Anfrage der Fraktion - 0061/07-AF
Grunddaten
- Betreff:
-
Vermeidung von Grundstücks- und Immobilienverkäufen der Hansestadt Rostock an das kriminelle Milieu
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlage freigegeben:
- 09.05.2007
- Vorlageart:
- Anfrage der Fraktion
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Bürgerschaft
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09.05.2007
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Nummer |
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Bürgerschaft |
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Datum |
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Absender |
Wird von der Verwaltung
ausgefüllt Datum |
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Dr. Sybille Bachmann (für die Fraktion
Rostocker Bund) Neuer
Markt 1 18055 Rostock |
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Adressat |
Genehmigungsvermerk |
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Gremium |
Sitzungstermin |
federführend |
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Gegenstand |
beteiligt |
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Vermeidung
von Grundstücks- und Immobilienverkäufen der Hansestadt Rostock an das
kriminelle Milieu |
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Vorbemerkung:
Alle
Angaben waren bzw. sind öffentlich zugänglich, sie basieren überwiegend aus
Informationen und Geständnissen der öffentlichen Verhandlungen im
Artur-Bree-Prozess sowie Sabine-Opolka-Prozess.
Über
mehrere Jahre hin wurde von Seiten der Hansestadt Rostock versucht, das
Grundstück Blücherstraße 55 (ehemaliges Jugendamt, rund 5.500 qm) zu veräußern.
Dies geschah mittels mehrfach befristeter Ausschreibungen, die jedoch zu keinem
Ergebnis führten, obwohl sich das „Grundstück in hervorragender
Lage“ (Landgericht) befand.
Hieraus
ergeben sich die Fragen:
1.
Welche
Bedingungen waren an den Kauf geknüpft?
2.
Weshalb gab es
auf die befristeten Ausschreibungen kein akzeptables Ergebnis?
3.
Wer entschied
unter wessen Beteiligung über die Akzeptanz möglicher Interessenten?
Ein
von der Stadt veranlasstes Gutachten vom Juli 2000 ermittelte einen
Grundstückswert in Höhe von 1 Millionen DM (etwas über 511 TEUR). Nach den (aus
welchen Gründen auch immer) gescheiterten Verkaufsversuchen der Stadt erfolgte
am 11. September 2002 eine erneute Ausschreibung im Internet sowie im
Städtischen Anzeiger. Diese führte zu einem einzigen Angebot in Höhe von 300
TEUR, zu dem das Grundstück bereits am 12. Dezember 2002 (Hauptausschussbeschluss)
auch verkauft wurde.
4.
Aus welchem
Grunde gab es eine zeitlich offensichtlich sehr kurz befristete Ausschreibung,
obwohl diesmal kein Preis durch die Stadt vorgeben war und nur ein Gebot abgegeben
werden sollte, somit die Chance für mehrere Interessenten gegeben war?
Laut
Aussage von Andreas Adler (Liegenschaftsamt) vom 08.11.2006 hatte Marian Kunst
der Verwaltung einen Kaufinteressenten avisiert, „einen Bekannten, wie
auch immer“.
5.
Ist es üblich,
dass der Verwaltung durch Dritte vorab Interessenten avisiert werden?
6.
Woher wusste
Marian Kunst, dass es bis dahin keine Interessenten gegeben hat?
Tatsächlich
trat dann auch der Kaufinteressent Robert Fuchs auf, an den „die
Hansestadt Rostock erstaunlicherweise ausgerechnet… veräußert hat“
(Landgericht).
Robert
Fuchs wurde bereits 1998 zu 11 Monaten Freiheitsentzug, ausgesetzt zur Bewährung,
verurteilt, wegen Hehlerei und Urkundenfälschung. Er war zum Zeitpunkt des
Grundstückserwerbs im Dezember 2002 fast 27 Jahre alt und verfügte über einen
Abschluss als Optiker (1995). Fuchs
übernahm bereits im Jahr 2000 einen wesentlichen Teil der Geschäfte von
Artur Bree (nach dessen Verhaftung wegen Mordverdacht), die er bis Ende Oktober
2002 führte und dann an Brees damalige Lebensgefährtin abgab. Bereits im Jahr
2001 brach Robert Fuchs seine Optiker-Meisterausbildung ab und führte seitdem
offiziell „ein selbständiges Gewerbe im Handel mit Waren aller Art“
(Landgericht).
Weder
für den Grundstückskauf noch die Sanierung des Gebäudes erhielt Fuchs von einer
Bank einen Kredit. Laut Geständnis von Artur Bree entwickelten beide den Plan,
dass Bree die benötigten finanziellen Mittel für Grundstückskauf und Sanierung
zinslos an Fuchs zur Verfügung stellt und hierfür die aus
Prostitutionsbetrieben erwirtschafteten Gewinne verwendet, die in Höhe von 260
TEUR tatsächlich in Bar an Fuchs geflossen sind. Zur Verschleierung fingierte
Fuchs sog. Darlehensverträge mit seiner Mutter, seiner Großmutter und einem
Bekannten. Das Bargeld selbst zahlte Fuchs in mehreren Teilbeiträgen auf
unterschiedliche Konten, die er besaß. Die Rückzahlung der Gelder an Bree
sollte nach Fertigstellung der Bauleistungen und Verwertung des Grundstückes
durch Fuchs erfolgen.
7.
Wie wurde die
Ankündigung des Käufers durch M. Kunst von der Verwaltung bewertet?
8.
Wurde die
Vorstrafe des Käufers durch die Verwaltung berücksichtigt?
9.
Wie wurde die
Bonität des Käufers durch die Verwaltung überprüft, nachdem er kein
Bankdarlehen, sondern nur Darlehensverträge aus der Verwandtschaft vorlegen
konnte?
10. Wie bewertet
die Verwaltung aus heutiger Sicht die Tatsache, dass Marian Kunst der Stadt einen
Käufer ankündigte, der als rechte Hand des Rostocker
„Rotlichtkönigs“ betrachtet werden kann, hinsichtlich künftiger
Geschäftsbeziehungen mit Marian Kunst?
Die
Kaufpreiszahlung an die Stadt erfolgte durch Robert Fuchs gemäß Fälligkeit am
29.08.2003, am 01.09.2003 und am 04.09.2003, wobei die letzte Tranch in Höhe
von 20 TEUR direkt vom Konto von Oksana Pascenko, der Schwester von Artur Bree,
überwiesen wurde, wobei es sich dabei um Kapital von ihrem Bruder handelte
(Landgericht).
11. Wie bewertete die Stadtverwaltung die letzte Tranch?
Hat sie bei Eingang zur sofortigen Nachprüfung des Gesamtvorgangs geführt?
Falls nicht, weshalb nicht?
Die
Fraktion Rostocker Bund hat bereits im Jahr 2003 das Grundstücksgeschäft und
die Zahlungen bezüglich der Blücherstraße 55 hinterfragt. Trotz echter Bemühen
des Rechnungsprüfungsamtes konnten damals jedoch keine wirklichen Erkenntnisse
gewonnen werden (Schreiben an die Fraktion v. 06.01.2004).
12. Aus welchem
Grunde erhielt das Rechnungsprüfungsamt offensichtlich damals keinen Einblick
in alle Vorgangsakten?
Laut
Warnowkurier vom 06.12.2006 kündigte der Oberbürgermeister in Auswertung der
bis dahin teilweise bekannten Vorgänge um die Blücherstraße eine Untersuchung
an, zudem sollte ggf. die Staatsanwaltschaft informiert werden.
13. Wann wurde die angekündigte Untersuchung in Auftrag
gegeben?
14. Wie lautet das Untersuchungsergebnis?
15. Gab es diesbezüglich eine Zusammenarbeit mit der
Staatsanwaltschaft? Wenn ja, wann und in welche Richtung?
Aus
dem gesamten Vorgang ergeben sich für uns die nachfolgenden, nicht auf den
konkreten Fall bezogenen Fragen:
16. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht der
Oberbürgermeister aus den in beiden Prozessen (Bree und Opolka) zu gewinnenden
Informationen für die Stadtverwaltung?
17. Wie sichert die Hansestadt Rostock ab, dass eine
umfassende Prüfung der Integrität und Bonität von Käufern kommunalen Eigentums
erfolgt?
18. Wie sichert die Hansestadt Rostock ab, dass künftig
keine Geschäfte mit dem sog. Milieu erfolgen?
Dr.
Sybille Bachmann
Fraktionsvorsitzende