Stellungnahme - 2020/AN/0674-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, an die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern heranzutreten, um im Rahmen einer freiwilligen humanitären Aktion darüber zu informie-ren, dass die Hanse- und Universitätsstadt Rostock bereit ist, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von den griechischen Ägäis-Inseln in Rostock aufzunehmen.

 

 

  1. rechtliche Rahmenbedingungen

 

Unabhängig von der Bereitschaft der Initiative „Städte sicherer Häfen“ zu prüfen, ob auf freiwilliger Basis unbegleitete Minderjährige (umA) aus den griechischen Flüchtlingslagern aufgenommen werden können, ist eine generelle Klärung über das Bundesinnen-ministerium bezüglich einer möglichen Einreise von Minderjährigen dieser Zielgruppe unumgänglich und Regelungen zu erlassen. Dies ist für die Rechtsfolgen erheblich. Es wäre wünschenswert, wenn den Kommunen, die Bereitschaft zur Hilfe erklären, durch den Bund Rechtssicherheit gegeben würde.

 

Bleiben solche Regelung aus, gelten für diese Minderjährigen derzeit die gesetzlichen Regelungen des § 42a ff SGB VIII. Dies bedeutet, dass umA umgehend von dem Jugendamt, in dessen Einzugsgebiet (vorrangig Grenzübergänge an den Busrouten in Süddeutschland sowie seltener an Flughäfen) diese Personen erstmalig in Deutschland von einer Behörde registriert werden, vorläufig nach § 42 a SGB VIII in Obhut genommen werden und anschließend über einen Verteilungsschlüssel über das Bundesverwaltungsamt und die zuständigen Landesstellen (in Mecklenburg-Vorpommern das Landesjugendamt beim


Kommunalen Sozialverband) an die mit einem Zuweisungsbescheid für zuständig erklärten Landkreise/Kreisfreien Städte verteilt werden. Eine Unterscheidung in der Verteilung nach Herkunftsland, Einreisegründe etc. sieht das Gesetz mit seiner Quotenregelung nicht vor.

 

Weiterhin würden sich die Minderjährigen ohne offizielle Regelung der unerlaubten Einreise schuldig machen. Die Organisation der unerlaubten Einreise wäre ebenfalls eine strafbewährte Handlung. Daher ist es umso wichtiger, dass die Bundesregierung der Hilfsbereitschaft vieler Kommunen einen legalen Rahmen verschafft.

 

  1. aktueller Sachstand umA-Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern

Im aktuellen Verteilungsschlüssel der 6. KW/2020 liegt das Land Mecklenburg-Vorpommern mit 23 umA unter der Quotenerfüllung. In unregelmäßigen Abständen werden pro Woche ca. 1 - 2 umA nach Mecklenburg-Vorpommern verteilt. Innerhalb Mecklenburg-Vorpommerns werden bereits seit 2018 keine umA mehr nach Rostock verteilt, da die landesintere Quote stets deutlich überschritten wurde. Aktuell leben 60 umA (IST-Stand) in Rostock bei einer SOLL-Quote von 50. Alle verteilungsfähigen umA, die seitdem in Rostock vorläufig in Obhut genommen wurden, wurden per Zuweisungsbescheid an andere Landkreise in M-V verteilt. Somit müsste gegenüber der Landesstelle umA M-V beim Landesjugendamt/KSV M-V bei einer freiwilligen Aufnahme von umA klar die freiwillige Zuständigkeitsübernahme erklärt werden, für die Zuweisungsbescheide der Landesstelle erstellt werden müssen. Diese Prozesse wären mit dem Landesjugendamt noch zu gestalten.

 

 

  1. aktueller Sachstand umA-Versorgung in Rostock

Für eine adäquate Betreuung von umA ist für den ersten Betreuungszeitraum bei der angenommen Altersgruppe der 14 - 17-jährigen eine Regelwohngruppenbetreuung fachlich vorgesehen. In Rostock bestehen aktuell 203 Plätze für diesen Bereich. In der 6. KW/2020 wurden über die wöchentlichen Freiplatzmeldungen nur fünf freie Plätze in den Regelwohngruppen gemeldet. Diese werden zur Deckung des bestehenden Bedarfes zwingend benötigt.

Zum Zwecke der freiwilligen Aufnahme von umA könnte die Schaffung weiterer Plätze bei Trägern durch Interessenbekundungsverfahren initiiert werden. Dies benötigt jedoch einigen zeitlichen Vorlauf. Hinzu kommen die bekannten Engpässe bei Personal und Wohnraum für diesen Bereich der Jugendhilfe.

 

 

  1. Fallkosten

Die durchschnittlichen Kosten einer Regelwohngruppenbetreuung belaufen sich aktuell auf ca. 5.200 € monatlich je umA zzgl. des Barbetrages und möglicher Kosten der Krankenhilfe nach § 264 SGB V.

 

Grundsätzlich ist der überörtliche Träger durch das Land M-V zur Kostenerstattung verpflichtet. Nach Auffassung der Verwaltung gilt § 89 d SGB VIII auch bei einer freiwilligen Übernahme. Bei Geschwisterzusammenführungen ist dieses Prozedere bereits bekannt und die Kostenerstattung unstrittig. Zum Verfahren bei freiwilliger Aufnahme trifft das Gesetz keine Aussage. Die Verwaltung holt beim Landesjugendamt eine offizielle Aussage zur Kostenübernahme durch das Land ein.

 

 

  1. Verwaltungskosten

Im Fallmanagement SGB VIII besteht aktuell eine reale Fallbelastung von 50 Fällen pro FallmanagerIn. Erklärtes Ziel ist ein Fallschlüssel von 1 : 35. Freiwillige Fallübernahmen würden die Belastung der MitarbeiterInnen verschärfen. Im Rahmen der aktuell überprüften Fallschlüssel und Personalzuführungen ist die steigende Fallbelastung durch die freiwillige Aufnahme von umA zu berücksichtigen.

 

 

Fazit

In Bewertung der vorliegenden Fakten spricht sich die Verwaltung für eine freiwillige Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen aus den griechischen Flüchtlingslagern unter Beachtung der v.g. Bedingungen und einem zeitlichen Vorlauf zur Umsetzung aus.

 

 

 

 

Steffen Bockhahn

 

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Beschlüsse

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04.03.2020 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben