Beschlussvorlage - 0340/08-BV
Grunddaten
- Betreff:
-
Rahmenkonzept contra Wohnungslosigkeit
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlage freigegeben:
- 10.09.2008
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration
|
|
|
|
20.08.2008
| |||
●
Erledigt
|
|
Bürgerschaft
|
|
|
|
10.09.2008
|
HANSESTADT ROSTOCK
|
Nummer |
|
|
DER OBERBÜRGERMEISTER |
|||
Amt |
|||
|
|||
Beschlussvorschriften |
Datum |
||
|
|||
Gremium |
Sitzungstermin |
Genehmigungsvermerk |
|
|
|||
Beratungsfolge |
Sitzungstermin |
federführend |
|
|
|||
Gegenstand |
beteiligt |
||
Rahmenkonzept
contra Wohnungslosigkeit |
|
bereits
gefaßte Beschlüsse |
zu
ändernde Beschlüsse |
aufzuhebende
Beschlüsse |
0268/03-BV vom 02.07.2003 0738/05-BV vom 01.02.2006 |
|
|
Beschlussvorschlag |
Die Bürgerschaft beschließt das "Rahmenkonzept contra
Wohnungslosigkeit". |
Begründung
Mit
dem Haushaltssicherungskonzept 2006 – 2009 hat die Bürgerschaft eine
Überarbeitung der Konzeption contra Obdachlosigkeit beschlossen. Ziel ist es,
durch Verbesserung der präventiven Arbeit bis zum Jahr 2009 jährlich 50 TEUR
einzusparen.
Das
vorliegende Konzept legt den Rahmen für den Umgang mit Wohnungslosigkeit in der
Hansestadt Rostock fest und bildet somit die Handlungsgrundlage sowohl für die
Verwaltung als auch für die freien Träger der Wohnungslosenhilfe. Es wurde
aufbauend auf dem bisherigen „Konzept contra Obdachlosigkeit“ im
Zusammenwirken mit den freien Trägern erarbeitet.
Konkret
bezifferbare Einsparungen lassen sich aus einem Rahmenkonzept nicht ableiten.
Vielmehr geht es darum, zu beraten, wie die Hansestadt Rostock zukünftig mit
der Problematik umgehen will bzw. ob die Hansestadt Rostock weiterhin an dem
hohen Niveau der Wohnungslosenbetreuung festhalten will.
Roland Methling
Anlage
Anlage zur BV 0340/08-BV
Rahmenkonzept contra Wohnungslosigkeit
Seite
0. Grundlage des Handlungskonzepts 2
1. Ziele des Konzepts 2
2. Wohnungslosigkeit in der Hansestadt Rostock 3
3. Prävention zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit 3
3.1. Wohnungsverlust bei Mietschulden 5
3.2. Wohnungsverlust bei Mietunwilligkeit 6
4. Unterbringungs- und Betreuungsmöglichkeiten 6
4.1. Übernachtungsunterkunft 7
4.2. Betreutes Wohnen für Wohnungslose 7
4.3. Vollstationäre Einrichtungen 7
4.4. Betreutes Wohnen für wohnungslose Menschen
mit
medizinischer Indikation 7
4.5. Tagesaufenthalte 8
4.6. Überblick über bestehende Kapazitäten mit Stand vom Juni 2008 8
5. Zielgruppenorientierte Maßnahmen 8
5.1. Zielgruppe der unmittelbar von Wohnungslosigkeit
bedrohten
Personen 9
5.2. Zielgruppe der von Wohnungslosigkeit betroffenen Personen 9
5.2.1. Wohnungslose Familien und Elternteile mit
Kindern 9
5.2.2. Allein stehende wohnungslose Frauen und Männer
9
5.2.3. Auf der Straße lebende Menschen 10
5.2.4. Wohnungslose
mit starken psychischen Beeinträchtigungen
und
Suchtproblemen 11
5.2.5. Langzeitwohnungslose
mit starken Abbauerscheinungen
und/oder
pflegebedürftige Wohnungslose 11
6. Reintegration und Beschäftigung 12
6.1. Wohnraumversorgung 12
6.2. Arbeit und Beschäftigung 13
7. Sekundärprävention 14
8. Statistik 14
9. Zusammenarbeit der Beteiligten 14
0. Grundlage des Handlungskonzepts
Der
Umgang mit Wohnungslosigkeit spiegelt gesellschaftliches und politisches
Selbstverständnis wieder. In der Bundesrepublik gilt die Vermeidung von
Wohnungslosigkeit als wichtiges grundgesetzlich gestütztes Ziel unabhängig von
individuellem Verschulden. Wichtig im Hilfesystem sind eine
geschlechtsspezifische und lebenslagenbezogene Behandlung des Themas und eine
entsprechende Ausgestaltung der Hilfen.
Wohnungslosigkeit,
Arbeitslosigkeit, soziale Isolation und Einsamkeit, Armut und Sozialhilfebe-dürftigkeit,
physische und psychische Beeinträchtigung sind Lebensverhältnisse, die dem
Einzelnen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschweren oder diese
gänzlich verhindern können. Menschen ohne ausreichende Existenzgrundlage und
ohne tragfähige familiäre oder sonstige Solidarbeziehungen aus Nachbarschaft,
Arbeitsverhältnissen oder Freundschaften sind häufig nicht in der Lage, eine
Veränderungsperspektive für sich zu entwickeln und die dafür notwendigen
Schritte zu planen und umzusetzen.
Das
vorliegende Konzept contra Wohnungslosigkeit baut auf vorangegangenen Konzepten
auf und verarbeitet die Erfahrungen aus der Praxis der zurückliegenden Jahre.
Es formuliert Ziele und legt Maßnahmen zur Zielerreichung fest.
Die
Rahmenbedingungen heutiger Wohnungslosenpolitik sind gekennzeichnet durch
·
einen in
Teilsegmenten entspannten Wohnungmarkt mit positiven Auswirkungen auf die
Wohn-raumversorgung von Wohnungslosen, insbesondere der Mehrpersonenhaushalte,
·
einer hohen
Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebedürftigkeit und der damit einhergehenden lang
anhaltenden Armut,
·
die zunehmenden
Erteilungen von Sanktionen im Leistungsbereich des Zweiten Buchs
Sozial-gesetzbuch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende –
und
·
einer deutlich
angespannten Haushaltslage der Hansestadt Rostock
Dieses
Konzept soll Richtschnur dafür sein, wie Betroffenen in der Hansestadt Rostock
eine individuelle, zielgerichtete Hilfe angeboten werden kann. Im Mittelpunkt
steht immer der Hilfe suchende Mensch. Für diese Menschen sind insbesondere
Leistungen zur Überwindung dieser besonderen sozialen Schwierigkeiten zu
erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind (§ 67 Zwölftes
Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII). Darüber hinaus können Leistungen gemäß
§ 22 Abs. 5 SGB II bzw. § 34 Abs. 1 SGB XII in Form einer Mietschuldenübernahme
erbracht werden.
1. Ziele des Konzeptes
Strategische
Ziele sind die Vermeidung und die Überwindung von Wohnungslosigkeit durch
·
Prävention
(Vermeidung von Wohnungsverlust) und Reintegration (Rückführung in eigenen Wohn
raum und gesellschaftliche Teilhabe),
·
zielgruppenbezogene
Beratungs- und Betreuungsangebote (Maßnahmeplanung und bedarfs-orientierte
Unterbringung) und
·
Unterstützung des
Reintegrationsprozesses (Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, soziale
Nachbetreuung ehemaliger Wohnungsloser).
Folgende
Maßnahmen werden u. a. für die Zielerreichung festgelegt:
·
Verbesserung der
Information über Hilfeangebotene für Betroffene (durch Arbeitsgruppe
„Contra Wohnungslosigkeit“)
·
Stabilisierung
vorhandener Strukturen der Betreuungsarbeit
·
Ausbau
aufsuchender Sozialarbeit in der Prävention und zur Stabilisierung der
Eigenverantwortlichkeit im erforderlichen Umfang in der Sekundärprävention
·
Erhalt und
Verbesserung der trägerübergreifenden Netzwerkarbeit
·
Verbesserung der
Zusammenarbeit mit den Wohnungsunternehmen zur Vermeidung von Räumungen,
·
Wiederaufnahme
der Tätigkeit der Arbeitsgruppe „Wohnraumversorgung WBS mit
Dringlichkeitsstufe I“,
Das
Betreuungsnetz für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen hat
sich in den vergangenen Jahren erweitert und ausdifferenziert. Die Kapazitäten
der vorhandenen Einrichtungen sind im Wesentlichen auch für die Zukunft als
bedarfsdeckend einzuschätzen. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die in
diesem Konzept beschriebenen Maßnahmen realisiert werden. Folgende Prämissen
liegen der weiteren Ausgestaltung des Betreuungsnetzes insgesamt zugrunde:
·
Durchsetzung der
Nachrangigkeit der Leistungen nach SGB II und XII durch Aktivierung der
Selbsthilfepotenziale und Ausschöpfung der Möglichkeiten anderer Leistungsgesetze
wie SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe), SGB XI (Soziale Pflegeversicherung),
Wohngeldgesetz o. a.,
·
Gewährung von
Leistungen nach der Besonderheit des Einzelfalls,
·
Durchsetzung des
Vorrangs der offenen Hilfe, d. h. die erforderliche Hilfe ist soweit wie
möglich außerhalb von Einrichtungen zu gewähren,
·
Gewährung der
Hilfen gemäß § 67 ff. SGB XII nur für den anspruchsberechtigten Personenkreis
und
·
Durchsetzung der
Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit beim Einsatz öffentlicher
Mittel, z. B. Kostenabwägung Budget- oder Einzelfallfinanzierung, Verkürzung
der Verweildauer in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, Überprüfung der
Personal-Betreuungsschlüssel, Regelungen zu Kapazitätsüber- bzw./
-unterschreitungen.
2. Wohnungslosigkeit in der Hansestadt
Rostock
Nach
einer Definition der Bundesregierung aus dem Jahre 1998 (BR-DS 241/98) sind
obdachlos bzw. wohnungslos alle Personen, die nicht über Wohnraum mit eigenem
Mietvertrag verfügen oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Dies gilt für
Personen, die ohne jedes Obdach auf der Straße leben oder biwakieren, ebenso
wie für vielfältige Formen der vorübergehenden Unterbringung (in
Obdachlosenheimen, Anstalten, stationären Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe,
Aussiedler in A. Unterkünften) bis hin zu dringlich Wohnungssuchenden (z. B.
Frauen in Frauenhäusern).
Wohnungslosigkeit
ist ein Thema, das in der Hansestadt Rostock nach wie vor wahrgenommen werden
muss. Wohnungslosigkeit ist die schwerste Form der Armut. Sie entsteht durch
persönliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Das
Maß der jeweiligen Unterstützung im Einzelfall – in Form von Information,
Beratung, persönlicher Unterstützung oder Hilfen durch Übernahme wesentlicher
Funktionen der Alltagsbewältigung – wird mit dem individuellen Hilfeplan
ermittelt. Die Beratungen in Fragen der Existenzsicherung, zur Durchsetzung der
Ansprüche auf Sozialleistungen, Hilfen bei der Wohnungssuche und der
Sicherstellung der medizinischen Versorgung, Unterstützung bei Konfliktlösungen
im sozialen Umfeld und der Wiederherstellung verloren gegangener
verwandtschaftlicher oder nachbarschaftlicher Beziehungen sowie die Form der
Hilfe als kontinuierliches, verlässliches und offenes Angebot haben dazu
beigetragen, dass die Not durch Obdachlosigkeit in unserer Stadt erheblich
verringert werden konnte.
Jeder,
der durch den Verlust seines Wohnraums in der Hansestadt Rostock von Wohnungslosigkeit
betroffen ist, kann die vorhandenen Beratungsangebote der Stadt wie der freien
Träger sowie die Unterbringungsmöglichkeiten in Einrichtungen der
Wohnungslosenhilfe in Anspruch nehmen.
3. Prävention zur Vermeidung von
Wohnungslosigkeit
Die
Prävention ist immer noch die wirksamste und auf Dauer kostengünstigste aller
Maßnahmen. Durch den konsequenten Einsatz aller zur Verfügung stehenden
Instrumentarien sowie Übernahme einer Koordinierungsfunktion durch die
zuständigen persönlichen Ansprechpartner/Fallmanager können bereits im Vorfeld
ein erster bzw. erneuter Wohnungsverlust verhindert und gleichzeitig die Zahl
der Räumungsklagen gesenkt werden.
Im
Sinne einer nachhaltigen Prävention ist es erforderlich, das Problembewusstsein
in Bezug auf die Ursachen von Wohnungsverlusten und die unterschiedlichen
Hilfemöglichkeiten zu schärfen. Dafür ist es wichtig, vorhandene Ressourcen und
Netzwerke zu nutzen.
Zu
den präventiven Maßnahmen gehören:
·
Verbesserung der
Öffentlichkeitsarbeit
Nach wie vor wissen die meisten Menschen zu wenig über
die Möglichkeiten der Hilfe bei drohenden Räumungen. Das gilt nicht nur für
Privatpersonen, sondern in unterschiedlichem Maße auch für Behörden,
Wohnungsunternehmen, Träger sozialer Einrichtungen, Bildungs- und
Weiterbildungsinstitute oder andere. In Angriff genommen werden soll daher eine
zielgerichtete Aufklärung der verschiedenen Adressaten über die gesetzlichen
Möglichkeiten zur Vermeidung und Überwindung von Wohnungslosigkeit sowie über
Ansprechpartner und Angebote in der Stadt.
·
Verbesserung der
Zusammenarbeit mit den Wohnungsunternehmen
Die zuständigen Leistungsträger benötigen frühzeitige
Informationen von den Vermietern, wenn aufgrund von Mietschulden oder
mietunwilligem Verhalten die Kündigung droht. Eine Verlängerung des
Handlungszeitraumes vor Aussprechen der fristlosen Kündigung sollte insbesondere
bei schwierigen Klienten möglich sein. Umgekehrt muss die Hansestadt Rostock
unter Einbeziehung der Angebote freier Träger bemüht sein, die eigentlichen
Ursachen für den drohenden Wohnungsverlust nachhaltig zu beseitigen. Es wird
angestrebt, entsprechende Vereinbarungen mit den Wohnungsunternehmen in die neu
abzuschließenden Kooperationsverträge aufzunehmen.
·
Verbesserung der
Zusammenarbeit mit Kliniken und Pflegeheimen
Es kommt immer wieder vor, dass Menschen aus Kliniken
in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe „entlassen“ werden, weil
sie keinen eigenen Wohnraum haben und in der Klinik nicht weiter versorgt
werden können. Es fehlt in diesen Fällen die erforderliche Unterstützung für
die betroffenen Patienten noch während ihres Klinikaufenthaltes bei der
Wohnungssuche, bei der Klärung der sozialen Betreuung in der Häuslichkeit oder
beispielsweise bei der Beantragung einer Pflegestufe für die Aufnahme in ein
Pflegeheim.
Ähnliches gilt aber auch für Pflegeheime: Hier kommt
es vor, dass Heimverträge mit Bewohnern gekündigt werden, die durch ihr
Verhalten dauerhaft und massiv den Heimbetrieb stören und gegen die Heimordnung
verstoßen. Diese Menschen haben aber in der Regel keinen eigenen Wohnraum und
sind auch nicht in der Lage, selbständig in einem solchen zu leben. Über
intensivere Arbeitskontakte zwischen den Leistungsträgern und den Kliniken und
Pflegeheimen soll ein gemeinsames Handeln im Interesse der Betroffenen erreicht
werden.
·
Weiterführung der
Zusammenarbeit mit dem Gericht
In der Vergangenheit gab es regelmäßige Kontakte
sowohl zu den Richtern als auch zu den Gerichtsvollziehern, die für
Räumungsklagen bzw. den Vollzug von Räumungen zuständig sind. Einblicke in die
Hintergründe der Rechtsprechung erleichtern den Leistungsträgern die Hilfestellung
für Betroffene bei Mietkündigungen. Die Zusammenarbeit mit den
Gerichtsvollziehern war durch das gemeinsame Bestreben gekennzeichnet,
Räumungen nach Möglichkeit zu verhindern. Die gute Zusammenarbeit mit dem
Gericht soll aufrecht erhalten werden.
·
Aufrechterhaltung
und Intensivierung der aufsuchenden Sozialarbeit
Den Betroffenen soll Hilfe so angeboten werden, dass
sie sie auch annehmen. Eine Form dieser Hilfe ist die aufsuchende Sozialarbeit.
Aufsuchende Sozialarbeit wird sowohl von den Leistungs-trägern als auch von
freien Trägern geleistet. Gemeinsames Ziel ist die Vermeidung von Räumungen, u.
U. auch durch Umzug in anderen Wohnraum. Die Unterbringung in
Woh-nungslosenhäusern ist an dieser Stelle das nachrangige Angebot. Die
persönlichen Ansprech-partner/Fallmanager sollen zusammen mit den Betroffenen
zunächst alle Möglichkeiten zur Selbsthilfe ausschöpfen.
·
Finanzielle
Hilfen
Gemäß § 22 Abs. 5 SGB II bzw. § 34 Abs. 1 SGB XII
können Schulden zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer
vergleichbaren Notlage übernommen werden. Sie sollen übernommen werden, wenn
dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten
droht.
Gerechtfertigt
ist die Hilfe, unabhängig von der Schuldfrage, immer dann, wenn der Hilfesuchende
die Notlage aus eigener Kraft nicht beseitigen und diese für seine weitere
Existenz bedrohlich sein kann. Allerdings kann auch das Verhalten des
Hilfesuchenden berücksichtigt werden, insbesondere wenn dieser von vornherein
entschlossen war, die laufende Miete nicht zu zahlen.
Notwendig
ist die Hilfe, wenn durch sie die drohende Wohnungslosigkeit beseitigt wird.
Die Über-nahme von Mietschulden ist jedoch nur dann nachhaltig wirksam, wenn
sie rechtzeitig geschieht.
Rechtzeitig
ist die Hilfe, wenn sie vor dem Entstehen eines Räumungsurteils gewährt wird,
denn die Vollstreckbarkeit einer Räumung gilt für den Mieter in der mit dem
Urteil behafteten Wohnung 30 Jahre weiter, selbst wenn die unmittelbare Räumung
durch Mietschuldenübernahme letztendlich noch bis zum Tag der Räumung
verhindert werden kann.
Eine Entscheidung über die Hilfegewährung nach der
Räumung ist allerdings hinfällig, da der Wohnungsverlust bereits
eingetreten ist.
3.1.
Wohnungsverlust bei Mietschulden
Mietschulden
entstehen häufig in finanziellen Notsituationen, wenn die Betroffenen die Mietzahlungen
als nachrangig im Vergleich zu anderen finanziellen Verpflichtungen betrachten.
In finanzielle Notlagen geraten Menschen vor allem durch Einkommensausfall in
Folge von Arbeitslosigkeit, Tod oder Krankheit eines Partners, Trennung oder
Scheidung, durch Nichtinanspruchnahme staatlicher Leistungen wie Wohngeld und
durch Anhäufung von Schulden, z. B. bei Betriebskosten, Abschlags-forderung der
Versorgungsunternehmen.
Bereits
bei Auftreten von Mietrückständen versuchen die Sozialarbeiter der
Wohnungsunternehmen (soweit vorhanden) sowie der freien Träger (ambulante
Hilfen) Kontakt zu den Mietern aufzunehmen, um sie über die Möglichkeiten zur
Mietregulierung zu beraten.
In
der Regel erhält ein Mieter bei einem Rückstand von zwei Monatsmieten die
fristlose Kündigung durch seinen Vermieter. Gleichzeitig erfolgt eine
Information an das Hanse-Jobcenter bzw. das Amt für Jugend und Soziales als
zuständige Leistungsträger. Von dort sollte der Mietschuldner zunächst
angeschrieben und zu einem Beratungsgespräch eingeladen werden, ggf. erfolgt
ein Hausbesuch.
Nehmen
die Betroffenen das Hilfeangebot an, wird in der überwiegenden Zahl der Fälle
durch die Vereinbarung von Ratenzahlungen beim Vermieter oder durch eine
Mietschuldenübernahme der Wohnungsverlust abgewendet. Als problematisch erweist
sich aber, dass viele Betroffene keine Hilfe annehmen und es zu keiner
Zusammenarbeit kommt. Werden außerdem die Gründe für die fristlose Kündigung
durch den Mietschuldner nicht ausgeräumt, so reicht der Vermieter eine
Räumungsklage ein.
Gemäß
SGB II und XII informiert dann das Gericht den zuständigen Leistungsträger über
den Eingang der Klage, worauf sich erneut um eine Kontaktaufnahme mit dem
Mietschuldner bemüht wird, denn auch zu diesem Zeitpunkt kann der drohende
Wohnungsverlust noch abgewendet werden. Bleibt die Mitwirkung aus, wird durch
den Vermieter das Räumungsurteil bei Gericht erwirkt. Dieses Urteil hat 30
Jahre Bestand.
Wenn
der Vermieter die Wohnung räumen lassen will, weil der Mietschuldner nicht
freiwillig auszieht, muss seinerseits ein Antrag auf Vollstreckung des Urteils
gestellt werden. Auch hierüber wird der jeweilige Leistungsträger informiert.
Erneut ist zu versuchen, eine Lösung zu Gunsten des Mietschuldners zu
erreichen, um so die Zwangsräumung abzuwenden. Selbst zu diesem Zeitpunkt kann
bei gutem Willen des Vermieters die Wohnung noch erhalten werden. Voraussetzung
für eine Mietschuldenübernahme zum jetzigen Zeitpunkt ist jedoch, dass sich der
Vermieter schriftlich bereit erklärt, das Mietverhältnis für eine Dauer von
mindestens zwei Jahren fortzuführen, es sei denn, dass seitens des Mieters
erneut Gründe für eine fristlose Kündigung eintreten, es also erneut zu Mietschulden
kommt.
Verlaufen
die Bemühungen ergebnislos bestimmt der Gerichtsvollzieher letztendlich den
Räumungstermin für die Wohnung. Ist die Räumung des Wohnraums nicht mehr
abwendbar, kann in einigen Fällen wenigstens die Erhöhung der Schulden
(Räumungskosten) durch einen vorzeitigen Auszug aus der Wohnung verhindert
werden.
3.2.
Wohnungsverlust bei Mietunwilligkeit
Gemäß
§ 543 Abs. 1 BGB i. V. m. § 569 Abs. 2 BGB haben die Vermieter auch aufgrund
von mietunwilligem Verhalten ein außerordentliches Kündigungsrecht.
Eine
solche Kündigung wird möglich, wenn eine Vertragspartei schuldhaft in solchem
Maße ihre Verpflichtungen aus dem Mietvertrag verletzt, insbesondere den
Hausfrieden so nachhaltig stört, dass der anderen Partei die Fortsetzung des
Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Insbesondere führen
Auffälligkeiten wie massive Lärmbelästigungen (oft durch Alkoholmissbrauch
hervorgerufen), Geruchsbelästigungen aus verschmutzten Wohnungen oder Ignoranz
der Hausordnungen zur Kündigung. In einer Reihe von Fällen handelt es sich um
Menschen, deren Verhalten durch psychische, geistige oder seelische
Beeinträchtigungen beeinflusst wird und deren Lebensumstände Folgen von
gesellschaftlichen und familiär bedingten Veränderungen sind und die dringend
Beratung und Hilfe (Leistungen zur Eingliederung) benötigen.
Bei
Mietunwilligkeit erfolgt durch die Vermieter in der Regel keine Information
über die fristlose Kündigung an den zuständigen Leistungsträger. Erst nach
Eingang der Räumungsklage beim Gericht erhalten das Hanse-Jobcenter oder das
Amt für Jugend und Soziales Kenntnis von dem drohenden Wohnungsverlust und
können den Betroffenen entsprechende Hilfeangebote, wie Vermittlung zwischen
Mieter, Nachbarn und Vermieter, ambulante Hilfe durch Sozialarbeiter der freien
Träger oder auch die Suche nach anderem geeigneten Wohnraum, unterbreiten.
Erschwerend
für die Umsetzung der Hilfen ist jedoch, dass die so genannte Mietunwilligkeit
in Ver-mieterkreisen schnell bekannt wird. Ebenso ist eine sinkende Toleranz
anderer Mieter zu beobachten. So kann neuer Wohnraum häufig nicht schnell
gefunden werden und es bleibt nur das Angebot der Unterbringung in
Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe.
4. Unterbringungs- und
Betreuungsmöglichkeiten
Die
Vielfalt der Bedarfslagen von wohnungslosen Menschen erfordert differenzierte
und geschlechtsspezifische Angebote, die an „Elementen des normalen
Lebens“ ausgerichtet sind und einer ständigen Weiterentwicklung bedürfen.
Diese Hilfen sollten regional oder sozialraumorientiert unterschiedlich sein
und die Grenzen zwischen offenen, ambulanten und stationären Hilfen im Sinne
einer innovativen Vernetzung durchlässiger gestalten.
Offene
Hilfen unterscheiden sich von ambulanten durch die prinzipielle Möglichkeit
dauerhafter Anonymität der Hilfesuchenden. Sie sind also nicht an individuell
feststellbare Anspruchsberechtigungen geknüpft. Darunter fallen
Versorgungsangebote, Tagesaufenthalt und Übernachtungsunterkunfte (Nachtasyl).
Beratungsstellen, betreutes Wohnen, aufsuchende Hilfen, Qualifizierungs- und
Beschäftigungsmaßnahmen sowie Angebote zur Prävention von Wohnungsverlust sind
gekennzeichnet durch eine größere Verbindlichkeit. Sie bieten eine
niedrigschwellige offene Eingangsberatung, Begleitung und Unterstützung
entsprechend der Bedarfslage und sind in die Hilfeplanung eingebunden.
Die
Betreuung Wohnungsloser in den Unterkünften soll die individuellen Hilfebedarfe
stärker berücksichtigen. Neben dem Anspruch, die objektiv erkannten
Hilfebedarfe zu befriedigen, bestimmt auch die Bereitschaft des Einzelnen zur
Mitwirkung den Umfang der zu leistenden Hilfe. Zwischen der Hansestadt Rostock
und dem jeweiligen Leistungserbringer werden Leistungsvereinbarungen
abgeschlossen. Hierin werden Ziele, Qualitätsstandards und Prüfverfahren für
die Leistungserbringung festgelegt.
Für
die Unterbringung und Betreuung von Wohnungslosen stehen in der Hansestadt
Rostock eine Vielzahl von Einrichtungen und Angeboten in freier Trägerschaft
zur Verfügung.
4.1. Übernachtungsunterkunft
Die
Übernachtungsunterkunft ist ein niederschwelliges Angebot. Neben der Unterkunft
bestehen auch Möglichkeiten der Körperpflege und des Wäschewechselns. Auf
Wunsch des Betroffenen wird in weiterführende Hilfen vermittelt und Beratung
angeboten. Die Übernachtungsunterkunft wird vom Diakonieverein des
Kirchenkreises Rostock – Rostocker Stadtmission e. V. angeboten und
befindet sich Am Güterbahnhof 22; für Frauen werden aufgrund der Notwendigkeit
einer geschlechtsspezifischen Hilfe im Hawermannweg 17 Hilfen angeboten.
4.2.
Betreutes Wohnen für Wohnungslose
Da
Wohnungslosigkeit häufig durch eine Fülle von Problemlagen (Schulden, Sucht,
chronische Erkrankungen, Verlust sozialer Bindungen u. ä.) entsteht, kann ihre
nachhaltige Überwindung nur durch die Beseitigung dieser vielfältigen Probleme
gelingen. Neben der Bereitstellung einer Unter-kunft soll durch Beratung,
Begleitung und Betreuung in der Einrichtung eine weitestgehende
Selbst-ständigkeit (wieder-)hergestellt werden, um letztendlich ein von Hilfe
unabhängiges Leben in einer eigenen Wohnung zu ermöglichen. Diese Art der
Unterbringung wird vom Diakonieverein des Kirchenkreises Rostock –
Rostocker Stadtmission e. V. und vom Obdachlosenhilfe Rostock e. V. angeboten.
Darüber
hinaus bietet der Verein Charisma e. V. betreutes Wohnen für Frauen und Mütter
mit Kindern an, die häufig gleich nach einer Räumung bzw. aus zerrütteten,
gewalterfahrenen oder stark verarmten Familien bzw. aus Bedarfs- oder
eheähnlichen Gemeinschaften kommen. Die Hilfen sind je nach individuellem
Hilfebedarf zeitlich begrenzt.
4.3. Vollstationäre Einrichtungen
Eine
besondere Form der Übergangsunterbringung sind vollstationäre Einrichtungen.
Die Hansestadt Rostock nutzt bei Bedarf Angebote in anderen Landkreisen.
Aufgenommen werden Personen, für die die Betreuung in den dargestellten
Einrichtungen der Hansestadt Rostock nicht ausreicht, weil sehr komplexe Hilfe
benötigt wird.
4.4.
Betreutes Wohnen für wohnungslose
Menschen mit medizinischer Indikation
Das
Betreute Wohnen richtet sich an Menschen, die die in den Übergangsunterkünften
angebotene intensive Betreuung nicht oder nicht mehr benötigen, jedoch auf
unterstützende Begleitung auf dem Weg in die völlige Selbständigkeit in eigenen
Wohnraum angewiesen sind.
Entsprechend
der konkreten Bedarfslage haben sich in Rostock darüber hinaus sehr
spezialisierte Angebote für bestimmte Personengruppen entwickelt. So bietet die
Evangelische Suchtberatung gGmbH betreutes Wohnen für suchtkranke Frauen und
Männer, die nach abgeschlossener Entwöhnungstherapie eine Adaptionsphase in
Begleitung benötigen. Für wohnungslose mehrfach drogen- und suchtgeschädigte
Menschen bietet die gemeinnützige Gesellschaft für Gemeindepsychiatrie im ASB
betreutes Wohnen an.
Für
diese spezialisierten Wohnangebote ist die medizinische Begutachtung
Voraussetzung für die Aufnahme. Für die übrigen betreuten Wohnformen werden
sozialarbeiterische Gutachten zugrunde gelegt. Dementsprechend erfolgt die
Finanzierung des gesamten betreuten Wohnens in Anwendung der Einzelfallprüfung
und unter Nutzung verschiedener gesetzlicher Vorschriften (6. und 8. Kapitel
SGB XII).
4.5.
Tagesaufenthalt
Der
Tagesaufenthalt stellt eine Möglichkeit der Lebensgestaltung im Sinne einer
Tagesstrukturierung dar. Er bietet jedem Besucher eine geschützte Unterkunft
für den Tag. Ziel ist das Erlernen von Alltagsverrichtungen wie Körperpflege,
Haushaltsführung, Gesundheitsvorsorge. Hilfestellung erfolgt bei Behördengängen
und dem Knüpfen sozialer Kontakte. Die Tagesstätte bietet Raum für Gespräche,
vermittelt eigene Dienstleistungen und informiert über weitere soziale
Hilfeangebote. Mit den Betroffenen werden individuelle Hilfepläne erarbeitet,
in denen der Weg zur Überwindung der unterschiedlichen sozialen Probleme
aufgezeigt wird. Der Tagesaufenthalt wird vom Diakonieverein des Kirchenkreises
Rostock – Rostocker Stadtmission e. V. Am Güterbahnhof 22 angeboten.
4.6. Überblick über bestehende Kapazitäten mit
Stand vom Juni 2008
Träger |
Angebot |
Unterbringungs- plätze |
Unterbringungs- und Betreuungsplätze |
Rostocker |
Nachtasyl gesamt |
30 |
|
Stadtmission e. V. |
Betreutes Wohnen |
|
104 |
|
Hawermannweg 17 |
|
|
|
Betreutes Wohnen |
|
|
|
für sog. nicht mehr |
|
50 |
|
belastbare Menschen |
|
|
|
Betreutes Wohnen für |
|
|
|
ehem. Wohnungslose |
|
15 |
|
in (Außen-)Wohn- |
|
|
|
gemeinschaften |
|
|
Obdachlosenhilfe |
Betreutes Wohnen |
|
51 |
Rostock e. V. |
A.-Schweitzer-Str. 26 |
|
|
|
Betreutes Wohnen |
|
|
|
für sog. nicht mehr |
|
15 |
|
belastbare Menschen |
|
|
|
altengerechtes |
|
|
|
Wohnen für |
21 |
|
|
Langzeitwohnungslose |
|
|
|
Zimmervermietung |
15 |
|
Charisma e. V. |
betreutes Wohnen |
8 Kinder |
16 |
|
(Frauen mit Kindern) |
Für
die Betreuung der 8 Kinder beim Charisma e. V. kommen Leistungen der Kinder-
und Jugendhilfe gemäß dem Achten Buch Sozialgesetzbuch in Betracht.
5. Zielgruppenorientierte Maßnahmen
Zielgruppenorientierte
Beratungs- und Betreuungsmaßnahmen erhöhen die Effizienz des
Woh-nungslosenhilfesystems und sind zugleich orientiert an den generellen
Zielen der Wohnungslosen-politik. Nur ein, den Zielgruppen und ihrem jeweiligen
Hilfebedarf entsprechendes Angebotssystem kann unter Berücksichtigung der
aufzuwendenden finanziellen Mittel zum gewünschten Erfolg der Prävention und
Reintegration führen.
Damit
verbunden ist das Erfordernis, die vorhandenen Konzeptionen der Träger vor dem
Hintergrund des Wandels der Zielgruppen auf ihre Zielgruppenausrichtung zu
überprüfen (Evaluation).
In
Abhängigkeit von der Abstimmung der Begrifflichkeiten mit den Trägern sind
Bedarf und Umfang von Beratungsleistungen, Betreuung und Begleitung inhaltlich
als auch kostenseitig zu differenzieren. Ausgehend von der Betreuung von
Personengruppen in den Arbeitsbereichen der Träger sollen Standards Aufschluss
über den notwendigen Betreuungsumfang und den damit verbundenen Kostenaufwand
geben, um einen Vergleich zu bisherigen Pauschalregelungen zu ermöglichen.
Aufgrund
vielfältiger Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge können die Zielgruppen nicht mit
klaren Kriterien abgegrenzt werden. Es handelt sich um Menschen in oft komplex
miteinander verwobenen Problemlagen, deren Inhalt, Ausmaß und Verknüpfung eng
mit den jeweiligen gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen und
Prozessen zusammenhängt. Es wird daher darauf hingewiesen, dass es sich bei der
nachfolgenden Zielgruppendifferenzierung um verallgemeinernde Falltypisierungen
handelt, die nicht die Ermittlung des Hilfebedarfs im Einzelfall ersetzen.
Überschneidungen zwischen Zielgruppen in der Praxis auf Grund von
Mehrfachproblematiken sind gegeben.
5.1.
Zielgruppe der unmittelbar von
Wohnungslosigkeit bedrohten Personen
Diese
Personen können wesentlich durch die präventive Arbeit, insbesondere durch die
persönlichen Ansprechpartner/Fallmanager und auch durch Sozialerbeiter der
freien Träger und der Wohnungsgesellschaften erreicht werden.
Es
handelt sich um erwachsene Personen, deren besondere Lebensverhältnisse
verbunden mit sozialen Schwierigkeiten zu gravierenden Mietvertragsverstößen
führen (Mietschulden, Ruhestörung, Bedrohung von Nachbarn,
Hygieneprobleme/Verwahrlosung, Sachbeschädigung etc.) oder auf Grund der
Problemlage absehbar dazu führen können, so dass unmittelbar ein
Wohnungsverlust droht. Die Personen sind nicht in der Lage, aus eigener Kraft
ihre sozialen Schwierigkeiten zu überwinden.
Der
Personenkreis benötigt eine kontinuierliche Beratung und Betreuung in eigenem
Wohnraum durch aufsuchende Sozialarbeit von sozialpädagogisch qualifizierten
Fachkräften.
Ziel
der Hilfe ist der Wohnraumerhalt. Die Maßnahmen sollen zur eigenständigen und
eigenverant-wortlichen Lebens- und Haushaltsführung sowie zu einem
angemessenen Sozialverhalten innerhalb einer Hausgemeinschaft und der
angrenzenden Nachbarschaft befähigen.
5.2.
Zielgruppe der von Wohnungslosigkeit betroffenen Personen
Zielgruppen
und Hilfebedarf werden nachfolgend differenzierter betrachtet, das heißt, die
ziel- gruppenorientierte Ausrichtung der Maßnahmeplanung konzentriert sich auf
die von Wohnungslosigkeit betroffenen Personen.
5.2.1.
Wohnungslose Familien und Elternteile
mit Kindern
Es
handelt sich um Personen, die wohnungslos sind und bei denen insbesondere unter
Berück-sichtigung der Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder eine dauerhafte
Reintegration in eigenen Wohnraum erforderlich ist.
Wohnungslosen
Familien/Elternteile mit Kindern sollen, insbesondere hinsichtlich der
Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder, besondere Beachtung zukommen.
Hilfebedarf: Die rechtzeitige Prävention von Wohnungslosigkeit, die sofortige
Wohnraumversor-gung bei eingetretener Wohnungslosigkeit und die Verhinderung
langfristiger Unterbringungen in den Wohnungsloseneinrichtungen sind
erforderlich. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder müssen gefördert werden.
Die
Zielgruppe der wohnungslosen Familien und Elternteile mit Kindern hat hohe
Priorität. Vorrangige Hilfen nach dem SGB VIII und anderen Sozialgesetzbüchern
sind zu beachten.
Dies
bedeutet im Einzelnen:
·
Familien/Elternteile
mit Kindern müssen auch bei kurzfristig höheren Ausgaben der
Leistungsträger (z. B. bei Mietschulden) in ihren Wohnungen verbleiben können,
·
Vorrang hat die
Wohnraumversorgung und
·
die Einweisung in
Wohnungsloseneinrichtungen ist nach Möglichkeit zu verhindern.
5.2.2.
Allein stehende wohnungslose Frauen und
Männer
Die
Gruppe der allein stehenden wohnungslosen Frauen und Männer umfasst denjenigen
Personenkreis, der zum größten Teil in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe
untergebracht ist.
Die
Lebensumstände wohnungsloser Frauen sind durch geschlechtsspezifische Benachteiligungen
in Ausbildung und Beruf, das Fehlen einer eigenständigen Existenzsicherung, ein
erhöhtes Armutsrisiko, Erfahrungen von Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung
geprägt. Wohnungslose Frauen schämen sich ihrer Notlage und wenden sich häufig
erst im äußersten Notfall an das Hilfesystem. Viele brauchen besonders
gesundheitliche Hilfen zur Feststellung bzw. zum Behandeln von psychischen
Erkrankungen.
Die
wohnungslosen Männer bilden die Hauptgruppe der Wohnungslosen. Diese Gruppe ist
gekennzeichnet durch erhebliche soziale Schwierigkeiten in Verbindung mit
komplexen Problemlagen wie z. B.
Arbeitslosigkeit, Defiziten in der schulischen und beruflichen Ausbildung,
Überschuldung, zerstörte/fehlende familiäre und soziale Beziehungen,
Suchtabhängigkeit etc.
Bei
der Gruppe der jungen Volljährigen (18 bis 21 Jahre) sind gegebenenfalls
Abstimmungen mit bestehenden Leistungen der Jugendhilfe vorzunehmen.
Hilfebedarf: Der Bedarf variiert je nach individuellen Konfliktlagen. Es ist
i. d. R. von einer Mehrfachproblematik und einer Wechselwirkung zwischen
einzelnen Problemkomplexen auszugehen. Es gibt aber auch allein stehende
Frauen und Männer, die außer einer Unterkunft keiner weiteren
sozialpädagogischen Betreuung bedürfen.
Je
nach Problemlage kommen alle unter 4. aufgezeigten Unterbringungs- und
Betreuungsmöglich-keiten in Betracht. Ein wesentliches Ziel der Maßnahmen ist
das Wiedererlernen bzw. Einüben einer eigenständigen Lebens- und
Haushaltsführung sowie die Bearbeitung weiterer Problemlagen, wie z. B.
Suchtabhängigkeit und Defizite im Sozialverhalten, des Arbeitsplatzes,
mangelnde Qualifikation.
Ergibt
die Hilfeplanung, dass neben der fehlenden Unterkunft kein weiterer
Betreuungsbedarf besteht, erfolgt die Unterbringung in der Regel in der
Übernachtungsunterkunft.
5.2.3. Auf der Straße lebende Menschen
Auf
der Straße lebende Menschen sind aus verschiedensten Gründen von den
Unterbringungs- und Betreuungsangeboten ausgeschlossen oder lehnen diese ab.
Sie haben daher nur sporadische oder keinerlei Bezüge zum Sozial- und
Gesundheitssystem.
Dieser
Personenkreis zeichnet sich durch komplexe Problemlagen aus, die geprägt sind
von Ar-beitslosigkeit, Defiziten in der schulischen und beruflichen Ausbildung,
Überschuldung, Straffälligkeit, zerstörten/fehlenden familiären und sozialen
Beziehungen, Suchtabhängigkeit, akuten physischen und psychischen Erkrankungen.
Für
die auf der Straße lebenden Menschen werden niedrigschwellige Tages-,
Verpflegungs- und Übernachtungsangebote, aufsuchende Sozialarbeit und
Beratungsstellen angeboten. Die Einrichtungen stellen ein Minimum an
Versorgungsleistungen, wie beispielsweise Waschgelegenheiten, Kleider- und
Essenversorgung bereit. Durch Beratung können existentiellen Probleme dieses
Personenkreises erkannt und aufgegriffen werden. Die Motivation zur
Inanspruchnahme weitergehender Hilfen kann dadurch erhöht werden.
Hilfebedarf: Der Bedarf variiert je nach individuellen Konfliktlagen. Es ist
i. d. R. von einer Mehr-fachproblematik und einer Wechselwirkung zwischen
einzelnen Problemkomplexen auszugehen.
Die
Komplexität der Problemlagen macht in der Regel intensive Betreuungsmaßnahmen erforderlich,
die sowohl die Themenbereiche Sucht, insbesondere Alkohol- aber auch Drogenabhängigkeit,
akute Erkrankungen und psychische Auffälligkeiten, Überschuldung etc. in
Verbindung mit Wohnungslosigkeit umfassen.
Für
die Gruppe der jungen Volljährigen ohne ausreichende Schul- und
Berufsausbildung kommen darüber hinaus Hilfen nach dem SGB VIII und
Arbeitsförderungsmaßnahmen in Frage, soweit entsprechende
Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind.
Für
auf der Straße lebende Menschen, die perspektivisch nicht in eigenständige
Lebensverhältnisse und eigenen Wohnraum reintegriert werden können, sind
niedrigschwellige Einrichtungen mit Motivationshilfen (Beratungsstellen,
Tagesaufenthalte und Nachtasyl) anzubieten, um ein Leben auf der Straße
weitestgehend zu verhindern bzw. weitere Hilfemöglichkeiten zu eröffnen. Dabei
ist die besondere Situation von Frauen zu berücksichtigen.
Junge
Volljährige
Die
Zahl von jungen Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt überwiegend auf der
Straße haben, hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Diese
Entwicklung findet ihre Ursachen u. a. in den gesetzlichen Veränderungen der
letzten Jahre (z. B. den Sanktionsmöglichkeiten nach SGB II) und in den
gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen (Segregation, Prekarisierung,
Entsolidarisierung etc.). Oft lehnen wohnungslose junge Erwachsene
institutionelle Hilfen ab. Wohnungslosigkeit ist jedoch alles andere als
angenehm. Sie stellt für die Betroffenen eine Notlage dar. Wer auf der Straße
lebt und nicht in eine Übernachtungseinrichtung gehen will oder kann, muss
draußen schlafen oder bei Bekannten unterkommen. Insbesondere für junge Frauen
gehören die Angst und sexuelle Übergriffe als Gegenleistung für einen
Schlafplatz zum Alltag. Wer draußen schläft setzt sich massiven gesundheitlichen
Gefahren aus. Körperpflege und Hygiene sind generell nur eingeschränkt möglich.
Auf der Straße zu leben heißt auch, keine Privatsphäre und kein wirkliches
Privateigentum zu haben.
Daher
ist ein gesondertes Hilfeangebot für diese Zielgruppe mit ihren speziellen
Problemlagen besonders wichtig. Die Träger der Wohnungslosenhilfe sind bestrebt
jugendspezifische Angebote in Kooperation mit dem zuständigen Amt für Jugend
und Soziales zu diskutieren und zu entwickeln.
5.2.4.
Wohnungslose mit starken psychischen
Beeinträchtigungen und Suchtproblemen
Es
handelt sich um Personen, die in Verbindung mit erheblichen sozialen Problemen
wohnungslos sind und entweder in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe
untergebracht sind oder auf der Straße leben. Sie weisen starke psychische
Beeinträchtigungen auf, die verbunden sind mit Sucht-
insbesondere
Alkoholabhängigkeit, aber auch mit Drogen- und Tablettenabhängigkeit.
Psychische
Beeinträchtigungen können sowohl Ursache als auch Folge von Wohnungslosigkeit
sein.
Hilfebedarf: Psychisch beeinträchtigte Wohnungslose benötigen Einrichtungen,
die sowohl auf die spezifische Problemlage des Klientels in Verbindung mit
Wohnungslosigkeit als auch mit starken psychischen Störungen ausgerichtet sind.
Eine Vernetzung mit den Hilfen im Psychiatrie- und Suchtbereich und die
Kooperation der jeweiligen Fachkräfte ist erforderlich.
Ziel
ist es, dem betroffenen Personenkreis den Einstieg in weiterführende
integrative Maßnahmen zu eröffnen.
5.2.5.
Langzeitwohnungslose mit starken
Abbauerscheinungen und/oder pflegebedürftige
Wohnungslose
Es
handelt sich um denjenigen Personenkreis, bei dem i. d. R. keine Aussicht auf
Reintegration in eine eigenständige Lebens- und Haushaltsführung mehr möglich
ist. Hierbei handelt es sich um Frauen und Männer, für die auf Grund ihrer
schweren physischen, psychischen und sozialen Defizite (Nichtbelastbarkeit,
Desorientierung, fehlendes oder eingeschränktes Urteilsvermögen und
Anpas-sungsfähigkeit etc.) eine vollständige und dauerhafte Selbständigkeit in
einer eigenen Wohnung kaum erreicht werden kann.
Bei
einer Vielzahl dieser Menschen ist von einem Pflegebedarf unterhalb der
Pflegestufe I – so genannte Pflegestufe 0 – auszugehen. Die
notwendigen Hilfen gehen damit über die üblicherweise in Wohnungsloseneinrichtungen
zu erbringenden Leistungen der persönlichen Beratung, Begleitung und Betreuung
hinaus. Bei einem Teil der Zielgruppe können Hilfen im Rahmen der Eingliederung
für Behinderte nach §§ 53 ff. SGB XII erforderlich sein. Leistungen nach § 67
SGB XII können nicht in Anspruch genommen werden, da aufgrund des
Krankheitsbildes eine Überwindung der besonderen sozialen Schwierigkeiten
ausgeschlossen ist, es sich in der Regel bei dieser Zielgruppe also um einen
dauerhaften Hilfebedarf handelt.
Für
den beschriebenen Personenkreis ist das Betreute Wohnen für Wohnungslose zur
Dauerwohneinrichtung geworden. Hintergrund dafür ist auch, dass selbst bei
anerkannter Pflegebedürftigkeit eine Unterbringung in Alten- und Pflegeheimen
den besonderen Bedürfnissen dieser Menschen teilweise nicht gerecht wird. Immer
wieder kam es in der Vergangenheit zu Kündigungen der Pflege-plätze und zur
erneuten Aufnahme in den Wohnungslosenunterkünften. Bislang gibt es für diesen
Personenkreis kein angemessenes Versorgungsangebot außerhalb der
Wohnungslosenunterkünfte.
Hilfebedarf
(nicht abschließend): Körperpflege
Persönliche Assistenz
Beratung zur Wahrung sozialrechtlicher
Ansprüche
Hilfe zu Pflege
regelmäßige Ernährung
Intervention bei Suchtverhalten
Kommunikation
Beschäftigung
soziale Anerkennung
Hilfe bei schwankenden
Gesundheitszuständen
Es
besteht ein Bedarf an Einrichtungen, in denen ein dauerhaftes Wohnen möglich
ist und gleichzeitig Betreuung u. a. im Rahmen sozial- und krankenpflegerischer
Maßnahmen angeboten wird, die die Menschen nicht überfordert. Dabei sind
räumliche, hygienische und personelle Mindeststandards zugrunde zu legen, die
ein dauerhaftes Wohnen ermöglichen.
Maßnahmen: Entwicklung einer Konzeption für die Zielgruppe der Langzeitwohnungslosen und pflegebedürftigen Wohnungslosen
unter Einbezug der vorhandenen Einrich- tungen und
Angebote im Rahmen der ambulanten und stationären Hilfe zur
Pflege und Prüfung der Schaffung einer speziellen
Einrichtung für diese Perso- nengruppe.
6. Reintegration und Beschäftigung
6.1.
Wohnraumversorgung
Die
Unterbringung in Wohnungsloseneinrichtungen ist durch die schnelle Versorgung
mit Wohnraum sowie die Befähigung des Betroffenen zur selbständigen
Lebensführung nach Möglichkeit zu vermeiden bzw. so schnell wie möglich zu
beenden.
Bis
Ende 1995 erfolgte die Wohnraumversorgung Wohnungsloser sporadisch und ohne
festgelegte Verfahrenswege. Mit dem Belegungsbindungsgesetz MV wurden ab 1996
die Voraussetzungen für die gezielte Wohnraumversorgung benachteiligter
Personenkreise, so auch für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte
Menschen, geschaffen. Auf dieser Grundlage wurden Kriterien für die Vergabe von
Wohnberechtigungsscheinen (WBS) und die Festlegung von Dringlichkeitsstufen für
die Vergabe von Wohnraum in der Hansestadt Rostock erarbeitet. Zeitgleich wurde
in den Kooperationsverträgen zu den Belegungsrechten mit den
Wohnungsunternehmen vereinbart, dass Inhaber eines WBS der Dringlichkeitsstufe
I vorrangig mit Wohnraum zu versorgen sind.
Zur
Umsetzung der Kooperationsverträge wurde u. a. eine Arbeitsgruppe
„Wohnraumversorgung WBS mit Dringlichkeitsstufe I“ aus Vertretern
der Wohnungsunternehmen und der Stadtverwaltung gebildet. Diese setzte jedoch
mit Inkrafttreten der SGB II und XII mit ihrer Arbeit aus, weil sich aus den
bestehenden Kooperationsverträgen Zahlungsverpflichtungen für die Hansestadt
Rostock ergaben, die so von den neuen Leistungsgesetzen nicht mehr gedeckt
waren.
Seit
Mitte 2006 erfolgt daher die Wohnraumversorgung für Inhaber eines WBS mit Dringlichkeitsstufe
I überwiegend durch Initiative der freien Träger bei den einzelnen Wohnungsunternehmen.
Die
Kooperationsverträge mit den Wohnungsunternehmen sind entsprechend dem
leistungsrechtlich Möglichen zu überarbeiten und neu abzuschließen. Im
Anschluss ist die Arbeitsgruppe zur Wohnraumversorgung wieder einzuberufen.
Eine
bedarfsgerechte und dauerhafte Wohnungsversorgung von Haushalten mit besonderen
Zugangsproblemen zum regulären Wohnungsmarkt ist jedoch nur zu erreichen mit
verbindlichen, effizienten Kooperationen zwischen Kommunen, Wohnungsunternehmen
und freien Trägern. Denn nur mit einer Vernetzung der Handlungsfelder dieser
Akteure kann es gelingen, Wohnungslose in reguläre Wohnungen zu vermitteln, sie
beim Erhalt der vermittelten Wohnungen zu unterstützen und ihnen bei Bedarf
auch darüber hinaus notwendige Hilfen bei der Bewältigung von Problemen zu
gewähren.
6.2.
Arbeit und Beschäftigung
Arbeit
und Beschäftigung sind wichtige Elemente bei der Stabilisierung der
Persönlichkeit wohnungsloser Menschen. Das durch Arbeit erzielte Einkommen und
die mit Arbeit verbundenen sozialen Kontakte sind neben dem eigenen Wohnraum
oft die entscheidenden Voraussetzungen für eine nachhaltige Integration in das
gesellschaftliche Leben. Sie dient – u. U. als Beschäftigung und
Beschäftigungstherapie – bereits im Vorfeld einer regulären
Arbeitsaufnahme dem Wiedererlernen verschiedener Kompetenzen (Strukturieren des
Alltages, Stärkung des Verantwortungsbewusstseins). Diese Kompetenzen sind
wichtige Voraussetzungen für die Überwindung der Lebensumstände, die in letzter
Konsequenz zur Wohnungslosigkeit geführt haben. Die Bemühungen hinsichtlich der
Vermittlung in Arbeit und Beschäftigung sollen daher intensiviert werden.
Die
Betreuer in den Einrichtungen müssen darauf hinwirken, dass die Bewohner und
Besucher der Wohnungsloseneinrichtungen die Angebote des Arbeitsamtes und des
Hanse-Jobcenters in verstärktem Maße nutzen. Die Teilnahme an solchen Maßnahmen
muss im Sinne der o. g. Zielstellung Vorrang vor der Beschäftigung in den
Einrichtungen selbst haben. Dabei spielt nicht zuletzt die Motivierung jedes
Einzelnen durch die Betreuenden eine besonders wichtige Rolle. Die Betroffenen
sollen erkennen, dass Arbeit und Beschäftigung notwendige und wichtige
Bestandteile ihres Lebens sind. Gleichzeitig muss es darum gehen, ihre
Fähigkeiten und Potenziale auf dem Weg zu einer geregelten Arbeit sinnvoll zu
nutzen und weiter zu entwickeln.
·
Verstärkte
Förderung von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten für Personen mit
erheblichen Vermittlungshindernissen am ersten Arbeitsmarkt und gezielte
Unterstützung von Männern und Frauen mit einer Wohnungsnotfallproblematik zur
Teilnahme an solchen Maßnahmen
·
Entwicklung
spezifischer Beratungsangebote für arbeitslose Betroffene, die den
Anforderungen an Eigenaktivitäten und Mitwirkung bei der Arbeitssuche nicht
genügen, sowie Entwicklung geeigneter Verfahren, mit denen (erneut) drohende
Wohnungsverluste infolge von Sanktionen möglichst weitgehend minimiert werden
können
·
Entwicklung
zielgruppenspezifischer Handlungs- und Maßnahmenkonzepte zur Wiedereingliederung
in das Erwerbsleben über die vorhandenen Förderinstrumente hinaus und unter
Berücksichtigung der Gestaltungsregelungen der bestehenden Förderinstrumente
nach SGB II, SGB III, SGB VIII und SGB XII einschließlich der Instrumente zur
komplementären Förderung, z. B. des Europäischen Sozialfonds
·
Förderung der
Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der Wohnungslosenhilfe und denen der
beruflichen Eingliederung zur Vernetzung von Maßnahmen der beruflichen
Reintegration mit Maßnahmen der Wohnungslosenhilfe
·
Organisation,
Koordination und (Weiter-)Vermittlung in zielgruppenspezifische Maßnahmen der
beruflichen Integration.
7.
Sekundärprävention
Die
Erfahrungen zeigen, dass die genannten Vorbehalte von Vermietern dieser
schwierigen Personengruppe gegenüber nicht unbegründet sind. Die Versorgung mit
neuem Wohnraum ändert das soziale Verhalten der Betroffenen nicht immer. Es
kann in Einzelfällen erneut zu so schwer-wiegenden Störungen kommen, dass eine
erneute Kündigung, eventuell Räumung und Unterbringung in einer
Wohnungsloseneinrichtung die Folge sind. Um diesen Pendeleffekt zu vermeiden
und eine nachhaltige Integration Betroffener in den „normalen“
Mietalltag zu erreichen, bedarf es einer zeitlich befristeten nachgehenden
Betreuung (so genannte Sekundärprävention).
Nachbetreuung
wird für Personen angeboten, die aus einer Einrichtung der Wohnungslosenhilfe
in eigenen Wohnraum ziehen oder aber deren Wohnungsverlust bei schwerwiegenden
Problemen nur durch Umzug in anderen Wohnraum verhindert werden konnte. Hierbei
wird angestrebt, die Nachbetreuung auf bis zu drei Monate zu beschränken. Die
Prüfung der Dauer der Nachbetreuung erfolgt individuell im Einzelfall.
8.
Statistik
Aussagen
zur aktuellen Situation, zu Entwicklungen in der Vergangenheit oder zu
Prognosen zukünftiger Entwicklungen/Trends und damit zur langfristigen Planung
sind nur auf der Basis valider Daten möglich.
Die
Verfügbarkeit einer solchen Datenbasis bedarf der Mitarbeit aller Beteiligten.
Durch die freien Träger werden dem Amt für Jugend und Soziales
Monatsstatistiken zur Verfügung gestellt.
9.
Zusammenarbeit der Beteiligten
Vermeidung
und Überwindung von Wohnungslosigkeit und nachhaltige Integration Betroffener
in das gesellschaftliche Leben sind die Ziele der gemeinsamen Arbeit aller
Beteiligten. Zu den Beteiligten gehören die verschiedenen Stellen der
Stadtverwaltung, die freien Träger der Wohnungslosenarbeit, politisch und
bürgerschaftlich engagierte Menschen. Sie wirken nach Kräften zusammen, um die
in diesem Konzept festgeschriebenen Maßnahmen umzusetzen. Dafür bedarf es im
Einzelfall spezieller Absprachen und Regelungen, die nicht Bestandteil dieses
Konzeptes sein können.