Stellungnahme - 2019/AM/4558-01 (SN)

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  1. Wie hat sich in den letzten 15 Jahren die Tauben-Population in Rostock entwickelt?

 

Tauben zählen - wie auch in anderen deutschen Großstädten - schon seit sehr langer Zeit zum gewohnten Stadtbild Rostocks.

Im Jahr 1997 fanden Erhebungen zum Taubenbestand in Rostock statt (agrarumwelt Mecklenburg-Vorpommern e. V.). Im Ergebnis dieser Erhebungen schätzte man den Gesamtbestand der Tauben in Rostock auf 3000-5000 Tiere. Im Jahr 2018 gab das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt der Hanse- und Universitätsstadt Rostock eine Studie zur Bestandserfassung der Stadttauben in bestimmten Schwerpunktgebieten der Stadt in Auftrag. Diese Studie lässt den Schluss zu, dass die Stadttaubenpopulation stabil geblieben oder sich sogar etwas verringert hat. Es hat eine Verschiebung der Standorte stattgefunden. 1997 befanden sich die Tauben hauptsächlich im Bereich des Stadthafens und der Innenstadt und 2018 hauptsächlich im Bereich des Überseehafens.

 

Tauben haben kaum natürliche Feinde und vermehren sich durch unkontrolliertes Füttern stetig. Aus diesem Grund kam es durch die systematische Fütterung der Tauben durch eine Bürgerin seit Ende 2016 im Bereich der Marienkirche und im Bereich des Universitätsplatzes zu einer Vermehrung der Tiere und zu einer Bindung an diese Orte. Nach eigenen Aussagen begann diese am Universitätsplatz mit der Fütterung von ca. 70 Tieren. Inzwischen finden sich in diesem Bereich ca. 300 Tiere. (Die Auswirkungen dieser Fütterung sind täglich morgens zwischen 8 und 9 Uhr am Universitätsplatz gut zu beobachten.)

 

Eine Fütterung ohne Populationskontrolle (Austausch der Gelege gegen Gipseier) ist aus Tierschutzsicht sehr problematisch, da sie zu einer Überpopulation mit den eingangs beschriebenen Problemen führt. Es ist falsch verstandene Tierliebe, die den Tauben mehr schadet als nützt. Wer Tauben liebt, füttert nicht!

 

 

  1. Welche Folgen (für die Tiere selbst, Gebäudeschäden usw.) ergeben sich aus einer ansteigenden Population?

 

Eine hohe Populationsdichte führt zum einen für die Tauben zu vermehrtem Leiden durch Stress, Hunger, Verletzungen, Krankheiten und zum anderen für die Bevölkerung zu Belästigung durch Geruch, Lärm, Kot sowie zu Schäden und Verschmutzung an Hausfassaden.

Bei Vögeln ist das Endprodukt des Eiweißstoffwechsels die Harnsäure. Deshalb verursachen Straßentauben durch ihre ätzenden Exkremente Schäden an Denkmälern und Gebäuden, die ihnen als Ruheplätze oder Nistplätze dienen. Durch den Kot können sich durch das Herauslösen von Kalk kleine Risse im Gestein bilden, in die Wasser eindringt, so dass es beim Gefrieren zum Heraussprengen von Gesteinsstücken kommt.

Zudem können verwilderte Haustauben Salmonellen und Chlamydien als pathogene Erreger übertragen, vor allem bei starken Verschmutzungen der Umwelt mit deren Kot. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung sind sie bei übermäßigem Aufkommen in der Umgebung von Mensch und Tier sowie in Lebensmittelbetrieben verstärkt zu bekämpfen. Kontaminationen mit Kot begünstigen außerdem die Ausbreitung von weiteren Krankheitserregern, Pilzen und Parasiten (z.B. Cryptococcen und Taubenzecken). Eine Statistik zu Erkrankungsfällen und Todesfällen im Zusammenhang mit verwilderten Haustauben gibt es nicht. Allerdings besteht die Wahrscheinlichkeit, dass besonders Personen, die aufgrund chronischer Erkrankungen bzw. durch medizinische Behandlungen ein eingeschränktes Immunsystem haben, bei Aufnahme der pathogenen Erreger schwerwiegend erkranken.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nummer 2 der Landesverordnung zur Bekämpfung von Gesundheitsschädlingen (GesSchädBLVO M-V) vom 6. Juli 2011 (GVOBl. M-V 2011, S. 456) gelten verwilderte Haustauben als Gesundheitsschädlinge. Nach § 2 dieser Verordnung sind Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken, Gebäuden, Wohn- und Gewerberäumen, Schiffen und anderen Transportmitteln mit umschlossenen Räumen zur Feststellung und Bekämpfung von Befall mit Gesundheitsschädlingen verpflichtet.

 

  1. Warum gibt es kein generelles Fütterungsverbot für Tauben?

 

Eine städtische Rechtsverordnung zum Taubenfütterungsverbot ist derzeit im Amt 32 in Erarbeitung. Sie wird zeitnah durch den Oberbürgermeister gezeichnet werden.

 

  1. Welche Erfahrungen haben andere Kommunen mit einem Fütterungsverbot für Tauben gemacht?

 

Eine dauerhafte Verminderung wildlebender Tiere ist dadurch zu erreichen, dass diejenigen Umweltfaktoren, die ihre hohe Bestandsdichte verursachen, zu ihren Ungunsten verändert werden. In Bezug auf die Tauben sind das zwei Faktoren, zum einen das Nistplatzangebot und zum anderen das Nahrungsangebot.

Da die Größe der Stadttaubenpopulation demzufolge ganz entscheidend vom Nahrungsangebot abhängt, gibt es in vielen Kommunen Fütterungsverbote.

Dabei werden die Erfahrungen gemacht, dass Stadttauben auch ohne Zufütterung, selbst im Winter, ausreichend Nahrung finden und nicht verhungern müssen. Sie können problemlos mehrere Kilometer weit fliegen, um Futter zu suchen. Solange es aber in unmittelbarer Nähe ausgestreut ist, nutzen sie diese bequeme Futterquelle. Wenn Tauben viel Zeit mit der Futtersuche verbringen, haben sie weniger Zeit zum Brüten. Die Tauben legen dann nur – wie es natürlich ist – ein- oder zweimal im Frühjahr und im Sommer Eier und beschäftigen sich intensiv mit der Aufzucht der Jungtiere, die auch durch das abwechslungsreichere Futterangebot größere Lebenschancen haben. Es wächst somit eine gesunde Population von Stadttauben heran.

Als problematisch wird zum Teil die Kontrollierbarkeit eines Fütterungsverbots angesehen. Um dem entgegenzuwirken muss viel Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden.

  1. Inwieweit wäre ein Taubenschlag in Rostock hilfreich?

 

Das Errichten von betreuten Taubenschlägen gilt als eine wirksame und tiergerechte Maßnahme zur gezielten Bestandskontrolle und -regulierung der Stadttaubenpopulation. Die Stadttauben werden in diese Taubenschläge umgesiedelt, dort gefüttert und ihre Gelege werden ausgetauscht, so dass es langfristig zu einer Reduzierung des Taubenbestandes kommt. Da die Tiere sich hauptsächlich im Taubenschlag aufhalten, fällt dort auch die größte Kotmenge an. Dieser Kot kann entsorgt werden. Gebäudefassaden u. a. bleiben verschont. Kranke Tiere können tierärztlich versorgt oder ggf. tierschutzgerecht getötet werden. Die Zuwanderung von Rasse- und Brieftauben kann eingeschränkt werden (Identifizieren dieser Tiere anhand der Fußringe und Rückgabe an die Besitzer).

Die Bewirtschaftung dieser Taubenschläge ist eine langfristige, mit erheblichem Aufwand und erheblichen Kosten verbundene Maßnahme. Deshalb ist gründlich abzuwägen, ob ein solches Eingreifen tatsächlich erforderlich ist.

 

  1. Gibt es hierzu bereits Überlegungen? An welchem Standort wäre ein Taubenschlag sinnvoll?

 

Da sich in der Rostocker Innenstadt durch die unkontrollierte Fütterung einer Bürgerin vermehrt Tauben angesiedelt haben, plant die Hanse- und Universitätsstadt Rostock in diesem Bereich ein Projekt zur Errichtung eines betreuten Taubenschlages durchzuführen.

 

Das Projekt wird gemeinsam mit dem Rostocker Tierschutzverein e.V., dem Rostocker Rassetaubenverein e. V. und mit Unterstützung des Technischen Dienstes des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei M-V durchgeführt.

 

Der Standort des Taubenschlags müsste sich im Rostocker Innenstadtbereich befinden, da das größte Problem die Umsiedlung und Bindung der Tauben an diesen Taubenschlag ist. Die Erfahrungen anderer Kommunen haben gezeigt, dass die Umsiedlung nicht immer gelingt. Ggf. muss mit einer Umstellungsperiode von mehreren Jahren gerechnet werden.

 

Am 12.02.2019 wurden alle objekt- und grundstücksverwaltenden Ämter der Hanse- und Universitätsstadt Rostock sowie weitere Immobilienbesitzer/-verwalter aus dem Rostocker Innenstadtbereich mit der Bitte um Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Standort für die Errichtung eines Taubenschlages angeschrieben. Bisher konnte kein geeigneter Standort gefunden werden.

 

Um das Projekt weiter voranzubringen, werden Vertreter des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes der Hanse- und Universitätsstadt Rostock, des Rostocker Tierschutzvereins und des Rostocker Rassetaubenvereins mit dem Tierschutzverein Hamburg von 1841 e.V., welcher zwei Taubenschläge in Hamburg betreut, noch im April 2019 in einen intensiven Erfahrungsaustausch treten.

Beschlussvorschriften:

 

 

 

Dr. Chris Müller-von Wrycz Rekowski

Senator für Finanzen, Verwaltung und Ordnung

 

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