Stellungnahme - 2022/AF/3030-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Anliegen:

 

Die Kindertagespflege ist entsprechend SGB VIII ein gleichrangiges Betreuungsangebot zur institutionellen Betreuung im U3-Bereich (Krippenbereich in Kitas). Zugleich ist es für die Kommune die preisgünstigste Betreuungsform. Für Eltern besteht zudem nach § 5 SGB VIII ein Wunsch- und Wahlrecht der Betreuungsform.  

 

In der Stadt Schwerin wurden im Dezember 2021 die Finanzierungsregelungen für die Kindertagespflegepersonen neu beschlossen. Grundlage waren die Ausführungen des Urteils des OVG Greifswald vom 03.12.2019.

Die Berufsvereinigung der Kindertagespflegepersonen e.V. (bundesweite berufliche Interessenvertretung für Kindertagespflege­personen mit dem Arbeitsschwerpunkt der Einführung eines Berufsbildes mit leistungsgerechter Bezahlung) nahm zu den Neureglungen umfassend Stellung: https://www.berufsvereinigung.de/bvkev/offenebriefe/stellungnahme-zur-festsetzung-der-entgelte-stadt-schwerin/

Nach Kenntnis unserer Fraktion gibt es bereits eine weitere Klage einer Schweriner Kindertagespflegeperson, da auch die Neuregelung der Finanzierung nicht dem OVG-Urteil von 2019 entsprechen würde.

 

Die Ausführungen sowohl des OVG Greifswald als auch der Bundesvereinigung geben zahlreiche Hinweise zur Neugestaltung der Finanzierung der Kindertagespflege auch in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock.

 

Derzeit wartet die Rostockern Stadtverwaltung auf die Verhandlung des seit 2018 anhängigen Rostocker Verfahrens vor dem OLG Greifswald, das 2019 (leider) nicht mitverhandelt wurde.

 

Die Zahl der Kindertagespflegepersonen hat sich in Rostock derweil wie folgt reduziert: 2017: 149 / 2020: 132 / 03_2021: 116 / 07_2021: 97 / 11_2021: 88 / 01_2022: 86.

 

In diesem Zusammenhang wird um Beantwortung der nachfolgenden Fragen gebeten:


 


Sachverhalt:

 

1. Welches sind die Ursachen für den massiven Rückgang der Kindertagespflegestellen bzw. die Aufgabe von Kindertagespflegepersonen?

 

Die Ursachen für den Rückgang der Kindertagespflegestellen können nicht konkret benannt werden, da die Gründe oft nicht benannt werden und statistisch im Amt für Jugend, Soziales und Asyl der Hanse- und Universitätsstadt Rostock nicht erfasst werden.

Aus Sicht der Verwaltung sind folgende Ursachen zu vermuten:

 

  • Renteneintritt von langjährig tätigen Kindertagespflegepersonen
  • Auf Grund der Elternbeitragsfreiheit in der Kindertagesförderung des Landes Mecklenburg- Vorpommern entscheiden sich Eltern teilweise nicht mehr für das bis dahin kostengünstigere Angebot der Kindertagespflege.
  • Die Corona-Pandemie bedingte erschwerte Arbeitsbedingungen in der Kindertagespflege, wie z.B. erhöhtes Ansteckungsrisiko oder Schwierigkeiten bei der Absicherung der Betreuung und Beschulung der eigenen Kinder der Kindertagespflegeperson.
  • Neu geschaffene Kapazität an Krippenplätzen in den Kindertageseinrichtungen und damit verbunden eine Stagnation der Bevölkerungsentwicklung bzw. Abwanderung von jungen Familien in den Landkreis (dies auch bedingt durch die Pandemie).
  • Durch die Novellierung des KiföG M-V § 19 Abs. 1 wurden die Zugangsvoraussetzung für die Tätigkeit als Kindertagespflegepersonen sehr stark erhöht (300 Stunden QHB) und somit sind die Voraussetzungen eine solche Tätigkeit auszuüben stark gestiegen und das Interesse bei möglichen neuen Bewerbern stark gesunken. In der Vergangenheit lagen Abmeldungen und Neuaufnahmen der Tätigkeiten in der Kindertagespflege in einem ausgewogenen Verhältnis, dies ist durch die Neuregelung des KiföG M-V nicht mehr gegeben. Zu erkennen ist dies deutlich an den monatlichen Informationsveranstaltungen im Amt für Jugend, Soziales und Asyl. In den letzten Monaten gab es keine Teilnehmer*innen und Interessent*innen für diese Veranstaltungen.

 

2. Auf welche Weise gedenkt die Stadtverwaltung dieser Entwicklung entgegenzuwirken?

 

In der Verwaltung wurde im Jahr 2021 ein Strategiepapier mit entsprechenden Maßnahmen entwickelt und begonnen diese umzusetzen.

Hierbei handelt es sich z.B. um folgende Maßnahmen:

 

  • Erarbeitung von Standards für Kindertagespflege in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock
  • Erarbeitung einer Richtlinie für die Finanzierung der Kindertagespflege
  • Förderung von Kooperationen zwischen Kindertagespflegepersonen und Kindertageseinrichtungen

 

3. Wie wird angesichts dieser Entwicklung das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern abgesichert?

 

Das gesetzlich festgelegte Wunsch- und Wahlrecht der Eltern ist abgesichert, da in allen Versorgungsgebieten ausreichend Kindertagespflegestellen vorhanden sind.

 

4. Aus welchem Grunde ist es nicht möglich, die Rahmenbedingungen der Kindertages-pflege bereits vor einem Urteil des OVG Greifswald zur Rostocker Klage zu verbessern?

 

Mit dem Urteil des OVG Greifswalds wird insbesondere eine Positionierung zu der zukünftigen Ermittlung von Sachkosten erwartet.

Des Weiteren ist hinsichtlich des Anerkennungsbetrages zu klären, ob der Rückgriff auf die Entgeltgruppe S3 TvöD-SuE tatsächlich rechtswidrig ist. Zu dieser Frage existiert eine divergierende Rechtsprechung, so dass eine Entscheidung des OVG Mecklenburg-Vorpommern notwendig erscheint.

 

Mit dem zu erwartenden Urteil hofft die Verwaltung auf Klärung, wie die Kompetenzverteilung der Beschlussorgane Jugendhilfeausschuss und Bürgerschaft in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock ausgestaltet sein muss.

 

Der Beschluss der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock vom 05. April 2017 wurde vom VG Schwerin als rechtswidrig eingestuft (Urteil des VG Schwerin 6A2822/16 SN, Seite 15, 1. Satz), weil nur der Jugendhilfeausschuss der Hansestadt das alleinige beschließende Organ sei.

 

Mit dem Urteil werden Vorgaben für ein rechtlich gesichertes Handeln in der Zukunft herbeigeführt. Der Landesgesetzgeber hat zu den aufgeworfenen Fragen keine expliziten Regelungen getroffen.

 

Aus diesen Gründen wurde bisher keine neue Regelung der Finanzierung der Kindertagespflege dem Jugendhilfeausschuss oder der Bürgerschaft von der Verwaltung vorgelegt.

 

Unabhängig davon wurden in der Vergangenheit die Rahmenbedingungen in der Kindertagespflege in Bezug auf die Vertretungssituation verbessert. So wurden mehr Stellen für Vertretungskräfte geschaffen und es werden auch Zeiten für Fort- und Weiterbildungen der Kindertagespflegepersonen vertreten.

 

 

5. Wie steht die Stadtverwaltung zur Vergütung der KTTP entsprechend Stufe 3 TVöDSuE mit Zulage für die allein verantwortliche Kinderbetreuung bzw. entsprechend Stufe 4 ohne weitere Berechnung für die Alleinverantwortung?

 

Diese Frage wurde bereits mit der Frage 4 beantwortet.

 

6. Wie steht die Stadtverwaltung zur Berücksichtigung von Erfahrungsstufen bzw.

Arbeitsjahren entsprechend OVG-Urteil?

 

Diese Frage wurde auch mit der Frage 4 beantwortet.

 

7. Wie steht die Stadtverwaltung zur Berücksichtigung von Betreuungszeiten (ganztags,

halbtags, Teilzeit) bei der Berechnung der Sachkosten anstelle einer zeitunabhängigen Pauschale? (Vgl. auch Urteil OVG NRW v. 20.08.2020, Az. 12 A

1534/17)

 

Zur Beantwortung dieser Frage wird die Entscheidung des OVG Greifswald abgewartet.

 

8. Werden alle erforderlichen Fort- und Weiterbildungskosten der KTPP durch die Stadt

übernommen? Falls nicht, weshalb nicht?

 

Die Fort- und Weiterbildungskosten der Kindertagespflegepersonen werden entsprechend des Beschlusses der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock vom 05. April 2017 zur Regelung zur Ausgestaltung der Finanzierung in der Kindertagespflege gemäß § 23 SGB VIII in der Hansestadt Rostock übernommen.

 


9. Wie steht die Stadtverwaltung zur Berücksichtigung der zusätzlichen administrativen

bzw. mittelbar pädagogischen Arbeiten? (Vergütung von Verfügungszeit für Vor- und

Nachbereitung)

 

Das Kindertagesförderungsgesetz M-V sieht für die Kindertagespflege, im Gegensatz zur Bemessung des pädagogischen Personals in den Kindertageseinrichtungen (§ 14 KiföG M-V) keinen angemessenen Teil der Arbeitszeit für die mittelbare pädagogische Arbeit vor. Die Kindertagespflegepersonen sind von dieser gesetzlichen Regelung ausgenommen.

 

10. Wie steht die Stadtverwaltung zur Vergütung von Rand- und Sonderzeiten?

 

Bei der Vergütung von Rand- und Sonderzeiten ist die Kindertagespflege ebenfalls aus den gesetzlichen Regelungen ausgeschlossen (vgl. § 7 Abs. 3 KiföG M-V), dies wurde aber in der Regelung zur Ausgestaltung der Finanzierung in der Kindertagespflege gemäß § 23 SGB VIII in der Hansestadt Rostock vom 05. April 2017 unter Punkt 1.2.2. berücksichtigt. Hier wurde entgegen dem KiföG M-V eine andere Einteilung der Platzarten vorgenommen (Halbtages 20 Std., Teilzeit 30 Std., Vollzeit 40 Std. und Ganztags 50 Std.).

 

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Steffen Bockhahn

 

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Beschlüsse

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30.03.2022 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben