Stellungnahme - 2018/AN/4082-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

 

Die vorliegende Antragsunterlage wird grundsätzlich begrüßt.

Die Thematik genießt gegenwärtig wegen der hohen Brisanz des Insektenrückganges der letzten Jahre/Jahrzehnte einerseits und der erhöhten Anfälligkeit der Honigbiene gegenüber Krankheiten/Parasiten anderseits auch auf Bundes- und Landesebene einen hohen Stellenwert.

Die Situation der Honigbienen, Hummeln und Wildbienen ist sehr Besorgnis erregend. Die Ursachen dafür sind ein Komplex aus Futtermangel, dem Ausbringen von Neonikotinoiden und der Varroa – Milbe und in diesem Zusammenhang die Übertragung pathogener Viren. Es ist inzwischen erwiesen, dass der Futtermangel im ländlichen Raum durch die konventionelle Landwirtschaft und bestehende Monokulturen viel dramatischer ist als in den Städten. Aus diesem Grund ist der Vorschlag, Rostock zur blühenden und bienenfreundlichen Stadt zu profilieren und damit eine Vorreiterrolle in der gesamten Bundesrepublik einzunehmen, sehr zu begrüßen. Folgende Aspekte müssen dabei berücksichtigt werden:

 

1.Bei der Gestaltung der öffentlichen Grünflächen spielen sehr unterschiedliche Nutzungsaspekte eine Rolle. Die Unterstützung der Bienen, insbesondere gegen den Futtermangel ist einer davon. Es müssen jedoch auch andere Funktionen der öffentlichen Grünflächen Berücksichtigung finden, wie z.B. Spiel und Sport, Liegewiesen etc.. Auch eine Mitnutzung der Grünanlagen zur Rückhaltung/ kurzfristigen Einstauung von

 

 

 

 

 

Niederschlagswasser ist von Bedeutung, dient insbesondere der Anpassung an den Klimawandel. Die Möglichkeiten für eine sogenannte "Multicodierung" (Funktions- und Nutzungsüberlagerung) bestimmter Grün- und Freiräume werden derzeit im Rahmen der Erarbeitung des Umwelt- und Freiraumkonzeptes für die Hansestadt- und Universitätsstadt Rostock untersucht.

 

Aus diesem Grund können nicht alle Rasen – bzw. Wiesenflächen als zweischürige Wiesenflächen angelegt und gepflegt werden. Insgesamt soll das Pflegeregime im Amt für Stadtgrün jedoch überdacht und angepasst werden.

In diese Überlegungen fließen dann auch die Erfahrungswerte zur Grünflächenpflege u.a.

gehäufte Beschwerden bei „schlechtem“ Pflegezustand der extensiven Rasenflächen

(2-malige Mahd im Jahr) ein. Die Bürger akzeptieren im dicht besiedelten, urbanen Gebiet derartig „durchgewachsene Wiesen“ nicht. Vorstellbar wäre die Anlage dieser extensiv gepflegten Wiesen in städtischen Randlagen oder größeren städtischen Parkanlagen.

In Anbetracht der schon sehr extensiv und damit insektenfreundlich ausgerichteten Pflege der städtischen Schutzgebiete, ausgenommen davon die intensiv landwirtschaftlich genutzten Bereiche, wird sich der Fokus der Betrachtungen überwiegend auf die öffentlichen Grünflächen entsprechend der jetzt festgelegten Pflegeklassen zu richten haben.

 

Gleichzeitig ist richtigerweise der Blick auf die Einbeziehung weiterer privater Flächeneigner zu richten, um die Wirksamkeit des Beschlusses „in die Fläche“ zu unterstützen. Dafür wären öffentlich wirksame, unterstützende Infounterlagen zu erarbeiten, die die Umstellung der Flächenpflege und –nutzung thematisieren müssten.

 

2. Das Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Landschaftspflege Rostock hat in diesem Jahr mit neu angelegten Blumenwiesen in den unterschiedlichen Stadtteilen auf einer Fläche von insgesamt 12.895 m² ein weiteres wichtiges Statement gesetzt. Diese wurden von Insekten, wie Hummeln, Bienen und Schmetterlingen sehr zahlreich besucht.  Leider sind derartige blütenreiche Wiesen nicht kostenneutral herstellbar. Nach einer ersten Auswertung (10/ 2018) belaufen sich die Kosten für das Neuanlegen auf 5,35 €/m² und für das Erhalten über weitere Jahre auf 4,98 €/m². Im Vergleich dazu kostet die Pflege einer einfachen Rasenfläche 0,36 €/m² (intensive Rasenfläche = 6-malige Mahd im Jahr, Beräumung nach dem 1. Arbeitsgang). Dies zeigt sehr deutlich, dass die Hanse – und Universitätsstadt Rostock eine nicht zu unterschätzende Summe für dieses Projekt einplanen muss. 100.000,00 € würden allein für 2019 benötigt, um die bisherigen Standorte für Blumenwiesen zu erhalten und einige neue in noch nicht berücksichtigten Stadtteilen zu etablieren.

 

Der Auffassung im Unterpunkt „Finanzielle Auswirkungen“, wonach Kostenneutralität bzw. – ersparnisse angestrebt werden sollen, können wir deshalb nicht oder nur teilweise folgen.

Die Schaffung einer Blühkulisse durch Anlage von Blumenwiesen oder durch Anpflanzung von insektenfördernden Blühsträuchern/Bäumen auf mehr oder weniger intensiv gepflegten Rasenflächen erfordern hohe finanzielle Aufwendungen für die Realisierung einschließlich vorhergehender Planungen. Für die zeitaufwändige Begleitung/Erarbeitung wären Fachkräfte (über Vergaben oder als Eigenpersonal) vorzuhalten. Diese Tätigkeiten können nicht über vorhandene Personalbestände abgedeckt werden.

 

Auch für die Einwerbung von Fördermaßnahmen wären Eigenmittel der Stadt vorzuhalten.

    

3.Die Bäume der Stadt Rostock spielen als Nahrungsquelle für Insekten, vor allem für Bienen, eine sehr große und wichtige Rolle. Tatsächlich können die Bienen in unserer Stadt eine Vielzahl von Stadtbäumen, wie Linde, Ahorn, Robinie, Weide u.a. nutzen. Nicht nur einheimische Baumarten spielen dabei eine Rolle. Zahlreiche Untersuchungen an Instituten und Forschungsanstalten, u.a. in Veitshöchheim belegen, dass spätblühende Baumarten aus anderen Regionen, wie z.B. Schnurbäume, Blasenbäume, Götterbäume u.v.a.m. ebenso wertvolle Futterquellen darstellen. Aus diesem Grund müssen auch solche Baumarten bei der Planung und Pflanzung Berücksichtigung finden.

 

In den Bebauungsplänen der Stadt wird durch Textliche Festsetzungen Einfluss insbesondere auf die öffentlichen Flächen hinsichtlich der Wahl heimischer Sträucher und Durchmischung dieser Arten genommen. In den für die Umsetzung der Planung empfohlenen Pflanzenlisten werden bereits bienenfreundliche Pflanzen aufgeführt.

 

4.Das Rostocker Grünamt arbeitet inzwischen sehr eng mit dem Imkerverein in Rostock und dem Verband der Kleingärtner zusammen. Es wurden Flächenangebote für Stadtimker erarbeitet und zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Es wurde außerdem eine gemeinschaftliche Aktion zum Thema „Rostock schmeckt und summt“ am 19.10.2018 durchgeführt, um vor allem den Zusammenhang zwischen der Bestäubung durch Bienen und anderer Insekten und einer ertragreichen Ernte zu verdeutlichen. Gleichzeitig möchte das Amt für Stadtgrün die Stadtimker unterstützen, um Rostocker Stadthonig anbieten zu können.

Ein Bienenlehrpfad und die Errichtung von Insektenhotels u.a. Nisthilfen in öffentlichen Grünanlagen sind auf Grund der Vandalismusgefahr sicher nur auf ausgewählten und begrenzten Flächen möglich. Darum ist der Bieneninformationsgarten beim Verband der Gartenfreunde die bessere Methode für eine gute Umweltbildung mit Schulklassen und Kindergärten, denn es setzt eine  Betreuung und Fachkenntnisse durch einen Imker voraus.

Die Öffentlichkeitsarbeit im Amt für Stadtgrün zu diesem Thema soll weiterhin ausgebaut und intensiviert werden. Ein Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen dazu ist ein guter Hinweis und wird sehr gerne aufgegriffen.

 

5.Auch unsere Kleingärten können als Teil des gesamtstädtischen Grün- und Freiflächenverbundes zur ökologischen Aufwertung und Erhöhung der Artenvielfalt von Flora und Fauna und zur nachhaltigen Erhöhung der Lebensqualität für Mensch und Tier in Rostock beitragen. Ihre ökologische Funktion besteht nicht nur in der ausgleichenden Wirkung auf das innerstädtische Klima sondern insbesondere in deren Potential zur Stärkung der Biodiversität.

Die Berücksichtigung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes wird bereits vom Bundeskleingartengesetz verlangt. Über die Fachberatungen der Verbände und Vereine werden die Grundsätze einer gezielten ökologischen Bewirtschaftung der Parzellen an die Mitglieder übermittelt.

In vielen Vereinen werden Bienen gehalten. Das verhilft den Gärtnern zu besseren Ernten und bietet den Bienenvölkern, aber auch wild lebenden Insekten, reichhaltige Nahrung mit einer großen Vielfalt an Pollen- und Nektarspendern über die gesamte Saison.

 

Durch unterschiedliche Projekte wie Bienengärten oder Schulgärten hat auch das Ziel der frühzeitigen Umweltbildung bereits Einzug in die Kleingartenanlagen gefunden.

Das Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Landschaftspflege unterstützt die Initiativen durch finanzielle Förderung bei der Umsetzung dieser Projekte (z.B. „Bieneninformationsgarten“ und „Gartenkinder“ des Verbandes der Gartenfreunde, „Erlebnisgarten“ des Kleingartenvereins „Weiße Rose“, „Schmetterlingswiese“ der UNI Rostock).

 

Im Rahmen der Zielsetzung, Rostock blühender und insektenfreundlicher zu gestalten, gilt es, das Kleingartenwesen weiter zu stärken sowie das Bewusstsein der Kleingärtner für eine ökologische Bewirtschaftung ihrer Parzellen zu schärfen.

 

Mit Erhalt und Sicherung bestehender Kleingartenanlagen (besonders in stark versiegelten Stadtbereichen) und der konsequenten ökologischen Bewirtschaftung der Parzellen kann somit ein wesentlicher Beitrag zur blühenden und bienenfreundlichen Hanse- und Universitätsstadt Rostock geleistet werden.

 

 

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Holger Matthäus

 

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Beschlüsse

Erweitern

08.11.2018 - Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung, Umwelt und Ordnung - zur Kenntnis gegeben

Erweitern

14.11.2018 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben