Stellungnahme - 2011/AF/2775-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

 

Die Anfrage der FDP-Fraktion wurde in enger Abstimmung mit dem für die Luftreinhalteplanung zuständigen Landesumweltamt LUNG M-V (insbes. Fragen 1.-8.) beantwortet.

 

Nr.

Frage

 

1.

Welche Standorte für Messstationen an der L22 gibt es?

 

Es gibt 2 Standorte:

-          Am Strande (Details zum Standort sind im Internet unter http://www.lung.mv-regierung.de/umwelt/luft/stat/stat35.htm einsehbar)

-          Holbeinplatz (Details zum Standort sind im Internet unter http://www.lung.mv-regierung.de/umwelt/luft/stat/stat36.htm einsehbar)
 

1.1. 

Wer hat diese ausgewählt?

 

Das Landesumweltamt LUNG M-V

1.2. 

Wie wurde dieser Standort ausgewählt und auf Grundlage welcher Vorgaben?

 

Die Auswahl erfolgte nach Vorgaben der EU-Richtlinie  1999/30/EG, die jetzt Bestandteil der Richtlinie 2008/50/EG (Artikel 7) ist; umgesetzt in nationales Recht durch die 39. BImSchV (§21, A3, A16). Zur Identifikation der Belastungsschwerpunkte wurden im Vorfeld Modellrechnungen der Belastungssituation vorgenommen und orientierende Messungen mittels Passivsammler durchgeführt.

2.     

Welche Werte wurden in Rostock seit Aufstellung der o.g. Messstation(en) gesammelt?

 

Die Frage ist nicht verständlich, entweder sind die erfassten Schadstoffkomponenten gemeint: Holbeinplatz: Stickstoffmonoxid, Stickstoffdioxid, Summe der Stickoxide, Feinstaub PM10, Benzol, Schwefeldioxid, Kohlenomonoxid, Ozon

Am Strande: Stickstoffmonoxid, Stickstoffdioxid, Summe der Stickoxide, Feinstaub PM10

Oder es sind die Jahresmittelwerte der einzelnen Komponenten während der vergangenen Jahre gemeint:

 

Holbeinplatz (seit 2008)

2006

2007

2008

2009

2010

2011
(noch nicht endgültig  validiert)

NO2 (µg/m³)

 

 

38

36

32

32

NO2  (Anzahl der Stunden mit Werten über 200 µg/m³)

 

 

0

0

0

0

PM10 (µg/m³)

 

 

21

24

25

27

PM10  (Anzahl der Tage mit Tagesmittelwerten über 50 µg/m³)

 

 

5

8

19

28

Benzol (µg/m³)

 

 

0,9

0,9

1,2

0,7

SO2 (µg/m³)

 

 

3

3

3

2

CO (mg/m³)

 

 

0,41

0,40

0,37

0,37

O3 (Anzahl der Tage mit 1-Std.-Mittelwerten oberhalb der Informationsschwelle von 180 µg/m³)

 

 

0

0

0

0

Am Strande

 

 

 

 

 

 

NO2 (µg/m³)

50

50

53

53

44

44

NO2  (Anzahl der Stunden mit Werten über 200 µg/m³)

0

1

0

2

1

0

PM10 (µg/m³)

36

28

27

28

31

33

PM10  (Anzahl der Tage mit Tagesmittelwerten über 50 µg/m³)

58

14

11

13

33

41

2.1. 

Welche davon entsprechen nicht den vorgegebenen Maximalwerten?

 

Vermutlich sind hier die Grenzwertüberschreitungen gefragt: sie sind in der oben stehenden Tabelle fett markiert.

3.     

Welche Grenzüberschreitungen sind im Jahresdurchschnitt relevant, welche nur zeitweise auftretend?

 

Alle Grenzwertüberschreitungen sind relevant  - die auf das Jahresmittel bezogenen Werte sind genauso relevant wie die Anzahl der Überschreitungstage von Tagesmittelwerten (z.B. PM10 ab 36 Tage im Jahr > 50 µg/m³), oder die Anzahl der überschrittenen Stundenwerte für NO2 (ab 19 Stunden im Jahr); die Einhaltung des letztgenannten Wertes stellte bisher kein größeres Problem dar.

4.     

Wie stellt sich die Situation im Städtevergleich dieser Messungen dar?

 

Die Messwerte aller bundesdeutschen Messstellen sind auf der Internetseite des UBA einsehbar bzw. auch als download unter http://www.env-it.de/luftdaten/documents.fwd?comp=NO2#NO2  erhältlich.

Rostock Am Strande befand sich 2010 und auch 2011 im unteren Mittelfeld, in den Vorjahren mit Werten >= 50 µg/m³ im oberen Mittelfeld.

5.     

Haben die vorgenommenen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Straße Am Strande Auswirkungen auf die Emissionsmessungen gezeigt? Welche und in welchem Umfang?

 

Grundsätzlich diente die erfolgte Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 auf 50 km/h auf der L 22 der Verbesserung der Verkehrssicherheit auf dieser Unfallhäufungslinie, sowie der Reduzierung der Lärm- wie auch der Schadstoffimmissionen.

Die Einführung der Geschwindigkeitsbegrenzungen fand erst Ende 2009 statt, die Werte des Jahres 2009 waren auf dem Niveau des Vorjahres. 2010 waren die Werte deutlich geringer, allerdings wird hier ein möglicher Effekt von den Bauarbeiten an der Vorpommernbrücke überlagert. In dem damit verbundenen reduzierten Verkehrsaufkommen wird der größere Einfluss auf die deutliche Belastungsabnahme in 2010 gesehen. Eine genaue Quantifizierung der Effekte ist aufgrund der Überlagerung nicht möglich. Gleiches gilt für 2011.

6.     

Wurde die besondere Verkehrssituation (Vorpommernbrücke / Sanierung L22) fachlich bewertet und entsprechend berücksichtigt?

 

Die besondere Verkehrssituation führte unter Auswertung der automatischen Verkehrszähldaten zu einer deutlichen Verringerung des DTVs (bis zu 10.000 Kfz/Tag weniger). Die Werte an der Messstelle waren entsprechend niedriger. Die Reduktion konnte auch bei der Modellierung der Situation 2010 reproduziert werden.

7.     

Konnte tatsächlich eine durchgängige funktionsfähige Ampel (LSA)-Optimierung zu einer "Grünen Welle" erreicht werden und hat dieses merkliche Auswirkungen auf die Emissionsmessungen gezeigt?

 

Auf der L22 im Bereich zwischen Goerdeler-Str. und Dierkower Allee wurde aufgrund der Unfallhäufigkeit und der Umweltsituation die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 auf 50 km/h mit dem Ziel der Reduzierung der Lärm- und NO2-Immissionen sowie der Unfälle verkehrsrechtlich angeordnet. Durch die niedrigere Geschwindigkeit wurde eine Anpassung der Signalprogramme aller LSA  auf die neue Progressionsgeschwindigkeit der Grünen Welle erforderlich. Um eine Koordinierung in beide Richtungen zu gewährleisten, war es erforderlich die Grüne Welle (GW) im Bereich Friedrichstraße-Kabutzenhof zu trennen (dies war vorher auch schon so). Trotz der Reduzierung der zul. Höchstgeschwindigkeit konnte die GW so eingestellt werden, dass ein harmonischer Verkehrsfluss gewährleistet ist. In Auswertung von Geschwindigkeitsmessungen, u. a. der sogenannten v85-Messung, ist erkennbar, dass eine Reduzierung der gefahrenen Geschwindigkeiten auf der L 22 erfolgte. Betrug der Wert der durchschnittlich von 85 % der gemessenen Fahrzeuge in einem repräsentativen Erhebungszeitraum von 24 Stunden gefahrenen Geschwindigkeit in 2008 noch 65 km/h, so lag dieser Wert im Ergebnis einer Messung vom September 2009 nur noch bei 53 km/h. Bei Einhaltung der Progressionsgeschwindigkeit beträgt die mittlere Reisegeschwindigkeit über die 8 km lange Strecke gegenwärtig ca. 40 km/h (vorher 39,5 km/h). Dies ist ein Beleg dafür, dass der Verkehrsfluss harmonisiert und die Wartezeiten an Ampeln reduziert wurden.

Inwieweit die Verkehrsflussharmonisierung zu merklichen Auswirkungen auf Immissions-messungen geführt hat, ist nicht darstellbar. 2010 waren die Werte deutlich geringer als in den Vorjahren. Wie bereits erwähnt, lassen die Überlagerungen mit den Bauarbeiten und dem damit verbundenen reduzierten Verkehrsaufkommen eine Quantifizierung der Einzelmaßnahmen nicht zu; gleiches gilt auch für das Jahr 2011. 

8.     

Welche Mindestauflagen (bzw. Messwertobergrenzen) müssen über welchen Zeitraum eingehalten werden?

 

Es gibt keine "Mindestauflagen". Die NO2-Grenzwerte sind ab 2010 verbindlich einzuhalten. Sollte die Kommission einer Fristverlängerung zustimmen, sind die Werte ab 2015 verbindlich einzuhalten. Während dieses Zeitraums wird dem Jahresmittel eine Toleranzmarge von 20 µg/m³ zugestanden; d.h. 60 µg/m³ dürfen dann nicht überschritten werden. Werte in dieser Höhe wurden in Rostock bisher nicht beobachtet.

8.1

8.2

Welche Konsequenzen drohen aus Verstößen gegen diese Mindestauflagen? In welcher Höhe würden wann über welchen Zeitraum Bußgeldzahlungen drohen?
Wer entscheidet über diese Konsequenzen?

 

Der EuGH stellt Vertragsverletzung fest, z.B. Nichtanwendung von EU-Recht. Im Falle der Nichteinhaltung der Grenzwerte droht der Bundesrepublik  ein Vertragsverletzungsverfahren, welches i.d.R. von Strafzahlungen begleitet ist. Die meisten Bereiche des Umweltschutzes sind jedoch dadurch gekennzeichnet, dass entweder die Gesetzgebungszuständigkeit ohnehin bei den Ländern liegt oder aber die tatsächliche Ausführung der Bundesgesetze von den Ländern zu leisten ist. Wird bei dieser Gesetzesdurchführung gegen EU-Recht verstoßen, werden die vom EuGH dafür verhängten Strafgelder nach den Bestimmungen des Artikels 104a Absatz 6 (LastG) Grundgesetz aufgeteilt. Die weitere Vorgehensweise richtet sich nach dem KLastG M-V. Ein fünfstelliger täglicher Betrag wäre auf kommunaler Ebene möglich.

9.   

 

 

10.  

Welche Möglichkeiten einer weiteren Reduzierung der Luftbelastung sind von Seiten des Amtes denkbar, die nicht weitere Einschränkungen des Verkehrsflusses beinhalten?
Welche konkreten Maßnahmen sind seitens der zuständigen Ämter vorgesehen?

 

Es geht bei den Maßnahmen nicht um die Einschränkung des Verkehrsflusses, sondern in erster Linie um eine Harmonisierung und Reduzierung des Verkehrsaufkommens im betroffenen Bereich auf der Grundlage des 2008 beschlossenen Luftreinhalteplans.

Die Ämter prüfen derzeitig ein Bündel von Maßnahmen, die dazu beitragen können, den Verkehr auf der L22 zu optimieren und zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem Maßnahmen des Verkehrsmanagements und der besseren Information, z.B. über den Emissionsbeitrag von Kfz (Kampagnen), der  Verkehrsverlagerung (z.B. Attraktivitäts-steigerung der Warnowquerung durch ein verbessertes Mautgebührensystem) sowie Stärkung des Umweltverbundes durch Aufrechterhaltung und Ausbau des ÖPNV-Systems. Es geht aber auch darum, im Zuge aktueller städtebaulicher Planungen und Maßnahmen, die Belange der Luftreinhaltung stärker zu berücksichtigen und die Schaffung neuer Konflikte (z.B. Schluchtenbildung) entlang der L22 zu vermeiden.

Die Umsetzung der Maßnahmen des LRP richtet sich zunächst auf den Schwerpunkt umweltdatenbasiertes Verkehrsmanagementsystem (M7). Neben den Projekten zum Aus- und Umbau von Straßen, Schienen und sonstigen Verkehrsbauten ist die Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsträger ein zentrales Anliegen der Rostocker Verkehrspolitik. Als wesentlicher Baustein zur optimalen Ausnutzung der vorhandenen Ressourcen durch Verkehrssteuerung, um ein Angebot attraktiver Übergangsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Verkehrsmitteln zu unterbreiten sowie Verkehrsinformationen für die Öffentlichkeit bereitstellen zu können, wird ein in der HRO zu etablierendes dynamisches Verkehrsmanagementsystem entwickelt. Das dynamische Verkehrsmanagementsystem ist eine geeignete Steuerungskomponente, welche bei einer Kopplung mit umweltorientierten Planungsstrategien einen Beitrag zur Reduzierung von Schadstoffimmissionen leisten kann. Beim Aufbau des Verkehrsmanagementsystems ist  zunächst die aktuelle Verkehrs- und Umweltlage (z.B. über die Dauerzählstellen und die in 2011 beschafften bluetooth-Sensoren) zu erfassen und in einem weiteren Schritt der Verkehrszufluss an den kritischen Strecken entsprechend zu steuern.

Über weitere Maßnahmen wird 2012 diskutiert werden müssen.

 

11. 

Inwieweit sind die Maßnahmen aus oben genannten Lohmeyer-Bericht (Punkt 6.2 f.) zur Umsetzung vorgesehen? Da diese keine gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen sind, sind sie lediglich als vorsorgende Maßnahme zu werten?

 

Die Minderungs­szenarien des Lohmeyer-Berichts von 2011 setzen verschiedene DTV-Reduktionen an; hierbei wird insbesondere auf den  Punkt M7 des LRP (seit 2008 in Kraft) abgehoben, der den Ausbau eines dynamischen Verkehrsmanagementsystems zur Lenkung der Verkehrsflüsse auf den äußeren und inneren Hauptverkehrsstraßen unter Berücksichtigung aktueller Verkehrs- und Luftmessdaten zum Ziel hat. Die Umsetzung der höchsten Reduzierungen ist allein mit dem dynamischen Verkehrsmanagementsystem jedoch nicht zu realisieren. Im Sinne der mittel- bis langfristigen Luftschadstoffminderungsstrategie bildet die Steigerung der Nutzungsanteile im Umweltverbund einen wichtigen Baustein. Daneben spielt auch die stärkere Nutzung der Warnow-Querung (M6 LRP-HRO) eine wichtige Rolle. Die darüber hinausgehenden Maßnahmen sind als Empfehlungen zu werten.

 

12. 

Umweltzonen (35. BImSchV) sind keine bundesrechtliche Vorschrift, Rostock hat im Gesamtblick nicht die Probleme größerer Städte. Auf welcher Grundlage soll diese basieren?

 

Die Maßnahme Umweltzone zielt auf eine Flottenerneuerung insbesondere von Dieselfahrzeugen, die in größerem Maße zur Belastung der Luft durch Partikel und NO2-Direktemissionen beitragen. Das betrifft in erster Linie ältere Nfz. Entlastungseffekte ließen sich alternativ wahrscheinlich auch durch Zeitfenster für Nfz. außerhalb der Spitzenbelastung erreichen. Dazu werden 2012 weitere Prognosen berechnet.

 

Die Einrichtung von Umweltzonen basiert auf  bundesrechtlichen Vorschriften. Aus verkehrsrechtlicher Sicht kommt  der § 41  Absatz 1 der StVO „Zeichen und Zusatzzeichen“ zur Anwendung und hier das Ge- und Verbotszeichen Nr. 270.1 „Beginn einer Verkehrsverbotszone zur Verhinderung schädlicher Luftverschmutzung“.

Das Verbot richtet sich an Kraftfahrzeugführer, die mit ihren Fahrzeugen innerhalb einer so gekennzeichneten Zone, bei Anordnung von Maßnahmen zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes, nicht am Verkehr teilnehmen dürfen.

Die Ausnahme ist geregelt durch das Zusatzzeichen“ Freistellung von Verkehrsverbot nach § 40 Abs. 1 des BImSchG“. Umweltzonen gibt es in über 40 Städten und Ballungsräumen Deutschlands, u.a. in Potsdam, Halle und Leipzig.

 

13. 

Wie wird die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs sichergestellt?

 

Die Maßnahmen im Rahmen Luftreinhaltung zielen auf die Reduzierung der NO2-Belastung und damit auch auf eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens im Bereich ab. Dies geht dann i.d.R. auch mit einer Verstetigung des Verkehrs im betroffenen Bereich einher.

Die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs ist durch ein entsprechend modifiziertes LSA - Konzept und durch das einheitlich vorgegebene Tempolimit 50 km/h auf der L 22 gesichert.

 

 

 

 

 

Holger Matthäus

 

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01.02.2012 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben