Anfrage eines Mitglieds der Bürgerschaft - 0181/05-GA

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Beratungsfolge

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HANSESTADT ROSTOCK

Nummer

 

 

0181/05-GA

 

Große Anfrage

Datum

 

14.07.2005

Absender

Wird von der Verwaltung ausgefüllt

Datum

 Fraktion Rostocker Bund/AfR

 Neuer Markt   1

 18055 Rostock

14.07.2005

Adressat

Genehmigungsvermerk

Oberbürgermeister

I, gez. Methling

 

Gremium

Sitzungstermin

federführend

Bürgerschaft

07.09.2005 16:00

II, gez. Schröder

 

Gegenstand

beteiligt

Erfüllung der Voraussetzungen für betriebsbedingte Kündigungen durch die Stadtverwaltung

 

 

 

 

Sowohl in der Runde der Fraktionsvorsitzenden am 05. Juli als auch bei einem Treffen mit Vertretern der Gewerkschaft ver.di am 11. Juli lehnte der Oberbürgermeister die Einführung eines Haustarifvertrages ab, der einerseits von der Fraktion Rostocker Bund/AfR und andererseits von ver.di vorgeschlagen wurde.  Im Gegenzug setzte der Oberbürgermeister auf betriebsbedingte Kündigungen, da nur sie Strukturveränderungen ermöglichen würden. Am 13. Juli hingegen schloss der Oberbürgermeister in einer Pressekonferenz den Abschluss eines Haustarifvertrages nicht mehr aus.

 

In diesem Zusammenhang bitten wir um Beantwortung der nachfolgenden Fragen:

 

Der bisher geplante Personalabbau in Höhe von 700 Stellen bis 2010 sollte sozial verträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen. Da nicht jede der altersmäßig oder durch andere Umstände frei werdenden Stelle ersatzlos gestrichen werden kann, war hier bereits ein umfassender Umstrukturierungprozess vorgesehen.

 

1.      Aus welchem Grunde wäre dieser Umstrukturierungsprozess nicht möglich, wenn zusätzlich zum bereits beschlossenen Vorgehen ein Haustarifvertrag abgeschlossen werden würde?

2.      Aus welchem Grunde könnten keine über die 700 Stellen hinaus gehenden weiteren Stellen auf sozial verträgliche Weise abgebaut werden?

 

Laut Arbeitsrechtsprechung ist eine Kündigung im öffentlichen Dienst nicht allein durch eine Stellenplanreduzierung gerechtfertigt, sondern nur mit einem konkreten Stellenbedarfskonzept.

 

3.      Gibt es ein durch Aufgabenkritik belastbar begründetes Stellenbedarfskonzept? Wenn ja: Für welches Jahr liegt dieses Konzept vor?

 

Für eine betriebsbedingte Kündigung ist zugleich eine diese Kündigung rechtfertigende Organisationsentscheidung erforderlich. Diese Entscheidung kann durch Stellenstreichungen in einem Haushaltsplan, durch kw-Vermerke oder durch einen Bürgerschaftsbeschluss getroffen werden, in dem die Verwaltung beauftragt wird, in einem bestimmten Bereich den Personalbestand zu reduzieren.

Erschöpft sich jedoch die Entscheidung der Stadtverwaltung im wesentlichen darin, Personal einzusparen, muss sie ihre Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit (Dauer) verdeutlichen, damit Arbeitsgerichte prüfen können, ob die Kündigung nicht unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist. 

 

 

 

4.      Mit welchen Mitteln beabsichtigt die Verwaltung, den Nachweis von Stellenstreichungen im HH-Plan als sachlich begründet, durchführbar und nachhaltig zu erbringen?

5.      Liegt ein derartiger Nachweis für die bereits beschlossenen Stellenstreichungen in Form der kw-Vermerke bis 2010 vor bzw. gibt es eine Untersetzung der bisherigen kw-Vermerke mit einer Aufgabenkritik? Wann wird den Fraktionen dieser Nachweis, sofern vorhanden, vorgelegt?

 

Die Entscheidung zur Stellenkürzung soll ebenfalls eine rechtswidrige Überforderung oder Benachteiligung des in der Stadtverwaltung verbleibenden Personals ausschließen.

 

6.      Wie gedenkt die Stadtverwaltung im Falle von betriebsbedingten Kündigungen zu garantieren, dass weder eine Überforderung des verbleibenden Personals existiert noch ein fortbestehender Beschäftigungsbedarf besteht?

 

Betriebsbedingte Kündigungen basieren im Wesentlichen auf einem Rückgang an Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit. Die Finanzlage einer Kommune ist dabei nicht der ausschlaggebende Aspekt, sondern die zu erfüllenden Aufgaben der Kommune.

 

7.      Inwiefern ist der Rückgang des Beschäftigungsbedarfs nachweisbar?

8.      Ab wann besteht ein derartiger Rückgang des Beschäftigungsbedarfs?

9.      Wie viele Überstunden haben die Mitarbeiter der Stadtverwaltung für 2004 und das erste Halbjahr von 2005 insgesamt angemeldet?

10.  Falls Überstunden nicht anerkannt werden: Wie viele Stunden wurden im Durchschnitt im Rahmen der Gleitzeit in den Folgemonat übernommen?

11.  Welchen Schlüssel legt die Stadtverwaltung zur Berechnung des Personalbedarfs zugrunde?

 

Im Falle der zu erwartenden Kündigungsschutzklagen wird gerichtlich nachgeprüft wird, ob infolge der organisatorischen Entscheidung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung tatsächlich entfallen ist. Eine Personalbemessung (z.B. benchmarking) kann dabei betriebsbedingte Kündigungen gerichtsfest untermauern, wenn sich dabei Personalüberhänge ergeben.

 

12.  Wie sieht der Schlüssel Angestellte/r der Stadtverwaltung pro Einwohner im Vergleich zu anderen Städten der Bundesrepublik mit ca. 200.000 Einwohnern aus?

13.  Gibt es derzeit einen erfassten Personalüberhang, z.B. in einem Pool wie in der Landesverwaltung?

 

Wenn eine Stellenstreichung tatsächlich eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigt, muss diese Kündigung zusätzlich sozial gerechtfertigt sein. In die Sozialauswahl sind dabei alle Angestellten und Arbeiter der Stadtverwaltung mit der selben Vergütungs- bzw. Lohngruppe und gleichen Qualifikationsvoraussetzungen einzubeziehen, die der Eingruppierung bzw. Einreihung der kw-Stelle entsprechen. Dabei sind sowohl Vollzeit- als auch Teilzeitkräfte einzubeziehen.

Aus diesem Kreis sind diejenigen heraus zu nehmen, die aus berechtigten betrieblichen Bedürfnissen für die Stadtverwaltung erforderlich sind. Hier hat eine entsprechende Begründung zu erfolgen.

 

14.  Gibt es derzeit eine Übersicht über alle Mitarbeiter einer Vergütungs- bzw. Lohngruppe mit gleichen Qualifikationsvoraussetzungen? Wann und wo können die Fraktionen der Bürgerschaft diese einsehen?

15.  Gibt es derzeit eine begründete Übersicht über berechtigte betriebliche Bedürfnisse, die den Ausschluss von Angestellten bzw. Arbeitern der Stadtverwaltung rechtfertigen? Fall ja: Wann wird diese der Bürgerschaft zur Verfügung gestellt? Falls nein: Wann wird eine derartige Übersicht vorhanden sein?

16.  Wer entscheidet über das betriebliche Bedürfnis eines konkreten Mitarbeiters?

 

 

 

 

Aus dem jeweils betroffenen Mitarbeiterkreis sind diejenigen heraus zu nehmen, die im Ergebnis der Sozialauswahl des geringsten Schutzes bedürfen. Der Sozialauswahl sind dabei die Grunddaten Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und bestehende Unterhaltspflichten zu Grunde zu legen. Darüber hinaus können weitere Auswahlkriterien berücksichtigt werden, wie z.B. Familienstand, Einkünfte anderer Familienangehöriger, Vorhandensein von Vermögen, Verschuldung, Erkrankung und Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger, arbeitsmarktpolitische Aspekte. Im Einzelfall hat stets eine Gesamtabwägung zu erfolgen.

 

17.  Verfügt die Stadtverwaltung über eine Datenbank mit den o. g. Angaben, die regelmäßig erneuert wird?

 

Laut Rechtsprechung ist ein sog. Punktemodell zu o. g. Kriterien nicht geeignet, einen sicheren Bewertungsmaßstab abzugeben, sofern die Kriterien schematisch erfolgen. Punktemodell und Kriterien können lediglich für eine Vorauswahl heran gezogen werden.

 

18.  Nach welchem Modell beabsichtigt die Stadtverwaltung bei den geplanten betriebsbedingten Kündigungen vorzugehen?

 

Einem im Ergebnis der Sozialauswahl für die betriebsbedingte Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter kann nur gekündigt werden, wenn dieser nicht an einem anderen oder aber an einem niedriger bewerteten Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden kann. 

 

19.  Wie sichert die Stadtverwaltung die Prüfung der Weiterbeschäftigung an einem anderen oder auch an einem niedriger bewerteten Arbeitsplatz ab?

20.  Wer ist an einer derartigen Prüfung beteiligt, wer wird mit einbezogen? 

 

Zum Verhältnis betriebsbedingte Kündigungen – Alternativen:

 

21.  Welcher Anzahl von Mitarbeitern soll nach derzeitiger Vorstellung der Stadtverwaltung bzw. des OB betriebsbedingt gekündigt werden?

22.  Ist geprüft worden, ob die Einsparsumme, die sich aus der Kündigung dieser Mitarbeiterzahl ergibt, durch einen Haustarifvertrag für die gesamte Verwaltung und übertarifliche Abfindungen kompensierbar wäre? Wenn ja: Mit welchem Ergebnis? Wenn nein: Wann erfolgt ein derartiger Vergleich?

23.  Wann erfolgt eine Entscheidung des Oberbürgermeisters, ob er einen Haustarif anstrebt oder aber den Weg betriebsbedingte Kündigungen gehen will?

 

 

 

 

Dr. Sybille Bachmann

Fraktionsvorsitzende

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