Stellungnahme - 2021/AN/2455-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

Aus Sicht der Verwaltung ist der Antrag nicht zu befürworten, denn für den Bereich des Stadthafens besteht kein Regulierungsdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit. Eine Hafensatzung wäre dem Grunde nach eine Wiederholung von bestehendem, höherrangigem Recht (Gesetze/Verordnungen).

 

Darüber hinaus ist eine Hafensatzung, insbesondere vor dem Hintergrund des Geltungsbereiches und der Aufgabenwahrnehmung im übertragenen Wirkungskreis, praxisfern und nicht umsetzbar, da für einen Erlass rechtlich keine Möglichkeit besteht.

 

Gründe:

I. Die in dem Antrag der CDU/UFR aufgeführten Punkte sind der Verwaltung nicht neu. Ein Blick durch den Stadthafen zeigt, dass hier seitens der Verwaltung sehr kurzfristig konkrete Sofortmaßnahmen umgesetzt worden sind und das bevor der Antrag gestellt worden ist. Die Entwicklungen im Stadthafen wurden seitens der Verwaltung frühzeitig erkannt und entsprechend gegengesteuert.

 

Zu den Maßnahmen zählen:

 

  1. Eine Verdopplung der Müllkapazitäten und eine Erhöhung der Müllcontainerdichte
  2. Installation eines WC Containerhauses mit Urinalrinne und Aufstellen von insgesamt 14 mobilen Toilettenanlagen
  3. Aufstellen eines Sicherheitszaunes entlang der L 22
  4. Aufstellen eines Sicherheitszaunes auf der Haedgehalbinsel zur Unterstützung durchzuführender Ordnungs- und Sicherheitskontrollen
  5. Installation einer mobilen Flutlichtanlage auf der Grand Fläche (zwischen RSC 92 und Hafenmeisterbüro) und auf der Haedgehalbinsel ebenfalls zur Unterstützung durchzuführender Ordnungs- und Sicherheitskontrollen in der Dunkelheit
  6. Durchführung von Jugendschutzkontrollen
  7. Unterstützung Hafenvogt durch privates Sicherheitsunternehmen (bereits letzte Saison erfolgt und diese Saison seit Mai 2021)
  8. Aufstellen von Hinweis-/Verbotsschildern zu Grundverhaltensregeln auf Grundlage

bereits geltenden Rechts

  1. Parallel Verfolgung der Sensibilisierungsstrategie durch die #MeinHafenDeinHafen#- Kampagne in Zusammenarbeit mit der Hafengemeinschaft, Teilnahme am Coastal Clean Up Day (Müll-Kübbe), Kooperation mit FRIEDA 23 zur Initiative eines bunten Stadthafens, hier Bemalung der „Hafenbetonschweine“ mit maritimen Motiven

Im Ergebnis der Prüfung zur Schaffung von Grillplätzen wird aufgrund hoher Investitions- und Bewirtschaftungskosten von Elektrogrillstationen abgesehen, da unverhältnismäßig. Alternativen, sprich pragmatischere und kostengünstigere Möglichkeiten wie die Nutzung eines entsprechend dimensionierten Hohlrohres aus Stahl wird als zweckmäßiger erachtet und könnte bereits für die kommende Saison angeboten werden. Im Zuge der Umgestaltung des Stadthafens zur BUGA kann z. B. der Punkt zu den Grillplätzen als stadtgestalterischer Aspekt mit aufgegriffen und integriert werden.

 

II.

Es wird seitens der Verwaltung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für Sicherheits- und Ordnungsbehörden bereits ein ausreichendes Instrumentarium an Rechtsnormen und Gesetzen besteht. Auf dieser Grundlage können diese bei Verstoß von den zuständigen Vollzugsbehörden vollstreckt werden. Folgende Beispiele können genannt werden:

 

  1. § 117 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWIG), Unzulässiger Lärm

(1) Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach anderen Vorschriften geahndet werden kann.

 

Verweis: Entscheidung des OVG Lüneburg vom 30.11.2012, 11 KN 187/12 (Rz. 68). Ruhestörender Lärm ist ausweislich des Urteils unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der öffentlichen Sicherheit ein Verstoß gegen § 117 OWiG und ggf. auch ein Schaden im Sinne des Polizeirechts im Hinblick auf die Unversehrtheit der Gesundheit, die auch ein Recht auf Nachtruhe einschließt.

 

  1. § 118 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWIG), Belästigung der Allgemeinheit

(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach anderen Vorschriften geahndet werden kann.

 

Das Urinieren, Koten und Erbrechen im öffentlichen Raum stellt einen Verstoß gegen § 118 OWiG dar.

 

  1. Sprengstoffverordnung § 23 Abs. 2

Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 dürfen in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Dezember nur durch Inhaber einer Erlaubnis nach § 7 oder § 27, eines Befähigungsscheines nach § 20 des Gesetzes oder einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Absatz 1 verwendet (abgebrannt) werden.

Am 31. Dezember und 1. Januar dürfen sie auch von Personen abgebrannt werden, die das

18. Lebensjahr vollendet haben (Ordnungswidrig handelt, wer gegen o. g. § fahrlässig oder vorsätzlich handelt, gemäß Bußgeldkatalog M-V Bußgeldhöhe bis zu 10T €)

 

  1. § 8 Abs. 1. Corona Landesverordnung M-V (Corona-LVO M-V)

Zusammenkünfte wie Gruppen feiernder Menschen im öffentlichen Raum sind unzulässig.

 

  1. § 28 Abs. 1 i. V. m. § §69 Abs. 1 Nr. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)

Eine Ordnungswidrigkeit kommt vor allem nach § 69 Abs. 1 Nr. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) in Betracht, wenn jemand dadurch gegen die Vorschrift von § 28 Abs. 1 Satz 1 KrWG verstößt. Dies setzt voraus, dass jemand Gegenstände des Hausmülls oder des Sperrmülls außerhalb einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage behandelt, lagert oder ablagert. Dies muss fahrlässig oder sogar vorsätzlich geschehen sein. In diesem Fall darf die zuständige Verwaltungsbehörde gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von bis zu 100.000 Euro verhängen.

 

Da es sich beim Stadthafen seit der Wende um einen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Bereich handelt, ist dieser seither ersichtlich eine öffentlich zugängliche Verkehrsfläche. Folglich findet für Sicherheits- und Ordnungsbehörden Polizei- und Ordnungsrecht Anwendung. Von einem reinen "Betriebsgelände", analog Vorwendezeit, sprich einer nichtöffentlichen Verkehrsfläche, bei der dann nur Privatrecht Anwendung finden würde, kann jedenfalls keine Rede sein.

 

III.

Eine Satzung kann nur für eine öffentliche Einrichtung erlassen werden. Der Stadthafen, innerhalb der festgelegten und öffentlich bekannt gemachten Hafengrenzen, ist im Sinne des Rechts gewidmetes Hafengebiet und somit eine öffentliche Einrichtung.

Innerhalb dieser Hafengrenzen gilt die HafVO des Landes und - basierend auf § 8 Abs. 2 HafVO M-V - ergänzend für die "Einzelheiten der Benutzung des Hafengebietes und der Hafenanlagen, die durch die besonderen Verhältnisse bedingt sind" die Hafennutzungsordnung der HRO. Die Stadt nimmt hier Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis wahr, wofür eine Zuständigkeit der Bürgerschaft nicht begründet ist. Folglich gibt es rechtlich nicht die Möglichkeit eine - wie von der CDU/UFR angestrebt - "Satzung zur Einhaltung der Ordnung und Sauberkeit im Stadthafen" zu erlassen.  Es wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass diese öffentlich rechtlichen Hafengrenzen landseitig 5 m hinter der Kaikante verlaufen. Dahinter hört im Sinne des Rechts gemäß der Hafenverordnung M-V der Hafen auf. Alle Flächen dahinter in Zuständigkeit unterschiedlicher Ämter - und das bildet den Großteil der Flächen im Stadthafen ab - sind zumindest im Rechtssinne kein gewidmeter Hafen im Sinne einer öffentlichen Einrichtung.

Der Begriff "Stadthafen" umfasst also weit mehr als das eigentlich sehr überschaubare tatsächliche Hafengelände im Rechtssinne.

 

In der Gesamtschau ist aus Sicht der Verwaltung der Erlass einer Hafensatzung nicht zu befürworten. Es würden, wie  erläutert, unnötig Doppelverbote erzeugt werden, was zu

einer Überregulierung führt. Das angemahnte Vollzugsdefizit wird damit nicht gelöst. Für alle Dinge, die in der Hafensatzung im Sinne der Ordnung und Sicherheit reguliert werden würden, besteht bereits eine große Bandbreite an höheren Rechtsnormen und -vorschriften. Zudem würde eine Normenkollision geschaffen, die am Ende dazu führt, dass das höherrangige Gesetz das niederrangige verdrängt. Hinzu kommt, dass eine gegen höherrangiges Recht verstoßende Satzung nichtig wäre, die folglich keine Rechtswirkung entfalten würde. Letztlich besteht für den Erlass einer Hafensatzung rechtlich nicht die Möglichkeit, da die Stadt hier staatliche Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis wahrnimmt, welche kraft Gesetzes zur Aufgabenwahrnehmung übertragen wurden.

 

Aus den o. g. Gründen lehnt die Verwaltung den Antrag ab.

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in Vertretung

 

 

 

Steffen Bockhahn

Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule

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Beschlüsse

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18.08.2021 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben