Stellungnahme - 2010/AN/0927-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Der o. g. Beschlussvorschlag ist in der vorliegenden Fassung nicht umsetzbar.

 

 

Begründung:

Das Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V) vom 13. Februar 2006 in der Fassung des ersten Änderungsgesetzes vom 16. Februar 2009 weist, wie seine Vorgängergesetze, im § 52 – „Rechtsstellung der Schulen“, Abs. 1 aus:

„Die Schulen in öffentlicher Trägerschaft sind nichtrechtsfähige öffentliche Anstalten. Sie sind im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel befugt, Rechtsgeschäfte für ihre Träger abzuschließen.“


Dienstrechtliche oder aufsichtsrechtliche Abhängigkeiten zwischen dem Schulträger und den Schulleitungen sieht das Schulgesetz nicht vor.

Im Rahmen der Novellierung des Schulgesetzes vom 16. Februar 2009 war zunächst landesseitig versucht worden, diesen Zustand zu ändern und dienst- und verwaltungsrechtlich belastbare Grundlagen für Teile schulischer Selbstständigkeit in finanziellen und materiellen Schulträgerangelegenheiten zu schaffen.

Dieses Anliegen ist aufgrund ungelöster Probleme dienstaufsichtlicher sowie verwaltungs-, finanz- und vergaberechtlicher Art landesseitig in der Schulgesetznovellierung nicht umgesetzt worden. Während eine teilweise personalrechtliche Selbstständigkeit (immer bezogen auf das unterrichtende Personal als Landesbedienstete) von Schulen geregelt wurde, fehlen solche belastbaren Regelungen in Bezug auf das nicht unterrichtende Personal, sowie auf die finanz- und beschaffungsrechtlichen Fragen.

Davon unabhängig, hat die Hansestadt Rostock bereits in der Vergangenheit erfolgreich nach Möglichkeiten gesucht, den von ihr getragenen Schulen partielle Selbstständigkeiten in der Sach- und Finanzmittelbewirtschaftung im Rahmen von Auslegungsspielräumen schulverwalterischer Rechtssprechung zuzuordnen.

So hat die Hansestadt Rostock bereits im Schuljahr 1996/97 den Schulleitern Teilaufgaben zur Eigen­bewirtschaftung von Sachmitteln übergeben. Dazu wurden die ehemals schulartenbezogenen Haushaltspläne der Hansestadt Rostock auf Haushaltspläne je Schule umgestellt. Die Schulen erhielten gleichzeitig die Beschaffungskompetenz im Rahmen von Nebenvergabe­stellen in der Hansestadt Rostock.

Ein weiterer Schritt zur Erhöhung der materiellen und finanziellen Selbständigkeit von Schulen wurde 2003 mit der flächendeckenden Einführung der Budgetierung erreicht. Als Budgetverantwortlicher erhielt die Eigenverantwortung der Schulleiter im Umgang mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ein höheres Maß an Flexibilität.


Ab dem Haushaltsjahr 2006 versagte die Rechtsaufsichtbehörde der Hansestadt Rostock aus bekannten Gründen die Genehmigung zur weiteren Budgetierung und widerrief die erteilten Ausnahme­geneh­migungen für die Steuerungselemente in der Budgetierung. Im Hinblick auf die finanzielle Situation der Hansestadt Rostock, insbesondere der Verpflichtung noch Altschulden abzubauen, scheint eine Lockerung des Haushalts­rechtes durch die Rechtsaufsichtsbehörde auch derzeitig nicht absehbar zu sein. Damit sind und bleiben die Möglichkeiten einer flexibleren Haushaltsführung stark eingeschränkt.

Grundsätzlich ist die Bereitstellung der finanziellen Mittel für die personelle (nicht unterrichtendes Personal) und sächliche Ausstattung der Schulen an den jeweiligen Finanzrahmen des Haushaltes der Hansestadt Rostock gebunden. Auf  der Grundlage jährlich vergebener und in der Regel sinkender Eckwerte (ausgenommen für gesetzlich abzusichernde Ausgaben, wie Schülerbeförderung, Schullastenausgleich) erhält die jeweilige Schule bezogen auf die tatsächlichen Schüleranzahlen die Planungsentwürfe für das Haushaltsjahr.

Innerhalb dieses Finanzvolumens können Schulleiter der Schulen der Hansestadt Rostock auch derzeit Prioritäten für ihre Einrichtungen setzen, wobei die durchschnittlichen Sätze pro Schüler für Lernmittel und Lehr- und Unterrichtsmittel schulartbezogen durch das Amt für Schule und Sport im Rahmen der Haushaltsvorgaben ermittelt werden.

Bei den schülerbezogenen Ausgaben wären ggf. noch geringfügige Spielräume zur Erweiterung der Selbstständigkeit erkennbar. Es wäre bei diesem Verfahrensweg jedoch damit zu rechnen, dass die schülerbezogenen Ausgaben für Lernmittel sowie Lehr- und Unterrichtsmittel in gleichen Schularten innerhalb der Hansestadt Rostock zukünftig stark schwanken, wenn die derzeitige Steuerung durch das Amt für Schule und Sport wegfällt.

Trotz der Gesamtheit der widrigen schulgesetzlichen Rahmenbedingungen zum weiteren Ausbau finanzieller und materieller Selbstständigkeit von Schulen wurden selbst unter den derzeit restriktiven Haushaltsbedingungen nachfolgende Haushaltspositionen für die jeweiligen Schulen weitestgehend eigenständig bewirtschaftend ausgestaltet:

 

16710000

Eigenanteil der Eltern gemäß Grenzbetragsverordnung

50100000

Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen

52000000

Arbeitsgeräte und -maschinen

52100000

Gebäudezubehör

52200000

Zimmerausstattungen

52900000

Sonstige Gebrauchsgegenstände

57200000

Medizinischer Sachbedarf

57300000

Werkstättenbedarf

57600000

Aufwendungen für Kopierleistungen

57620000

Lernmittel

57630000

Gebrauchs- und Verbrauchsmittel der Kinder und Schüler

57690000

Schulwandern, Ausflüge, Feriengestaltung

57720000

Schülerpreise, Schulfeiern, sonstige Schulveranstaltungen

58000000

Lehr- und Unterrichtsmaterial

58110000

Lehrbücherei und Fachzeitschriften der Lehrer

58130000

Schulbedarf

65010000

Bürobedarf

65020000

Vordrucke

65210000

Fernmeldegebühren

 

 

Die Übertragung komplexer Beschaffungsvorgänge, nicht nur für schülerbezogene Sachmittel, sondern auch für Dienstleistungen, wie Reinigung, Schülerspeisung, Müllabfuhr, Energiebewirtschaftung u.v.a.m. setzt neben technischen Voraussetzungen spezielle und komplexe Kenntnisse und Fähigkeiten im Vergabe- und Haushaltsrecht voraus.

Dies ist aus gegenwärtiger Sicht weder bei den Schulleitungen, noch bei dem nicht unerrichtenden Personal vorhanden. Entsprechend regelmäßige Schulungen landesseitig sind weder jetzt, noch zukünftig vorgesehen.

Auch Finanzzuweisungen des Landes zu Gunsten der Schulträger – etwa im Rahmen des Konnexitätsprinzips sind nicht vorgesehen und derzeit nicht zu erwarten. Kostenintensive Finanzierungsmöglichkeiten für Ausbildung und Qualifizierung dieses umfangreichen Personalkreises seitens der Hansestadt Rostock sind gleichfalls nicht erkennbar.

Davon unberührt würde die Übertragung dieser Aufgaben auf das nicht unterrichtende Personal an den Schulen der Hansestadt Rostock sofortige Veränderungen in der Bewertung und Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und daraus resultierende erhebliche Mehrkosten an Personalaufwendungen nach sich ziehen.


Das bis dato praktizierte Ausschreibungsverfahren für die Gesamtheit aller Schulen ermöglichte bisher die Erzielung von erheblichen Rabatten. Dies wird mit der mit o.g. Beschlussvorschlag eingeforderten Verfahrensweise dann nicht mehr möglich sein:

-          die Leistungen werden insgesamt teurer

-          bei den Lehrbüchern entsteht  eine noch größere Vielfalt innerhalb der Hansestadt Rostock, die zu noch mehr Forderungen an den Schulträger bei Lehrerwechseln führen und den Schülern einen Schulwechsel zusätzlich erschweren wird

-          der Abschluss preiswerter Wartungsverträge wird nicht mehr möglich, wenn Schulen  eigenständig technisches Gerät bei einer Vielzahl von Firmen und einer Vielzahl von Herstellern erwerben.

 

Die Müllabfuhr unterliegt ohnehin dem Anschlusszwang in der Gemeinde. Die finanziellen Mittel hierfür sind feste Planungsgrößen und bieten keinen Handlungsspielraum. Die Vergabe der Schülerspeisung wurde im Rahmen einer Dienstleistungskonzession (unter Beteiligung von Eltern- und Schülervertretungen) vergeben, um an allen Rostocker Schulen nahezu gleiche Bedingungen nach Art, Umfang und Preis zu gewährleisten.

Die Energiebewirtschaftung unterliegt vielen äußeren Einflüssen (z. B. der Witterung, unvermuteten Beschädigungen an Rohrleitungen und Heiztrassen u. ä.). Schwankungen bei den Ausgaben im Energiesektor in kostenintensiven Höhen können nur innerhalb des Deckungsringes der Hansestadt Rostock leichter ausgeglichen werden. Der knapp bemessene Finanzrahmen einer einzelnen Schule lässt dies nicht zu.

Die  Abwicklung aller haushaltsmäßigen Vorgänge, angefangen von der Beschaffung bis hin zur Buchung und Verwaltung der Rechnungsvorgänge erfordert zum einen noch qualifizierteres nicht unterrichtendes Personal mit dann deutlich höheren Personalkosten und eine rechentechnische Vernetzung aller Schulen mit dem zentralen Rechner der Hansestadt Rostock. 

In Erkenntnis dieser Gesamtsituation kommt das Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern in § 73 – Selbstverwaltung der Schule, Abs. 1 zu der Aussage:


„Die Entscheidungen der Schule werden nach Maßgabe der folgenden Vorschriften von den Konferenzen und der Schulleiterin oder dem Schulleiter getroffen. Die Entscheidungen finden ihre Grenze darin, dass die personellen, sächlichen und haushaltsmäßigen Voraussetzungen zu ihrer Ausführung gegeben sein müssen.“

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Hansestadt Rostock die Ausgestaltung materieller und finanzieller Selbstständigkeit der Schulen im Rahmen gegebener Entscheidungsfelder auch zurückliegend bereits nach Maßgabe der haushalterischen Möglichkeiten vorgenommen hat und dies schrittweise weiter prüft.

Im Rahmen dieses Ausgestaltungsprozesses wurde u.a. auch bei einer erneuten Abstimmungsberatung der Senatorin für Jugend und Soziales, Gesundheit, Schule und Sport Kultur am 3. Februar 2010 vereinbart, eine zeitweilige Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern von Schulleitungen aller Schularten und von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung der Hansestadt Rostock zu bilden, die unter Abwägung aller Vor- und Nachteile und der finanziellen Möglichkeiten prüft, ob ggf. einzelne zusätzliche Elemente materieller und finanzieller Selbstständigkeit möglich sind.

Unabhängig von allen vorausgegangenen Ausführungen wäre der o. g. Beschlussvorschlag auch bezüglich der getroffenen Auswahl von Schularten zu hinterfragen. – So wären und sind natürlich auch die kommunal getragenen Grundschulen und erst recht die kommunal getragenen Beruflichen Schulen gleichermaßen zu berücksichtigen.

 

 

 

In Vertretung



Holger Matthäus
Senator für Bau- und Umwelt

 

 

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03.03.2010 - Ausschuss für Schule, Hochschule und Sport