Stellungnahme - 2019/AN/0568-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Die Verwaltung hält einen solchen Beschluss weder für zielführend noch für formell und materiell rechtmäßig.

 

1. Ausgangspunkt ist, dass die Fraktionen selbst Arbeitgeber für ihre Beschäftigten sind; in diesem Umfang sind sie teilrechtsfähig (vgl. ArbG Rostock, Urteil vom 30.06.2009 -3 Ca 562/09-). Sie schließen die Arbeitsverträge ab; hierbei können die Fraktionen autonom bestimmen, zu welchen Konditionen sie ihre Fraktionsgeschäftsführer und Assistenten einstellen und vergüten, sie sind als Arbeitgeber weisungsbefugt usw.

 

2. Etwas anderes ist die Frage der Refinanzierung dieser Personalkosten. § 23 Abs. 5 S. 4 Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern ("KV MV") bestimmt, dass Fraktionen "Zuwendungen aus dem Gemeindehaushalt erhalten" können. Für die folgende Legislaturperiode hat die Bürgerschaft mit Beschluss Nr. 2019/AN/0018 die Refinanzierung geregelt. Der unter TOP 11.1 gefasste Beschluss Nr. 2019/AN/0018 sieht bezüglich der Personalaufwendungen vor:

- unter Ziffer 2.: es werden nur die "notwendigen Personalkosten" erstattet;

- unter Ziffer 5.: die Personalkosten werden "unter Anwendung der Entgeltordnung und der ergänzenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes für den Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (VKA) ermittelt";

- die Fraktionen als Arbeitgeber können "zur Bewirtschaftung der Personalkosten ... Service-Vereinbarungen mit der Verwaltung abschließen" (auf dieser Basis erledigt die Personalabteilung die Lohnbuchhaltung inkl. Lohnauszahlungen, ab dem 01.01.2021 als umsatzsteuerpflichtige Dienstleistung an die Fraktionen).

 

3. Aufgrund dieser Refinanzierungsregelungen stellt sich die Situation so dar:

- Die Fraktionen als Arbeitgeber schließen mit ihren Geschäftsführern und ggf. Assistenten als Arbeitnehmer Arbeitsverträge unter Anwendung der Entgeltordnung ab. Die Fraktionen entscheiden auch über die Gewährung eines etwaigen Antrags auf Teilzeit.

 

- Liegen die Voraussetzungen des TV FlexAZ (vom 27.02.2010 i.d.F. vom 18.04.2018) vor, käme auch eine Refinanzierung in Betracht; denn bei diesem Tarifvertrag handelt es sich um einen "ergänzenden" Tarifvertrag in o.g. Sinne. Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock könnte den Fraktionen den Mehraufwand infolge Gewährung von Altersteilzeit also nur dann nur erstatten, wenn dies dem TV FlexAZ entspricht; nur dann handelte es sich um notwendige Personalkosten. Dabei ist der Mehraufwand nicht unerheblich: Mehraufwand beim - typischerweise vereinbarten - Blockmodell gemäß § 7 TV FlexAZ wären: Zahlung von 50% Vergütung zzgl. Aufstockungsleistungen i.H.v. 20% sowie eine Rentenaufstockung, und zwar sowohl in der Arbeits- als auch in der Freiphase (dasselbe gilt sinngemäß für das Teilzeitmodell). Hinzu käme, dass die jeweilige Fraktion sicherlich in der Freiphase nicht ohne Geschäftsführer*in/Assistent*in auskommen wollte, also zusätzliche Personalkosten für eine(n) weitere(n) Geschäftsführer*in/Assistent*in entstehen würden.

 

- Für die Anwendung des TV FlexAZ liegen im Regelfall die Voraussetzungen der §§ 3 und 4 TV FlexAZ nicht vor. Neben den persönlichen Voraussetzungen (§ 5 TV FlexAZ) sind zwei sachliche Alternativen denkbar: Die Alternative 1 (§ 3 TV FlexAZ) setzt sachlich voraus, dass Altersteilzeit in "Restrukturierungs- und Stellenabbaubereichen bei dienstlichem ... Bedarf vereinbart werden" kann. Die Verwaltung geht davon aus, dass bei keiner der Fraktionen eine solche Situation vorliegt. Die Alternative 2 (§ 4 TV FlexAZ) lässt über die Alternative 1 "Altersteilzeit im Übrigen" nur bis zu einer Quote von 2,5% der Beschäftigten zu: "Der Anspruch ... ist ausgeschlossen, wenn und solange 2,5 v.H. der Beschäftigten ... von einer Altersteilzeitregelung ... Gebrauch machen." Das bedeutet, bei dem-/derjenigen Mitarbeiter*in, der/die die Quote von 2,5% überschreitet, ist Altersteilzeit auch nach dieser Alternative 2 tariflich ausgeschlossen. Das ist in der Regel der Fall - es gibt nur maximal zwei Mitarbeiter*innen bei den Fraktionen; bereits der/die erste Mitarbeiter*in würde zu einer Teilzeitquote von 50% führen.

 

4. Der Beschlussvorschlag ist vor dem Hintergrund dieser Sach- und Rechtslage nicht zielführend. Die Fraktions-Beschäftigten werden bereits jetzt nicht anders behandelt als die Tarif-Beschäftigten der Stadtverwaltung. Bei letzteren kann nur eine geringe Anzahl Beschäftigter innerhalb einer Quote von 2,5% Altersteilzeit beantragen, bei den Fraktionen wird die Quote überschritten. Das ist Tarifrecht. Auf Nachfrage haben Ämter aus dem Umland bestätigt, dass sie den TV FlexAZ bisher auch nicht angewendet haben; dass der TV FlexAZ gerade bei kleineren Strukturen nicht zur Anwendung kommt, ist also diesem Tarifvertrag immanent.

 

5. Würde man - mit dem vorliegenden Beschlussvorschlag - hingegen fordern, dass die Fraktionen generell, also ohne Beachtung der Quote, Altersteilzeit gewähren könnten, würden Fraktionsbeschäftigte bessergestellt als städtische Tarif-Beschäftigte. Dann wäre ein solcher Beschluss des Hauptausschusses zudem rechtswidrig, weil er gegen den oben zitierten Bürgerschaftsbeschluss verstieße. Ein solcher Beschluss des Hauptausschusses wäre überdies formell rechtswidrig, weil der Hauptausschuss nicht zuständig für eine solche Refinanzierungsregelung ist.

 

 

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Beschlüsse

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03.12.2019 - Personalausschuss - vertagt

Beschluss:

Vertagt