Informationsvorlage - 2020/IV/0780

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

 

Durch das Bundesteilhabegesetzt werden die Leistungsformen und Leistungsarten für Menschen mit Behinderungen wesentlich verändert. Dies bedeutet einen Systemwechsel, von einem standardisierten zu einem personenzentrierten Leistungssystem in der Eingliederungshilfe und führt zu einem erheblichen Veränderungsprozess innerhalb der Verwaltung. Auswirkungen, die mit dem Systemwechsel verbunden sind, werden sowohl im Rahmen des Verwaltungshandels als auch im Rahmen des Leistungsgeschehens ersichtlich.

 

 

  1. Auswirkungen im Rahmen des Verwaltungshandelns

 

Die beschriebenen BTHG-bedingten Änderungen führen zu einem erheblichen Mehrbedarf an Verwaltungsaufwendungen.  Aus Sicht der Verwaltung ist ein Fallzahlschlüssel von 1 : 75 unerlässlich, um die BTHG-bedingten Herausforderungen zu bewältigen.

 

1.1 Kosten zur Umsetzung der BTHG-bedingten Verwaltungsleistungen

 

Bereits mit Verabschiedung des Bundesteilhabegesetztes hat das Amt für Jugend, Soziales und Asyl begonnen, die Struktur der Abteilung Eingliederungshilfe auf die Herausforderungen vorzubereiten, was zu einem erheblichen Maß an Personalzuwachs führte.  Die damit verbundene Anpassung des Fallzahlschlüssels pro Sachbearbeiter lässt sich wie folgt darstellen:

 

 

Jahr

Anzahl VZÄ

Anzahl Leistungsberechtigte

Fallzahl pro VZÄ

31.12.2017

30

2699

90

31.12.2018

33

2651

80

2019

35

2713

78

 

 

 

Das Amt für Jugend, Soziales und Asyl hat seit dem Beginn der Umsetzung im Jahr 2017 alle BTHG-bedingten Mehraufwendungen erfasst, um aussagefähig gegenüber dem Land im Hinblick auf die Kostenerstattung zu sein. Die folgende Tabelle erfasst alle BTHG-bedingten Mehraufwendungen, die bisher durch die MitarbeiterInnen des Amtes für Jugend, Soziales und Asyl entstanden sind:

 

 

2017

2018

2019

Plan 2020

nach Entwurf des Gesetzes zur Ausführung  des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Landesausführungsgesetz SGB IX - AG-SGB IX M-V)

 

211.739,00 €

350.892,00 €

575.279,51 €

lt. Rd.Erlass Nr. 2/2020 MSIG M-V

Gesamt-Mehraufwendungen Verwaltung

21.916,48 €

604.173,98 €

923.307,83 €

1.309.609,20 €

Differenz

-21.916,48 €

-392.434,98 €

-572.415,83 €

-734.329,69 €

 

1.2 Zwischenfazit

 

Bleibt es bei dem vorhandenen Gesetzesentwurf, ist allein für die vergangenen drei Jahre und für das kommende Jahr mit einem Defizit im Rahmen der Kostenerstattung in Höhe von insgesamt 1.721.096,98 € zu rechnen. Auch in Zukunft werden die BTHG-bedingten Personalzuführungen nicht ausfinanziert. Sollte die Hanse- und Universitätsstadt Rostock nicht bereit sein die beschriebene Finanzierungslücke auszugleichen, kann das Bundesteilhabgesetz nicht umgesetzt werden. Die Qualität der Leistungserbringung und die damit verbundene Inklusion von Menschen mit Behinderung kann nicht garantiert werden.

 

 

  1. Auswirkungen im Rahmen des Leistungsgeschehens

 

Das Amt für Jugend, Soziales und Asyl hat bei der Analyse der BTHG-bedingten Entwicklung der Mehraufwendungen die bereits vorhandenen Anträge auf neuartige Leistungen berücksichtigt und  die Annahme erstellt, dass Mehraufwendungen durch neuartige Leistungen in Höhe von 2.819.073,00 Euro entstehen.  Neben den neuartigen Leistungen sind bereits zum jetzigen Zeitpunkt die zusätzlichen Kostensteigerungen eines jeden Einzelfalles wie folgt darzustellen:

 

 

 

2.1             Kostenerstattung durch das Land M-V

 

Der Finanzierungsanteil des Landes beträgt für die kreisfreien Städte 72 % und für die Landkreise 82,5 %. Diese Quote soll in das Landesausführungsgesetz SGB IX übernommen werden.

 

Vor 2016 wurde der überörtliche Anteil der Jahresnettoauszahlungen zu 100 % vom Land finanziert. Der örtliche Teil ging komplett zu Lasten der Kommunen. Die Gesamtbetrachtung aller Produkte nach dem SGB XII zeigt einen überörtlichen Anteil der Jahresnettoauszahlungen von circa 70 % für 2017 bis zum ersten Halbjahr 2019. In dieser Gesamtbetrachtung ist die Hanse- und Universitätsstadt Rostock zum älteren Finanzierungsmodell nicht schlechter gestellt.

 

 

Eine differenzierte Betrachtung des Produktes 31103 - Eingliederungshilfe (ab 2020 31401 – Eingliederungshilfe nach SGB IX, Annahme örtlich/überörtlich umgerechnet) zeigt einen überörtlichen Anteil der Jahresnettoauszahlungen von circa 76%.

 

 

Das Landesausführungsgesetz SGB IX verweist auf Übergangsquoten gemäß des Landesausführungsgesetzes SGB XII, das heißt die Kostenerstattungen des Landes in Höhe von 72% für kreisfreie Städte bleiben bestehen. Folgt man der Systematik, dass hiermit die Leistungen der überörtlichen Hilfen durch das Land finanziert werden ist diese Quote nicht ausreichend. Der Anteil der überörtlichen Jahresnettoauszahlungen beträgt ca. 76 %.

 

Ab dem 01.01.2020 werden in Umsetzung des SGB IX die Leistungen nicht mehr nach örtlicher oder überörtlicher Zuständigkeit differenziert.

Die Erstattung erfolgt auf Grundlage der Jahresnettoauszahlungen. Die unterschiedlichen Erstattungsquoten für kreisfreie Städte und Landkreise sind daher nicht nachzuvollziehen.

 

2.2  finanzielle Auswirkungen

 

Anhand der Hochrechnungen für das kommende Kalenderjahr ist festzuhalten, dass die BTHG-bedingten Mehraufwendungen im Rahmen des Leistungsgeschehens durch die bestehende Regelung nicht vollumfänglich aufgefangen werden. Für 2017 und 2018 wären unter Annahme der Erstattungsquote der Landkreise von 82,5 % jährlich rund 6,5 Mio. EUR Mehreinnahmen zu verzeichnen.

 

 

  1. Fazit

 

Die zuvor beschriebenen finanziellen Defizite führen zu einem erheblichen Problem im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes.  Weder für das Verwaltungshandeln noch für die direkte Leistungsgewährung sind Regelungen getroffen worden, die zu einer vollumfänglichen Finanzierung der durch das Land an die Gebietskörperschaften übertragenen Aufgaben des Bundesteilhabegesetzes führen. Sollte es bei den hier beschriebenen Kostenerstattungsregelungen bleiben ist davon auszugehen, dass die Ziele des Bundesteilhabegesetztes nicht umgesetzt werden können.

 

 

 

 

Steffen Bockhahn

 

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Beschlüsse

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19.02.2020 - Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration - zur Kenntnis gegeben