Stellungnahme - 2009/BV/0396-09 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

 

Vor dem Hintergrund, dass besagter Änderungsantrag mit Begriffen wie „mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden“ und „unmöglich“ operiert, bestehen Bedenken im Hinblick auf das bei Satzungen zu beachtende verfassungsrechtlich vorgegebene Bestimmtheitsgebot. Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber seine Regelungen grundsätzlich so zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage hinreichend klar erkennen und sein Verhalten danach ausrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit grundsätzlich nicht entgegen; allerdings müssen sich aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.03.2010 , 3 K 319/09, m. w. N., zit. nach Juris).

 

Die mit dem Änderungsantrag beabsichtigte Ergänzung der Sondernutzungssatzung um einen weiteren Tatbestand, wo im Regelfall eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen ist, genügt den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot nicht. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „unverhältnismäßigen Kosten“ ist auch nicht durch Auslegung näher zu bestimmen. Welche Kosten sind noch verhältnismäßig und welche nicht? Ist hierbei auf die Vermögensverhältnisse des Eigentümers abzustellen oder die der etwaigen Mieter? Die Begründung des Änderungsantrages ist jedenfalls kaum als Auslegungshilfe geeignet. Diese offenbart vielmehr auch ein Missverständnis bezüglich der Begriffe „unverhältnismäßig“, „unzumutbar“ und „unmöglich“ im Rechtssinne. So wird ausgeführt, dass der Vorschlag, die Tonnen durch den Hausflur in den Hinterhof zu verbringen, häufig unbrauchbar sei, da viele Häuser dort über Treppen verfügen. Die Beauftragung privater Service-Kräfte für den Transport führe zu erheblichen Steigerungen der Nebenkosten der betroffenen Mieter.

 

Diesbezüglich wird auf zwei Entscheidungen des VG Dresden vom 30.03.2006 (3 K 135/06) und vom 23.10.2008 (3 K 87/06) verwiesen, die sich speziell mit der Sondernutzung für das Aufstellen von Abfallbehältern im öffentlichen Verkehrsraum beschäftigen.

 

In den gerichtlichen Entscheidungen wird klar herausgearbeitet, dass ein Anspruch auf Sondernutzung nur dann bestehen kann, wenn der Grundstückseigentümer zwingend darauf angewiesen ist, die Müllbehälter auf der Vorderseite des Hauses im öffentlichen Verkehrsraum abzustellen. Kommen andere Alternativen in Betracht, die durchaus, was den Transport der Tonnen über Treppen anbelangt, „mit einiger Mühe verbunden“ sind, so ist die Unterbringung auf dem eigenen Grundstück eben nicht unzumutbar. Das Gericht verweist z. B. auf den Einsatz einer Sackkarre und gerade auch auf die Möglichkeit einen Dritten – etwa einen Hausmeisterdienst – mit der Bereitstellung und dem Zurückschaffen der Abfallbehälter zu beauftragen. Ebenso ergeht der Hinweis für Verpackungsabfälle sog. gelbe Säcke anstelle einer festen Tonne zu verwenden.

 

Des Weiteren verweist das Gericht auch darauf, dass der Grundstückseigentümer nach der Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Dresden verpflichtet ist, auf seinem Grundstück Transportwege und Standplätze für Abfallbehälter herzustellen. Dieses gilt auch im Falle Rostocks, denn im § 14 Abs. 2 Satz 1 der Abfallsatzung der Hansestadt ist klar geregelt, dass die Bereitstellung und Herrichtung für Abfallbehälter auf dem Grund und oder der jeweiligen Eigentümer zu erfolgen hat.

 

Der Änderungsantrag nimmt auch nicht hinreichend Rücksicht darauf, dass Gehwege einem bestimmten Zweck dienen, nämlich dass Fußgänger aber auch Rollstuhlfahrer und Mütter mit Kinderwagen diese nutzen können. Die Einräumung einer Sondernutzung, die dauerhaft diesen Gemeingebrauch beschränkt, weil sie eben keinerlei Rücksicht auf die Gehwegsbreite nimmt, läuft faktisch auf eine Teileinziehung/Entwidmung der öffentlichen Straße hinaus und dieses aus rein wirtschaftlichen Interessen Einzelner.

Die Teileinziehung bzw. Ent- oder Umwidmung einer Straße bedarf eines gesonderten Verfahrens nach dem Straßen- und Wegegesetz des Landes MV (StrWG MV) und wird durch die Ermächtigung zum Erlass einer Sondernutzungssatzung (§ 24 StrWG MV) sowie zum Erlass einer Gebührensatzung (§ 28 StrWG MV) nicht gedeckt. Bei einer beabsichtigten Einziehung ist nachzuweisen, dass eine Verkehrsbedeutung der öffentlichen Straße entfallen ist, was auf die betroffenen Gehwege gerade nicht zutrifft. Insofern könnte ein beim Erfolg des Änderungsantrages grundsätzlich gegebener Rechtsanspruch zu Kollisionen mit dem Landesgesetz führen.

Soweit es im Einzelfall tatsächlich für den Pflichtigen unmöglich sein sollte, Stellflächen entsprechend der Abfallsatzung auf seinem Grundstück zu schaffen, sieht das Umweltamt als zuständige Organisationseinheit für die Abfallproblematik den Weg der rechtskonformen Umstellung von der Behälterentsorgung auf die Entsorgung mittels nach der Abfallsatzung zugelassener Abfallsäcke, welche dann außerhalb der festgelegten Entsorgungstage in den Gebäuden bzw. auf den Grundstücken untergebracht werden müssen.

 

Dem Antrag kann daher auch nach fachlicher Beurteilung durch den Senatsbereich Bau und Umwelt nicht zugestimmt werden.

 

Nach § 14 Abs. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sind die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken, auf denen überlassungspflichtige Abfälle anfallen, verpflichtet, das Aufstellen zur Erfassung notwendiger Behältnisse sowie das Betreten des Grundstückes zum Zwecke des Einsammeln und zur Überwachung der Getrennthaltung und Verwertung von Abfällen zu dulden.

 

Nach § 6 Abs. 1 Abfallgesetz M-V können die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch Satzung insbesondere bestimmen, in welcher Art, in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit ihnen die Abfälle zu überlassen sind. Dieses ist mit § 14 Abs. 2 bis 5 Abfallsatzung (AbfS) erfolgt. Die ermessenslose Formulierung des § 14 Abs. 2 AbfS steht in keinem Widerspruch zu einer befristeten Sondernutzung nach dem Straßen- und Wegegesetz MV, um den Grundstückseigentümern die Möglichkeit im Rahmen einer Befristung zu einer satzungsgemäßen Umsetzung zu geben. Bei konsequenter Anwendung des Verursacherprinzips, das im Umweltrecht vorherrscht, hat der Grundstückseigentümer seinen Teil zur Lösung des Stellplatzproblems beizutragen.  

 

Mit der Fortschreibung der ämterübergreifenden Konzeption Ordnung und Sauberkeit unter Leitung des Amtes für Umweltschutz wurde eine abgestimmte Verfahrensweise vereinbart und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet, um Abfallbehälter aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen:

-         Überprüfung des tatsächlichen Behältervolumenbedarfes durch Abfallberatung vor Ort,

-         Mitnutzung von Stellplätzen auf Nachbargrundstücken,

-         gemeinsame Nutzung von Behältern,

-         Umstellung auf verändertes Entsorgungssystem (z. B. bei Gewerbe von Behälter

      auf  Bündelsammlung für die Papiererfassung),

-         Einbau von Unterflursystemen,

-         Antragsbearbeitung zur Gestattung zum Einbau von Unterflursystemen,

-         Schaffung funktioneller und bautechnischer Voraussetzungen,

-          Anpachten oder Anmieten von fiskalischen Flächen zum Abstellen von Behältern,

-         Ankauf von Teilen aus öffentlichen Grünanlagen.

 

Als letzte Alternative, wenn die o. g. Möglichkeiten durch den Grundstückseigentümer im Rahmen einer angemessenen Frist nicht umgesetzt werden, erfolgt die Entsorgung über den amtlichen Abfallsack, der nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 AbfS ein zugelassenes System zur Erfassung von Abfällen darstellt. Damit sind auch in diesen Sonderfällen der Anschluss- und Benutzungszwang sowie das Recht auf Benutzung der öffentlichen Abfallentsorgung gewährleistet.

 

Per 14.06.2010 wurden 7 Bescheide zur Entsorgung über den amtlichen Abfallsack (Gebühr 3,30 EUR/Sack) ab dem 1. Juli 2010 durch das Amt für Umweltschutz erlassen.

Die Praxis zeigt, dass nach Gesprächen mit den Grundstückseigentümern vor Ort in der Regel eine Einsicht in das Anliegen besteht und Veränderungen innerhalb der Befristung der Sondererlaubnis vorgenommen werden. 

 

Auch von daher wäre die Rechtmäßigkeit des Änderungsantrages hinsichtlich einer behaupteten oder tatsächlichen Unmöglichkeit der Herstellung von Abstellflächen für Abfallbehälter auf den eigenen Grundstücken anzuzweifeln.

 

 

 

Roland Methling

 

 

 

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Beschlüsse

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22.06.2010 - Hauptausschuss - zur Kenntnis gegeben

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23.06.2010 - Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus

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24.06.2010 - Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung, Umwelt und Ordnung - ungeändert beschlossen

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29.06.2010 - Ortsbeirat Lichtenhagen (3) - zur Kenntnis gegeben