Informationsvorlage - 2011/IV/2782

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Beratungsfolge

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bereits gefasste Beschlüsse:


1.   2009/BV/0683 – Umwandlung des Eigenbetriebes “Klinikum Südstadt Rostock“ in eine
      Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

2.  2011/AN/2597 – Variantenprüfung zur Rechtsformänderung des Klinikums Südstadt
      Rostock

 

Sachverhalt:

Variantenprüfung zur Rechtsformänderung des Klinikums Südstadt Rostock

Beschluss der Bürgerschaft vom 05.10.2011, 2011/AN/2597:

 

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, der Bürgerschaft zu ihrer Novembersitzung eine Variantenprüfung zur Rechtsformänderung des Eigenbetriebes Klinikum Südstadt vorzulegen, die beide jetzt gesetzlich möglichen Rechtsformen (GmbH und Kommunalunternehmen/Anstalt öffentlichen Rechts) betrachtet.

 

In die Betrachtung sollen einbezogen werden:

 

1. Kommunale Steuerungsmöglichkeiten

2. Kommunale Kontrollmöglichkeiten

3. Selbständigkeit

4. Wirtschaftlichkeit

5. Veräußerungsmöglichkeiten

6. Umwandlungskosten“

 

1. Ausgangssituation

 

Die Bürgerschaft hat im Jahre 2010 beschlossen, den Eigenbetrieb Klinikum Südstadt Rostock in eine GmbH umzuwandeln.


Der Oberbürgermeister hat diesem Beschluss mit Verweis auf Regelungen der alten Kommunalverfassung widersprochen, so dass er nicht umgesetzt wurde.

 

Am 05.09.2011 ist die neue Kommunalverfassung für Mecklenburg-Vorpommern in Kraft getreten. Der Grund für den Widerspruch des Oberbürgermeisters ist damit entfallen. Die Neufassung folgt dem Trend anderer Gemeindeordnungen, Gemeinden neben einer GmbH die Anstalt des öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung „Kommunalunternehmen“ als eine alternative Rechtsform für kommunale Unternehmen und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen (§§ 68 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, 70 ff. KV M-V).

 

Grundsätzlich stellen sich beide Rechtsformen im Vergleich wie folgt dar:

 

Vergleichskriterien

Kommunalunternehmen (AöR)

kommunale GmbH

gesetzliche Grundlage

§ 68 Abs. 4 i.V.m. §§ 70 ff. KV M-V

§ 68 Abs. 4 i.V.m. §§ 69 ff KV M-V, GmbHG

Rechtsnatur

juristische Person

des öffentlichen Rechts,

d.h. rechtlich und organisatorisch selbständig

juristische Person

des Privatrechts,

d.h. rechtlich und organisatorisch selbständig

Organe

Vorstand

Verwaltungsrat

Geschäftsführer/in

Gesellschafterversammlung

ggf. (s.u.) Aufsichtsrat

Leitung / gesetzl. Vertretung

Vorstand

Geschäftsführer/in

eigenes Regelwerk

Unternehmenssatzung

Gesellschaftsvertrag

Haftungsbegrenzung

Ja: Stammkapital

Ja: Stammkapital

Geschäftsanteile

nein

ja

 

Steuerlich können beide Rechtsformen als gemeinnützig anerkannt werden. Bei der GmbH wird dies durch den Zusatz „g“ ausgedrückt (gGmbH); dies ist jedoch eine rein steuerrechtliche Einordnung, auch eine gGmbH ist eine GmbH.

 

In jedem Fall wäre das Klinikum als gemeinnützige Körperschaft fortzuführen, da bei Aufgabe der Gemeinnützigkeit Ertragssteuern für die letzten 10 Jahre zu entrichten wären.

 

Aus systematischen Gründen wird im Folgenden die Reihenfolge der Prüfungspunkte verändert.

 

2. Selbständigkeit

 

2.1. Rechtspersönlichkeit

 

Wie der Vergleich zeigt, ergeben sich in Bezug auf die rechtliche Selbständigkeit keine wesentlichen Unterschiede: Beide Rechtsformen sind eigenständige von den Kommunen getragene juristische Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit und können selbständig agieren.

 

Dennoch bietet die GmbH für ein Krankenhaus einen wesentlichen Vorteil: als GmbH ist ein Krankenhaus in der Lage, Tochtergesellschaften zu gründen und so neue Möglichkeiten unternehmerisch sinnvoll zu nutzen, z.B. Gründung eines Pflegeheims oder einer Kindertagesstätte als Tochtergesellschaften.

2.2. Haftung

 

Für die GmbH besteht eine klare und bewährte Rechtslage: Es gelten die Vorschriften zur Kapitalaufbringung und –Erhaltung. Die Haftung der Gemeinde als Gesellschafter ist auf das Stammkapital beschränkt.

 

Für ein Kommunalunternehmen fehlen dagegen klare Regelungen.


Die neue Kommunalverfassung erklärt zwar diverse Vorschriften für entsprechend anwendbar, dies führt aber zu systematischen Problemen und damit zu einer unklaren und unsicheren Rechtslage, gerade hinsichtlich der Haftung der Gemeinde als Trägerin des Kommunalunternehmens.

 

In einigen Bundesländern trifft die Gemeinde als Trägerin des Kommunalunternehmens eine sog. Gewährträgerhaftung. Sie haftet danach für die Verbindlichkeiten des Kommunalunternehmens Dritten gegenüber zwar subsidiär, d.h. nachrangig, aber unbeschränkt. Die Gläubiger erhalten also eine Garantie des Kommunalunternehmens, dass ihre Ansprüche bedient werden, was im Allgemeinen dazu führt, dass die Kreditwürdigkeit dieser Organisationsform gegenüber einer kommunalen (g)GmbH höher bewertet wird.

 

In Mecklenburg-Vorpommern besteht dieser Vorteil jedoch nicht, weil nach § 70 Abs. 7 S. 2 KV M-V die Haftung der Gemeinde auf das Stammkapital beschränkt ist.

 

Für ein Kommunalunternehmen wäre zudem unklar, welche Regelungen für Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung gelten, welche persönlichen Risiken sich daraus für den Vorstand und die Mitglieder des Verwaltungsrates ergäben, ob nicht letztlich über § 71 Abs. 3 KV M-V doch die Gemeinde haftet und schließlich, ob die Regelung in § 70 Abs. 7 KV M-V (Haftungsbegrenzung auf das Stammkapital) überhaupt wirksam ist, wenn Grundsätze der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung sowie die sonstigen gläubigerschützenden Vorschriften (z.B. der Insolvenzordnung) nicht anwendbar sind.

 

2.3. Insolvenzfähigkeit, Zwangsvollstreckung

 

Auch zu Insolvenzfähigkeit und Zwangsvollstreckung besteht für die GmbH eine klare Rechtslage: Die GmbH ist insolvenzfähig; für die Zwangsvollstreckung gelten die allgemeinen Regelungen.

 

Für ein Kommunalunternehmen ist die Rechtslage nach der neuen Kommunalverfassung unklar:

 

-              Der entsprechend anzuwendende § 62 Abs. 3 KV M-V regelt, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinde nicht stattfindet. Damit ist ein Kommunalunternehmen nicht insolvenzfähig.

 

-              § 70 Abs. 7 KV M-V bestimmt, dass ein Kommunalunternehmen für seine Verbindlichkeiten mit seinem gesamten Vermögen haftet, die Gemeinde allerdings lediglich bis zur Höhe des einzuzahlenden Stammkapitals. Dies ist im Ergebnis nur möglich, wenn auch ein Kommunalunternehmen insolvenzfähig wäre.

 

Für ein Kommunalunternehmen sind damit wichtige Fragen ungeklärt:

 

-              Wie ist bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verfahren?

-              Wenn Insolvenzfähigkeit nicht gegeben ist: Nach welchen Regelungen soll/kann ein überschuldetes und/oder zahlungsunfähiges Kommunalunternehmen abgewickelt werden?

-              Wie ist sichergestellt, dass Gläubiger entsprechend der ihnen eingeräumten Sicherungsrechte (z.B. Eigentumsvorbehalt) gleichmäßig befriedigt werden?

 

Auch die Regelungen zur Zwangsvollstreckung nach § 70b Abs. 3 i.V.m. 62 Abs. 1 KV M-V mindern die Kreditwürdigkeit eines Kommunalunternehmens: Danach ist die Zwangsvollstreckung gegen ein Kommunalunternehmen wegen einer Geldforderung nur zulässig, wenn der Gläubiger zuvor eine Zulassungsverfügung der Rechtsaufsichtsbehörde erstreitet, es sei denn, dass es sich um die Verfolgung dinglicher Rechte handelt. Gläubiger werden deshalb stets auf eine dingliche Absicherung bestehen. Bei einer GmbH besteht dieses Problem nicht.

 

3. Kommunale Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten

 

Hier ist insbesondere auf die Rolle der einzelnen Organe beider Rechtsformen und die jeweils geltenden Regelungen einzugehen.

3.1. Organe der GmbH

 

Oberstes beschließendes Organ der GmbH ist die Gesellschafterversammlung. Zudem muss die GmbH einen oder mehrere Geschäftsführer haben (§ 6 Abs. 1 GmbHG).

 

Zusätzlich wäre in einer Klinikum Südstadt GmbH ein Aufsichtsrat zu bilden. Dieser kann in der Satzung der GmbH vorgesehen werden, so wie dies in dem bereits von der Bürgerschaft beschlossenen Gesellschafts­vertrag der Fall ist. Damit entspricht diese Satzung auch § 69 Abs. 1 Ziffer 4. KV M-V, wonach die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhalten muss und dieser durch Gesellschaftsvertrag, Satzung oder in anderer Weise zu sichern ist.

 

Die Kompetenzen der einzelnen Organe ergeben sich aus dem GmbH-Gesetz (GmbHG) und aus der Satzung:

 

Nach dem GmbHG und bereits beschlossenen Gesellschaftsvertrag (vgl. dort u.a. §§ 6 Abs. 4, 12) wäre die Geschäftsführung autonom zuständig für das alltägliche Krankenhausgeschäft. So könnten unternehmerische Entscheidungen in Detail- und Routineangelegenheiten zügig und flexibel getroffen und umgesetzt werden, was die Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebes und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit des Klinikums erhöhen würde.

 

§ 12 Abs. 1 des bereits beschlossenen Gesellschaftsvertrages der „Klinikum Südstadt Rostock GmbH“ enthält einen umfangreichen Katalog von insgesamt 24 Angelegenheiten, für welche die Gesellschafterversammlung zuständig ist. § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages stellt klar, dass die Geschäftsführung bezüglich dieser Gegenstände sowie bei grundlegenden Geschäften nicht ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung agieren darf. Angelegenheiten gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrates.

 

Nach § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages kann die Gesellschafterversammlung „nach Empfehlung durch den Aufsichtsrat eine Geschäftsanweisung an die Geschäftsführung beschließen“ und auf diese Weise deren geschäftliches Verhalten nachhaltig steuern, auch in den Angelegenheiten, für die die Geschäftsführung grundsätzlich autonom zuständig ist.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 des bereits beschlossenen Gesellschaftsvertrages hat der Aufsichtsrat umfassende Überwachungsaufgaben betreffend die „Rechtsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung“ sowie weitere wesentliche Gesellschafts­angelegenheiten.

 

Darüber hinaus ist gemäß § 10 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages vorgesehen, dass der Kontrolle halber Mitarbeiter/innen des Beteiligungscontrollings der Hansestadt Rostock an den Aufsichtsratssitzungen teilnehmen. § 11 des Gesellschaftsvertrages sichert eine uneingeschränkte Berichts- und Aufsichtspflicht gegenüber Gremien der Hansestadt Rostock.

 

Die Kontrolle der Gemeinde ist damit umfassend gesichert. Zugleich wird schnelles und flexibles Handeln und Agieren ermöglicht.

 

3.2. Organe des Kommunalunternehmens

 

Nach § 70a Abs. 1 KV M-V sind Organe des Kommunalunternehmens der Vorstand und der Verwaltungsrat. Das Organ des Aufsichtsrats kann in einem Kommunalunternehmen nicht gebildet werden.

 

Rolle und Tätigkeitsbereich des Vorstandes entsprechen denen der Geschäftsführung einer GmbH. Nach § 70a Abs. 2 KV M-V leitet der Vorstand das Kommunalunternehmen in eigener Verantwortung, soweit nicht gesetzlich oder durch die Unternehmenssatzung etwas anderes bestimmt ist.

 


Vorsitzendes Mitglied des Verwaltungsrates ist in einem Kommunalunternehmen der Bürgermeister, § 70 a Abs. 4 KV M-V. Die weiteren Mitglieder werden nach den Grundsätzen der Verhältniswahl von der Gemeinde bestimmt. Der Verwaltungsrat bestimmt die Richtlinien der Geschäftspolitik und überwacht die Geschäftsführung des Vorstandes, § 70a Abs. 3 KV M-V. Ihm obliegen damit Aufgaben und Kompetenzen, die bei einer GmbH der Gesellschafterversammlung bzw. dem Aufsichtsrat zugewiesen sind. § 70a Abs. 3 KV M-V einen Katalog von insgesamt 6 Angelegenheiten, über die der Verwaltungsrat entscheidet, wobei zum Teil die vorherige Zustimmung der Gemeindevertretung erforderlich ist.

 

Für alle Gegenstände, die über das alltägliche Krankenhausgeschäft hinausgehen, ist damit immer der Verwaltungsrat zuständig. Ein Organ entsprechend dem eines Aufsichtsrates einer GmbH, das in den Grenzen der Richtlinien der Gemeindevertretung relativ frei entscheiden kann, ggf. auch ohne dass noch die Gesellschafterversammlung bzw. der Verwaltungsrat befasst werden muss, ist nicht zulässig; es muss immer der gesamte Verwaltungsrat befasst werden.

 

Eine § 7 des Gesellschaftsvertrages entsprechende Regelung über zustimmungsbedürftige Geschäfte, die in der Zweiteilung weitgehend der Eigenbetriebssatzung entspricht (Klinikausschuss entspricht Aufsichtsrat), ist in einem Kommunalunternehmen nicht möglich.

 

Die organschaftliche Struktur eines Kommunalunternehmens erschwert damit schnelles Handeln und verlangsamt notwendige Entscheidungen.

 

Mangels einer Trennung entsprechend der in Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat bei einer GmbH gibt es im Kommunalunternehmen auch keine Trennung von Kontroll- und Überwachungsfunktion. Diese Form der Gewaltenteilung ist jedoch sehr sinnvoll, da Interessenkollisionen ausgeschlossen werden und die Kontrolle der Legislative (auch der Aufsichtsrat wird in der Regel aus Mitgliedern der Bürgerschaft besetzt) gegenüber der Exekutive (Bürgermeister) im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung weitgehend gesichert wäre, so wie dies bei der GmbH der Fall ist und – und dies ist zu betonen – wie dies der jetzt gültigen Eigenbetriebssatzung entspricht.

 

Auch im Vergleich zur jetzt gültigen Eigenbetriebssatzung wäre das Handeln des Vorstandes in einem Kommunalunternehmen deutlich schwerfälliger, da für zustimmungsbedürftige Geschäfte stets der gesamte Verwaltungsrat einschließlich des Bürgermeisters mit der Sache zu befassen wäre.

 

Weitere Vorgaben bezüglich der kommunalen Einwirkungsmöglichkeiten enthält die neue Kommunalverfassung M-V nicht; § 70 Abs. 5 S. 1 KV M-V n.F. bestimmt lediglich, dass die Gemeinde die Rechtsverhältnisse des Kommunalunternehmens durch eine Unternehmenssatzung regelt.

 

Im Gegensatz zur GmbH bestehen deshalb erhebliche Rechtsunsicherheiten. Mangels Anwendbarkeit des GmbHG müsste die Satzung des Kommunalunternehmens umfassende Regelungen enthalten, die die Vorschriften des GmbHG und des durch dieses in Bezug genommenen Aktiengesetzes (AktG) nachbilden. Soweit die Unternehmenssatzung diese Regelungen nicht enthält, stellt sich stets die Frage, welche Rechtsgrundsätze und Vorschriften anzuwenden sind.

 

Erschwert wird dies dadurch, dass hierfür sehr unterschiedliche Regelungen in Betracht kommen:

 

-              Vereinsrecht

-              Stiftungsrecht (auch die Stiftung hat einen Verwaltungsrat und ein vertretungsberechtigtes Organ, wobei im Stiftungsrecht auch die zusätzliche Installierung eines Aufsichtsrates möglich wäre)

-              GmbH-Recht

-              Recht der Aktiengesellschaften

 


In der Satzung eines Kommunalunternehmens wären daher Fragen, die sonst gesetzlich geregelt sind, umfassend nachzubilden bzw. bestehende gesetzliche Regelungen für andere Rechtsformen möglichst vollständig zum Gegenstand der Unternehmenssatzung zu machen. Dabei wären wichtige Grundentscheidungen zu treffen, da sich je nach den anzuwendenden Vorschriften grundlegende Unterschiede etwa zur Haftung der Gemeinde, des Vorstanden und der Mitglieder des Verwaltungsrates ergeben.

 

4. Wirtschaftlichkeit

 

Bewertungen zu Fragen der Wirtschaftlichkeit ergeben sich z.T. bereits aus den obigen Ausführungen.

 

Zu Wirtschaftsplan und Jahresabschluss regelt § 70 b Abs. 1 KV M-V, dass für das Kommunalunternehmen § 73 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 bis 5, 7 und 8 gelten, also die Regelungen wie für „große“ Kapitalgesellschaften, sowie das Kommunalprüfungsgesetz, § 53 HGrG und § 54 HGrG. Damit ergeben sich hierfür im Vergleich zu einer GmbH keine Unterschiede.

 

Darüber hinaus regelt § 70b Abs. 3 KV M-V, dass die Vorschriften des §§ 9 Abs. 2, 43 Abs. 1 der §§ 44, 45, 49, 53 bis 58 und 62 auf das Kommunalunternehmen entsprechend anzuwenden sind. Damit sind für ein Kommunalunternehmen zwingend Vorschriften (entsprechend) anzuwenden, die auf dieses nicht „zugeschnitten“ sind und zu erheblicher Rechtsunsicherheit und zu praktischen Problemen führen. Entsprechend anzuwenden wären:

 

-              § 9 Abs. 2 KV M-V,              Führen von Dienstsiegeln und Wappen

-              § 43 Abs. 1 KV M-V,              Haushaltsgrundsätze der Kommunen (wonach auch den
                                          Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
                                          sowie den Empfehlungen des Stabilitätsrats gemäß § 51 Abs. 1
                                          HGrG Rechnung zu tragen ist)

-              § 44 KV M-V,              Grundsätze der Erzielung von Erträgen und Einzahlungen

-              § 45 KV M-V,              Regelung zur Haushaltssatzung

-              § 49 KV M-V,              Regelung zur vorläufigen Haushaltsführung

-              § 53 KV M-V,              Kredite zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit

-              § 54 KV M-V,              Verpflichtungsermächtigungen

-              § 55 KV M-V,              Stellenplan

-              § 55a KV M-V,              langfristige Verpflichtungen

-              § 56 KV M-V,              Erwerb und Verwaltung von Vermögen, Veräußerung von Vermögen

-              § 57 KV M-V,              Sicherheiten und Gewährleistungen für Dritte, Darlehensgewährungen

-              § 58 KV M-V,              Gemeindekasse

-              § 62 KV M-V,              Zwangsvollstreckung und Insolvenzfähigkeit

 

Es wären also wesentliche Teile des Gemeindehaushaltsrechts auf das Kommunalunternehmen entsprechend anzuwenden. Wie dies bei einem Kommunalunternehmen hergestellt und gesichert werden soll, ist weitgehend unklar. Klar ist hingegen, dass die wirtschaftliche Betriebsführung umständlich und aufwendig würde. Schlanke, wettbewerbsfähige Verwaltungsstrukturen, wie bei der GmbH, wären in einem Kommunalunternehmen nicht möglich. Im Vergleich zur bestehenden Situation wäre dies ein Rückschritt.

 

Die positive Entwicklung der Wirtschaftlichkeit des Klinikums Südstadt Rostock, die sich in den Jahresabschlüssen der vergangen Jahre widerspiegelt, kann nur erhalten bleiben, wenn die rechtlichen Rahmenbedingen es zulassen, dass Tochtergesellschaften gegründet bzw. Beteiligungen aus dem Klinikum heraus mit Partner der Gesundheitswirtschaft bzw. der regionalen Wirtschaft eingegangen werden können.

 

Hinsichtlich der Weitergeltung der bestehenden Tarifverträge ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede, da der bereits geschlossene Personalüberleitungstarifvertrag die Tarifbindung und Fortgeltung der bestehenden Tarifverträge sicherstellt. Der beschlossene Personalüberleitungs­tarifvertrag kann unproblematisch zeitlich angepasst werden.

 

 


5. Veräußerungsmöglichkeiten

 

Die hierzu bestehenden Unterschiede wären im Falle einer Veräußerungsentscheidung der Bürgerschaft praktisch kaum relevant. Eine etwaige Veräußerung ginge ohnehin mit grundlegenden Änderungen von Satzung, Gesellschaftsvertrag, Gremien und Organen einher, die unabhängig davon erfolgen müssten, ob Grundlage hierfür ein Kommunalunternehmen oder eine GmbH wäre. Ein Kommunalunternehmen wäre für eine etwaige Veräußerung in eine private Rechtsform zu überführen, was aber nach § 70 Abs. 2 KV M-V unproblematisch möglich ist.

 

6. Umwandlungskosten

 

Wie oben dargestellt, besteht für eine GmbH eine gesicherte Rechtslage. Zudem sind die erforderlichen Vorarbeiten bereits abgeschlossen; die Bürgerschaft hatte die Umwandlung in eine GmbH bereits beschlossen. Lediglich einige Anpassungen der Satzung an die Erfordernisse der neuen Kommunalverfassung wären noch vorzunehmen.

 

Für eine Umwandlung in ein Kommunalunternehmen müssten, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, zunächst umfassende Vorarbeiten erfolgen und wichtige, grundlegende Entscheidungen getroffen werden, etwa zur Satzung und zur anzuwendenden Rechtsnormen. Wegen der weitgehend unklaren Rechtslage wäre dies sehr aufwendig und kostenintensiv.

 

7. Fazit

 

Im Vergleich zur GmbH und auch zum bisherigen Eigenbetrieb und den Regelungen in der Eigenbetriebssatzung hat das Kommunalunternehmen gerade hinsichtlich der inneren Organisation, der rechtlichen Risiken und der Handlungs- und Wettbewerbsfähigkeit erhebliche Nachteile.

 

Insgesamt könnte das hohe Maß an Rechtssicherheit, das eine GmbH mit umfassenden gesetzlichen Regelungen und mit ihrer jahrzehntelangen, gefestigten Rechtsprechung zum GmbH- und Aktienrecht bietet, nicht erreicht werden.

 

Insbesondere die rechtlichen und haftungsrechtlichen Unsicherheiten sind erheblich, so dass das Kommunalunternehmen als Rechtsform für ein Unternehmen mit mehr als eintausend Beschäftigten und nahezu 100 Millionen EUR Jahresumsatz, nicht empfohlen werden kann.

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Beschlüsse

Erweitern

15.11.2011 - Hauptausschuss - zur Kenntnis gegeben

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06.12.2011 - Klinikausschuss

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07.12.2011 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben