Antrag - 0954/07-A
Grunddaten
- Betreff:
-
Gleichstellung der Bürgerschaftsmitglieder mit einem für den öffentlichen Dienst Verpflichteten
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlage freigegeben:
- 30.01.2008
- Vorlageart:
- Antrag
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Hauptausschuss
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20.11.2007
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11.12.2007
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Erledigt
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Bürgerschaft
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05.12.2007
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30.01.2008
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Beschlussvorschlag |
Die Bürgerschaft
beschließt die Verpflichtung ihrer Mitglieder nach § 2, Absatz 2 des Gesetzes
über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen vom 02. März 1974
und damit die Gleichstellung der Mitglieder der Bürgerschaft mit einem für
den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten im Sinne des § 11, Absatz 1,
Nr. 4 Strafgesetzbuch. |
finanzielle
Auswirkungen |
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Begründung
Das Urteil des BGH vom 09.05.2006 (5 StR 4533/05) zur Mandatsträgerschaft von Mitgliedern kommunaler Parlamente hat eine Lücke in der Gesetzgebung offen gelegt. So sind auch Mitglieder in kommunalen Parlamenten Mandatsträger, obwohl sie Teil der Stadtverwaltung sind und keine legislative Funktion haben. Für sie gilt somit § 108 e StGB, wonach nur direkter (!) Stimmenkauf strafbar ist. Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme werden strafrechtlich nicht verfolgt!
Diese Lücke in der Korruptionsprävention und –sanktion kann mit Hilfe des sog. Verpflichtungsgesetzes (http://www.gesetze-im-internet.de/verpflg/index.html) geschlossen werden. In Berlin wird das Verpflichtungsgesetz bereits bei allen Bezirksverordneten angewandt.
Durch die im Anhang befindliche Verpflichtungsformel würden alle Mitglieder der Bürgerschaft Amtsträgern gleichgestellt werden. Somit fände auf sie § 11, Absatz 1, Punkt 4 StGB Anwendung, der wie folgt lautet:
„Im Sinne dieses
Gesetzes ist…
4. für den öffentlichen Dienst
besonders Verpflichteter:
wer, ohne Amtsträger zu sein,
a) bei
einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle die Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung wahrnimmt oder
b) bei
einem Verband oder sonstigen Zusammenschluss, Betrieb oder Unternehmen, die für
eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
ausführen, beschäftigt oder für sie tätig ist und auf die gewissenhafte
Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet
ist“.
Mit seiner Entscheidung vom 09.05.2006 im sog. Wuppertaler Korruptionsskandal beendete der Bundesgerichtshof einen mindestens 40 Jahre andauernden Rechtsstreit darüber, ob kommunale Mandatsträger als Amtsträger anzusehen sind und damit Amtsdelikte wie Geheimnisverrat und Bestechung Anwendung finden oder nicht. Der 5. Senat des BGH entschied, dass die in Wuppertal festgestellten Geldflüsse und Interessenverquickungen nicht (!) nach den für Amtsträger geltenden Bestechungsdelikten abgeurteilt werden dürfen, sondern allenfalls nach dem 1994 neu eingeführten Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ( § 108 e StGB). Problematisch dabei ist, dass der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung keine Bestrafung der Bestechung zu Gunsten Dritter umfasst und sich auch nur auf Abstimmungen im Parlament und in Ausschüssen beschränkt.
Nach dem Urteil des BGH gibt es in zahlreichen Kommunen die Absicht, die Gesetzeslücke durch Verpflichtungen der Mitglieder der Gemeindeparlamente zu schließen. Rostock sollte diesem Beispiel folgen im Sinne einer Prävention.
Dr. Sybille Bachmann
Fraktionsvorsitzende
Anlage:
Förmliche Verpflichtungserklärung
Niederschrift über eine förmliche
Verpflichtung
nach dem Verpflichtungsgesetz
Heute, am: _____________ (Datum), wird
Vorname / Name:
_____________________________________________________
Geburtsdatum: __________________ Geburtsort:
______________________
im Rahmen ihrer/seiner Tätigkeit als Mitglied der
Bürgerschaft der Hansestadt Rostock
nach § 2 Absatz 2 Nr. 2 des Gesetzes über die förmliche
Verpflichtung nichtbeamteter Personen vom 2. März 1974 (Bundesgesetzblatt I, S.
547; 1942) in Verbindung mit der Kommunalverfassung von M-V auf die
gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten verpflichtet und damit einem für
den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gleichgestellt.
Obliegenheiten gewissenhaft zu erfüllen bedeutet
insbesondere, die in der Bürgerschaft wahrgenommenen Aufgaben korruptionsfrei
und im Zusammenhang mit nicht öffentlichen Teilen verschwiegen zu behandeln.
Aufgrund der hier durchgeführten Verpflichtung können nachfolgend genannte
Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB) Anwendung finden und bei Verletzung
der Obliegenheiten im Einzelfall mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis
zu zehn Jahren bestraft werden:
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Vorteilsannahme gemäß § 331 StGB
·
Bestechlichkeit gemäß §§ 332, 335 StGB
·
Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 Abs. 3 StGB
·
Verletzung von Privatgeheimnissen gemäß § 203 Abs. 2 Nr. 2 und 5 StGB
·
Verwertung fremder Geheimnisse gemäß § 204 StGB
·
Verletzung von Dienstgeheimnissen und einer besonderen
Geheimhaltungspflicht gemäß § 353b Abs. 1 Nr. 2 StGB
·
Verletzung von Steuergeheimnissen gemäß § 355 Absatz 2 StGB; § 30
Abgabenordnung
·
Nebenfolgen gemäß § 358 StGB.
Der Verpflichtete erklärt hiermit, auf die strafrechtlichen
Folgen einer Pflichtverletzung hingewiesen worden zu sein (§ 1 Absatz 2
Verpflichtungsgesetz) und erhält eine Abschrift dieser Niederschrift.
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Unterschrift Verpflichteter Unterschrift
Belehrender/Verpflichtender