02.2012 als ein von einem breiten Parteienbündnis getragener  gemeinsamer Kandidat für die Wahl des Bundespräsidenten vorgeschlagen. Breite Zustimmung erfährt er ebenso aus der Bevölkerung.

 

Der Rostocker Dr. Joachim Gauck war während der Zeit der friedlichen Revolution einer der Aktiven in der Bürgerbewegung der Hansestadt.

Auch er gab den „Sprach- und Mutlosen“ eine Stimme. Durch seine gelebte Opposition zur DDR-Führung und Aufarbeitung des DDR-Unrechts ist er ein beachtenswertes Beispiel dafür, wie ein Bürger unserer Stadt durch seinen persönlichen Einsatz entscheidend zum Wiedervereinigungsprozess beigetragen hat. Er verkörpert in besonderer Weise den Einsatz für Demokratie und Freiheit. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte in ihrer Rede zum

70. Geburtstag Dr. Joachim Gaucks fest: „…er hat sich in herausragender und auch in unverwechselbarer Weise um unser Land verdient gemacht – als Bürgerrechtler, politischer Aufklärer und Freiheitsdenker, als Versöhner und Einheitsstifter in unserem jetzt gemeinsamen Land.“

Sein Wirken und sein Namen sind mit der Hansestadt Rostock und dem Land Mecklenburg-Vorpommern verbunden. Zweifellos zählt er zu den Persönlichkeiten unserer Stadt, die dazu beitragen, die Hansestadt Rostock positiv zu assoziieren, so dass es auch im Interesse der Stadt liegt, diese Wirkung zu betonen. Dies wird ergänzt durch die wahrscheinliche Wahl zum 11. Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland.

 

Herr Dr. Joachim Gauck hat  mit Schreiben vom 4.12. 2011 an die Präsidentin der Bürgerschaft seine Zustimmung erklärt.

 

Es liegen zwei Anträge mit Unterschriften von 23 Bürgerinnen und Bürgern vor, Herrn

Dr. Joachim Gauck für seine außergewöhnlichen und bleibenden Verdienste um die Hansestadt Rostock  sowie seine bundesweite Anerkennung das Ehrenbürgerrecht zu verleihen.

Reduzieren

 

 

Karina Jens

Präsidentin

Reduzieren

Anlagen

Loading...

Beschlüsse

Erweitern

20.03.2012 - Hauptausschuss

Erweitern

04.04.2012 - Bürgerschaft - ungeändert beschlossen