Antrag - 2018/AN/4165

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag:

 

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die sog. Eigentümerzustimmung der Hanse- und Universitätsstadt Rostock zum Anschluss der Kleingärten der Anlage „Am Radelsee“ in Markgrafenheide an das öffentliche Abwassernetz im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung zu erteilen. 

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Begründung

 

Der KGV „Am Radelsee“ ist seit April 2014 an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen. Die Stadtverwaltung hat den Verband der Gartenfreunde e.V. nun aufgefordert, die Anlage vom Netz zu trennen und eine anderweitige Abwasserentsorgung vorzunehmen. Die Forderung ergeht aufgrund der Auffassung, dass der Anschluss einer Kleingartenanlage an das öffentliche Abwassernetz gegen das Bundeskleingartengesetz verstoßen würde.

Diese Rechtsauffassung ist jedoch strittig, u.a. sieht das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz keinen Verstoß. Im gesamten Bundesgebiet und auch in M-V sind einzelne Kleingartenanlagen an das öffentliche Netz angeschlossen, ohne dadurch ihren Status verloren zu haben.

Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock kann mittels sog. Eigentümerzustimmung die Auseinandersetzung beenden und für die Zukunft eine ökologische und kostengünstige Entsorgung des KGV unterstützen. Dies sollte im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung für eine Anlagemit besonderer topografische Lage und Grundwasserproblematik erfolgen.

 

Chronologie

Auf Grundlage einer Zustimmung vom Juni 2011 des vormaligen Eigentümers der Grundstücke, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, sowie des Verbandes der Gartenfreunde e.V. erfolgte 2011 der Anschluss des Vereinshauses des KGV „Am Radelsse“ e.V. an das öffentliche Abwassernetz.

 

Anfang Dezember 2013 befürwortete die Bürgerschaft auf Basis eines Antrags der Fraktion Rostocker Bund/Graue/Aufbruch 09 den Anschluss von Kleingartenanlagen an das öffentliche Abwassersystem, wenn die Festlegungen nach § 20 BKleingG nicht durch bauliche Erweiterungen zur Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität verletzt werden und die Befürwortung des zuständigen Kleingartenverbandes, der Wasserbehörde und des Grundstückseigentümers vorliegen.

Daraufhin stellte die KGV den Antrag auf Anschluss der Kleingartenparzellen an das Abwassernetz.

Anfang Januar 2014 ging der Oberbürgermeister in Widerspruch zum Bürgerschaftsbeschluss, aufgrund der Befürchtung eines Verstoßes gegen das Bundeskleingartengesetz. Daraufhin beauftragte ihn das Gremium, sich bei Land und Bund für eine Änderung des Bundeskleingartengesetzes einzusetzen.

Zeitgleich versagte der Verband der Gartenfreunde seine Zustimmung zum Antrag der KGV.

Eine Mitgliederversammlung des KGV beschloss dennoch im April 2014, den Anschluss in Betrieb zu setzen. Eine Trennung des Anschlusses erfolgte bis dato nicht.

Aufgrund eines Urteils des Landgerichtes aus Mai 2015 (Verband der Gartenfreunde e.V. ./. KGV Am Radelsee e.V.) sah sich die Stadt in ihrer Position bestätigt.

Eine gegenteilige Sicht wird auf Landesebene vertreten, insbesondere durch den Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, der hierzu bereits im Juni 2015 Stellung nahm, die durch den Petitionsausschuss des Landtages im September 2015 übernommen wurde.

Im Juli 2016 kam es zu erneuten Gesprächen mit dem Ministerium. Der Justiziar des Hauses, die Referentin für Kleingärten und der Zuständige für Abwasserbeseitigung der Unteren Wasserbehörde hatten nach ausführlicher Diskussion der Rechtslage keine Bedenken gegen den Anschluss der KGV Radelsee an das öffentliche Abwassernetz. Zugleich wurde bestätigt, dass es mit Blick auf die Unterschiede im Kleingartenwesen Ost und West keine Initiative des Landes M-V auf Bundesebene zur Veränderung des Bundeskleingartengesetzes geben werde, ebenso wenig wie weitere Landesregelungen, da diese nicht erforderlich seien und die konkrete Umsetzung der kommunalen Selbstverwaltung obliege.

Im Februar 2017 hat die Hansestadt nochmals den Anschluss an das öffentliche Abwassernetz abgelehnt, konkret hieß es, „dass eine Eigentümerzustimmung zum Anschluss der Gärten an das öffentliche Abwassernetz nicht in Aussicht gestellt wird, da sie dem Bundeskleingartengesetz widerspricht.“ Es werde keine Ausnahmegenehmigung erteilt.

Damit wurde dem zwischen den Parteien des Rechtsstreites aus 2015 (Gartenverband Rostock ./. Kleingartenverein Am Radelsse) ausgehandelten Vergleichsvorschlag die Grundlage entzogen und die Bemühungen um eine außergerichtliche Lösung eingestellt.

Im Dezember 2017 zog der KGV Radelsee e.V. seine Berufung gegen das Urteil aus 2015 zurück. Die Klägerin, der Kleingartenverband Rostock setzt sich selbst für den Anschluss an das öffentliche Abwassernetz ein.

Im Juni 2018 forderte die Hanse- und Universitätsstadt den Verband der Gartenfreunde e.V. als Generalpächter zur Umsetzung des Urteils aus 2015 und Trennung der KGV Radelsee vom Abwassernetz auf.

 

Sachverhalt – Ergänzung (redaktionelle Änderung vom 21.11.2018):

 

Die Grundstücke der Kleingartenanlage Am Radelsee befinden sich im Eigentum der Hanse- und Universitätsstadt Rostock.

Der Eigentümer ist zur gesetzeskonformen Entsorgung von Abwasser verpflichtet. Für die Kleingartenanlage Am Radelsee besteht seitens des WWAV ein Anschlusszwang (vgl. Schreiben vom  12.03.2013).

Einem solchen Anschlusszwang kann sich der Eigentümer nicht entziehen (siehe Urteil des VG und OVG Greifswald vom 20.05.2014 und 04.07.2016: „Das BKleingG sieht keine Ausnahme von den wasserrechtlichen Bindungen des Grundstückseigentümers vor.“

Generell berührt die Art und Weise der ordnungsgemäßen Abwasserentsorgung nicht die Eigenschaft einer Fläche als Kleingartenanlage. Dies wurde mehrfach durch das zuständige Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Verbraucherschutz bestätigt, ebenso wie durch das VG Greifswald und OVG Greifswald, u.a.:

„Wenn die Bebauung und Nutzung der Gärten innerhalb einer Kleingartenanlage den Kriterien der Gemeinnützigkeit im Übrigen entsprechen, kann nicht die sich aus der Nutzung ergebene Abwasserbeseitigung ihrerseits die Gemeinnützigkeit ausschließen.“ (Ministerium)

„Dieser Kommentierung (des BKleingG) lässt sich im Gegenteil entnehmen, dass einem Anschluss von Kleingartengebieten an leitungsgebundene Anlagen, zu denen auch zentrale Abwasserentsorgungsanlagen gehören, keine rechtlichen Bedenken entgegenstehen.“ (OVG Greifswald).

Das Urteil des LG Rostock zur KGV Am Radelsee berührte ausschließlich das Binnenverhältnis mit dem Verband der Gartenfreunde e.V. Da die KGV Am Radelsee weder eine Genehmigung des Verpächters (Verband) noch des Eigentümers (Kommune) für den Anschluss hatte, entschied das LG Rostock zugunsten des Gartenverbandes, denn Vertrag ist Vertrag: „Der Anschluss an das öffentliche Abwassersystem ist somit nach den Vereinbarungen der Parteien nicht vertragsgemäß.Die Problematik der Gemeinnützigkeit bzw. des BKleingG wurde nicht umfassend betrachtet, es heitß sogar, dass die „grundsätzliche Unzulässigkeit des Anschlusses an das öffentliche Abwassernetz nicht ausdrücklich im Bundeskleingartengesetz geregelt“ ist. Das Gericht stellt vielmehr auf Folgendes ab: „Im Rahmen der Abwägungsentscheidung ist weiter zu berücksichtigen, dass dem Kläger selbst die Vertragskündigung droht, wenn er gegenüber der Beklagten als seiner Vertragspartnerin nicht die Trennung des Anschlusses durchsetzt.“

Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock ist rechtlich nicht gehindert, die Eigentümerzustimmung für den Anschluss der Anlage an das öffentliche Abwassernetz zu erteilen, zumal sie lt. Anforderung des WWAV sogar geboten ist.

Würde sich der Verband der Gartenfreunde e.V. der ausschließlich seitens der Stadtverwaltung geforderten Durchsetzung der Kappung des Anschlusses entziehen, müsste die Kommune das Kappen einklagen. Angesichts der genannten Entscheidungen des OVG Greifswald sowie zahlreicher nicht nur in MV bestehender Anschlüsse an das öffentliche Abwassernetz dürften die Aussichten für einen Erfolg diskutabel sein.

Die Durchsetzung der Bestimmungen des BKleingG kann die Kommune regelmäßig kontrollieren, und zwar völlig unabhängig von der Art und Weise der Entsorgung des Abwassers.

In der Anlage befinden sich die folgenden Unterlagen, zum einen als Querliste, zum anderen als Schriftsätze.

 

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Finanzielle Auswirkungen:

keine

 

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Anlagen

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Beschlüsse

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14.11.2018 - Bürgerschaft - vertagt

 

Es erfolgt die bereits unter TOP 2, Änderungen der Tagesordnung, Anträge/Geschäfts­ordnungsanträge bestätigte Anhörung von Herrn Seifert (Vorsitzender des Verbandes der Gartenfreunde e.V.).
 

 

Der Oberbürgermeister weist, wie in der Stellungnahme der Verwaltung schon ausformuliert, noch einmal darauf hin, dass dem Beschlussvorschlag aus rechtlichen Gründen nicht gefolgt werden kann.

 

 

Herr Dr. Wandschneider stellt den Geschäftsordnungsantrag auf Vertagung des Antrages Nr. 2018/AN/4165.

 

Abstimmungsergebnis zum Geschäftsordnungsantrag: Angenommen
 

 

Frau Dr. Bachmann erklärt, dass sie der Verwaltung und den Fraktionen für die Angelegenheit relevante Unterlagen (u.a. Gerichtsurteile von 2014 und 2016 sowie den Hinweis vom zuständi­gen Ministerium von 2016) übergeben wird.

 

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05.12.2018 - Bürgerschaft - ungeändert beschlossen