Stellungnahme - 2009/AF/0751-01 (SN)
Grunddaten
- Betreff:
-
Johann-Georg Jaeger (für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Entwicklung der Kommunalfinanzen der Hansestadt Rostock infolge der Maßnahmen der Bundesregierung
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlage freigegeben:
- 08.01.2010
- Vorlageart:
- Stellungnahme
- Federführend:
- Finanzverwaltungsamt (vor 31.10.2018)
- Beteiligt:
- Senator für Finanzen, Verwaltung und Ordnung
- Fed. Senator/in:
- S 2, Georg Scholze
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Bürgerschaft
|
Kenntnisnahme
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|
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27.01.2010
|
Sachverhalt:
1.
Mit welcher Entwicklung der
Steuereinnahmen rechnet die Verwaltung im Jahr 2010 im Vergleich zu 2009?
(Bitte gesplittert nach den einzelnen Steuerarten)
Entsprechend den in den Planentwurf 2010 eingearbeiteten
Zahlen wird mit folgendem Steueraufkommen gerechnet:
Steuerart |
Plan 2009 (EUR) |
Plan 2010 (EUR) |
Entwicklung Plan 2010 / Plan 2009 |
Grundsteuer A und B (Hebesatz: 300 bzw. 450 %) |
20.170.800 |
20.570.000 |
+ 579.200/ + 2 % |
Gewerbesteuer (Hebesatz: 450 %) |
59.150.000 |
58.800.000 |
- 350.000/ - 0,6 % |
Gemeindeanteil an der Einkommensteuer |
31.726.000 |
28.645.600 |
- 3.080.400/ - 9,7 % |
Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer |
9.428.000 |
9.600.000 |
+ 172.000/ + 1,8 % |
andere Steuern und steuerähnliche Einnahmen |
1.857.000 |
1.885.000 |
+ 28.000/ + 1,5 % |
Steuereinnahmen gesamt |
122.331.800 |
119.555.000 |
- 2.776.800 - 2,2 % |
2.
Mit welchen Mindereinnahmen rechnet die
Verwaltung 2010 infolge der von der großen Koalition in 2009 beschlossenen
Steuererleichterungen nach Maßgabe des Konjunkturpaketes I, des
Konjunkturpaktes II und des Bürgerentlastungs-gesetzes? Welche Mindereinnahmen
werden in Jahren bis 2014 zu verzeichnen sein?
Die erwarteten Steuermindereinnahmen
der Kommunen aus beiden Konjunkturpaketen betragen nach den Berechnungen des
Bundesfinanzministeriums in der vollen Jahreswirkung zusammen rund 2,15 Mrd.
EUR pro Jahr.
Durch das Bürgerentlastungsgesetz
Krankenversicherung resultieren für die Kommunen im Durchschnitt der Jahre 2010
bis 2013 Mindereinnahmen von jährlich knapp 1,5 Mrd. EUR beim Gemeindeanteil an
der Einkommensteuer.
Diese Steuermindereinnahmen sowie
die finanziellen Auswirkungen durch weitere Steuerrechtsänderungen sind durch
den Arbeitskreis Steuerschätzung bei der November-Steuerschätzung für das in
2010 zu erwartende Steueraufkommen berücksichtigt worden. Daneben wurde bei der
Steuerschätzung auch die erwartete gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die
maßgeblich durch die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, das Niveau der
Bruttolöhne und –gehälter und die Unternehmens- und Vermögenseinkommen
bestimmt wird, berücksichtigt.
Auf der Grundlage der
bundesweiten Steuerschätzung wurde durch das Finanzministerium M-V eine
regionalisierte Steuerschätzung für 2010 erarbeitet. Dabei wurde von folgender
in der Tabelle aufgezeigten Entwicklung ausgegangen:
Steuerart |
Entwicklung lt. reg. Steuerschätzung M-V 2010/2009 |
Entwicklung Plan 2010 / Plan 2009 |
Grundsteuer A und B (Hebesatz: 300 bzw. 450 %) |
+ 1,3 % |
+ 579.200/ + 2 % |
Gewerbesteuer (Hebesatz: 450 %) |
*) + 1,4 % |
- 350.000/ - 0,6 % |
Gemeindeanteil an der Einkommensteuer |
*) - 9,7 % |
- 3.080.400/ - 9,7 % |
Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer |
+ 1,9 % |
+ 172.000/ + 1,8 % |
andere Steuern und steuerähnliche Einnahmen |
+/- 0 % |
+ 28.000/ + 1,5 % |
Steuereinnahmen gesamt |
*) - 2,5 % |
- 2.776.800 - 2,2 % |
*)
mit Berücksichtigung der Mindereinnahmen durch das
Wachstumsbeschleunigungsgesetz
Die voraussichtlichen
Steuereinnahmen der Kommunen im mittelfristigen Planungszeitraum 2011 bis 2013
werden erst durch die jährliche Steuerschätzung im Mai 2010 neu prognostiziert.
Bei der Planung der
Steuereinnahmen für den Haushalt 2010 sowie die Finanzplanung wurde die
regionalisierte Steuerschätzung für die Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern
zugrunde gelegt und darüber hinaus vorhandene örtliche Besonderheiten
entsprechend berücksichtigt.
Hinsichtlich der Gewerbesteuer
ist anzumerken, dass sich das Aufkommen in 2009 nicht so negativ wie durch die
Steuerschätzung ursprünglich prognostiziert, entwickelt hat. Dafür wird jedoch
in 2010 mit einem geringen Rückgang des Aufkommens gerechnet. Dieser wird
maßgeblich verursacht durch die erwarteten Veranlagungen für das durch die
Wirtschaftskrise am meisten betroffene Jahr 2008 sowie
Vorauszahlungsanpassungen nach unten für die Jahre 2009 und 2010.
3.
Mit welchen Mindereinnahmen rechnet die
Verwaltung aufgrund der Steuererleichterungen nach Maßgabe des von der neuen
Bundesregierung beschlossenen Wachstumsbeschleunigungsgesetzes 2010
differenziert nach Einkommenssteueranteilen, Umsatzsteueranteilen und
Gewerbesteuer? Welche Mindereinnahmen werden in den Jahren bis 2014 zu
verzeichnen sein?
Gemäß dem Haushaltserlass 2010
rechnet das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern für 2010 mit ca. 8 Mio. EUR
Mindereinnahmen aus dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, wovon 4 Mio. EUR auf
den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und 4 Mio. EUR auf die Gewerbesteuer
entfallen. Für die Hansestadt Rostock bedeutet das zusätzliche Einnahmeverluste
in Höhe von 538 TEUR beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und in etwa
gleicher Höhe auch bei der Gewerbesteuer. Für 2011 betragen die
prognostizierten Einnahmeausfälle 14 Mio. EUR, wovon ca. 1,75 Mio. EUR auf die
Hansestadt Rostock entfallen.
4.
Welche Auswirkungen werden die
steuerlichen Mindereinnahmen auf die Zuweisungen aus dem kommunalen
Finanzausgleich 2010 und Folgejahre für unsere Stadt haben?
Gegenwärtig kann nicht davon
ausgegangen werden, dass das Finanzausgleichsgesetz eine angemessene
Finanzausstattung der Hansestadt Rostock, als größte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern,
in Zukunft sicherstellt. Insbesondere durch den mit der Novellierung des FAG
2010 beibehaltenen Gleichmäßigkeitsgrundsatz (Entwicklung der Einnahmen der
Gemeinden und Landkreise aus Steuern und Finanzausgleichsleistungen zu den dem
Land verbleibenden Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen im Verhältnis 33,99 %
zu 66,01 %) ist künftig die Erfüllung von Pflichtaufgaben der Kommunen in Frage
zu stellen.
Zum Ausgleich konjunkturbedingter Mindereinnahmen plant das Land M-V 2010 und 2011 einen kommunalen Ausgleichsfonds bereitzustellen. Das Land beabsichtigt für die Finanzierung des Fonds Kredite aufzunehmen, die 2013 - 2015 zurückgezahlt werden müssen. Somit bedeutet der Ausgleichsfonds zwar eine kurzfristige Abfederung der angespannten Haushaltslage der Kommunen, die damit verbundene Rückzahlungspflicht belastet die Hansestadt Rostock zusätzlich zu den Altfehlbeträgen, deren Abbau durch das Innenministerium des Landes M-V angenommen wird.
Obwohl sich die Steuereinnahmen,
auch in der Hansestadt Rostock, in den letzten Jahren positiv entwickelt haben
weisen die Kommunen, insbesondere die kreisfreien Städte, erhebliche
Haushaltsdefizite aus. Die nach der jüngsten November-Steuerschätzung 2009 zu
erwartenden Einbrüche bei den Steuereinnahmen, die sich insbesondere in der zu
erwartenden drastischen Reduzierung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer
niederschlägt, die sich abzeichnenden steigenden Soziallasten und die in den
vergangenen Jahren angehäuften Altfehlbeträge führen dazu, dass zukünftig weder
die Erfüllung von Pflichtaufgaben der Kommunen noch die Sicherung kommunaler
Freiräume gegeben ist.
Entsprechend dem Erlass des
Innenministeriums M-V zur Haushaltsplanaufstellung 2010 vom 27. 11. 2009, dem
die Ergebnisse der Steuerschätzung vom November 2009 zugrunde liegen, entwickelt
sich die Höhe der Finanzausgleichsleistungen auf der Basis der mittelfristigen
Finanzplanung 2011-2013 des Landes M-V im Vergleich zu 2009 vorläufig wie
folgt:
- in Mio. EUR-
|
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
Finanzausgleichsleistungen |
1.315,3 |
1.132,3 |
1.071,2 |
1.100,2 |
1.126,9 |
+ geplante Aufstockung durch komm. Ausgleichsfond |
|
67,1 |
70,2 |
|
|
insgesamt: |
1.315,3 |
1.199,4 |
1.141,4 |
1.100,2 |
1.126,9 |
davon Anteil HRO |
151,5 |
147,4 |
147,4 |
147,4 |
147,4 |
In Auswertung des
Haushaltserlasses 2010 vom 27.11.2009, in dem die Berechnungen zur Aufstockung
durch die Einrichtung eines Kommunalen
Ausgleichsfons bereits berücksichtigt wurden, erhält die Hansestadt Rostock 2010
gegenüber dem Haushaltsjahr 2009 4,1 Mio. EUR weniger. Im Zusammenhang mit der
Kreisgebietsreform ist die Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes 2012
vorgesehen.
5. Mit
welchen Mehrkosten rechnet die Verwaltung im Jahr 2010 bei der Betreuung der
Hartz-IV-Bezieherinnen? Wieviel davon
ist auf die Entwicklung am örtlichen Arbeitsmarkt zurückzuführen. Wie hoch ist
der Anteil der Mehrkosten, der auf die Kürzung des Bundesanteils zurückzuführen
ist?
Wird der Bundesanteil an
den Kosten der Unterkunft und Heizung tatsächlich von 25,4 v. H. auf 23 v. H.
gekürzt, würden den geplanten Ausgaben 2010 nicht 16.154.700 EUR sondern nur 14.628.276 EUR
entgegen stehen, es käme also zu Mindereinnahmen von 1.525.424 EUR.
Der Bundesrat hat das
Gesetz zur Absenkung der Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und
Heizung im SGB II jedoch am 18.12.2009 gestoppt. Einer Information des
Deutschen Städtetages zufolge hat die Länderkammer den Vermittlungsausschuss
beauftragt, die Neuregelung zu überarbeiten. In der Begründung haben sich die
Bundesländer den Argumenten der kommunalen Spitzenverbände angeschlossen, dass
die Orientierung an der Zahl der Bedarfsgemeinschaften nicht sachgerecht sei.
Der Deutsche Städtetag hatte gefordert, dass die Beteiligungsquote an der
Entwicklung der tatsächlichen Ausgaben für Leistungen für Unterkunft und
Heizung im SGB II orientiert wird.
Die Entscheidung des
Vermittlungsausschusses bleibt abzuwarten.
In Vertretung
Dr. Liane Melzer
Senatorin für Jugend und Soziales, Gesundheit,
Schule und Sport, Kultur