Stellungnahme - 2018/AN/3703-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock stimmt der Fortschreibung des Fachkapitels Wohnentwicklung im Stadt-Umland-Entwicklungsrahmen nur unter der Voraussetzung zu, dass für den übergemeindlichen Bevölkerungsabzug und die fortlaufende Inanspruch-nahme der Infrastruktur der Hanse- und Universitätsstadt Rostock ein angemessener Interessensausgleich von den Umlandgemeinden geleistet wird.

 

Begründung:

Vom zuständigen Amt für Raumordnung und Landesplanung Region Rostock liegt ein beschlussfähiger Entwurf zur Fortschreibung des Kapitels Wohnentwicklung im Stadt-Umland-Entwicklungsrahmen vor (Anlage). Dieser wird den Gemeindevertretungen, so auch der Bürgerschaft der Hanse- und Universitätsstadt Rostock, zur Bestätigung vorgelegt.

 

Inhaltlich legt der Fortschreibungsentwurf fest, dass die Schwerpunkte für die Wohnbauentwicklung die Zentralen Orte, d.h. vorrangig das Oberzentrum Rostock sowie die weiteren zentralen Orte, insb. auf den Siedlungsachsen (Bad Doberan, Satow, Schwaan, etc.), bilden.

 

Um die Wohnungsnachfrage in der Region zu decken wird vorgeschlagen, ergänzende Wohnbaukontingente bis 2025 wie folgt zu verteilen:  

 

  • Hansestadt Rostock: + 7.000 Wohneinheiten
  • Weitere Zentrale Orte: + 2.000 Wohneinheiten
  • Umlandgemeinden des SUR-Rostock: + 1.300 Wohneinheiten

 

Damit wird den Bedarfen in den verschiedenen Segmenten (Einfamilienhaus, verdichtetes Bauen, Eigentums- oder Mietwohnung, u.v.a.) in den kommenden Jahren in ausreichender Quantität und Qualität entsprochen.


Als Grundlage für die Verteilung neuer Kontingente wurden insb. die Bevölkerungsprognose der Hanse- und Universitätsstadt Rostock bis 2035, die Bevölkerungsprognose für den Stadt-Umland-Raum Rostock (ohne Kernstadt) bis 2030 sowie die Prognose der Wohnungsbaunachfrage im Stadt-Umland-Raum Rostock (ohne Kernstadt) bis 2030 herangezogen.

 

Exkurs: Derzeitige Regelung im Raumentwicklungsprogramm Region Rostock (RREP) und Sachstand der Wohnungsbauentwicklung in den Stadt-Umland-Gemeinden

Derzeit findet im Allgemeinen der RREP Programmsatz Z 4.1 (2), Wohnbauflächenentwicklung außerhalb Zentraler Orte, Anwendung. Hiernach ist in den Gemeinden ohne zentralörtliche Einstufung die Neuausweisung von Wohnbauflächen nur im Rahmen des Eigenbedarfs zulässig. Als Eigenbedarf wird dabei eine Flächenentwicklung definiert, die eine Zunahme des Wohnungsbestandes um bis zu 3% ermöglicht. Grundlage für die Ableitung des kommunalen Eigenbedarfs ist der statistisch erfasste Wohnungsbestand zum Stichtag 31.12.2009. Als Ziel der Raumordnung ist der Programmsatz von allen Gemeinden des Stadt-Umland-Raumes Rostock zu beachten, es sei denn, die weitere Wohnbauflächenentwicklung erfolgt nach einer erfolgreich durchgeführten interkommunalen Abstimmung gemäß RREP Programmsatz Z 3.1.2 (3), Wohnbauflächenentwicklung im Stadt-Umland-Raum Rostock.  § 1 Abs. 4 BauGB legt die planungsrechtliche Anpassungserfordernis der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung fest.

 

Nachdrücklich muss an dieser Stelle darauf verwiesen werden, dass die Gemeinden des Stadt-Umland-Raumes Rostock gegen die Ziele der Raumordnung sowie die Anpassungspflicht der Bauleitpläne verstoßen haben. Eine erfolgreich durchgeführte interkommunale Abstimmung hat nicht stattgefunden. 

 

Im Rahmen der raumordnerisch zugesprochenen Eigenbedarfsentwicklung sind in den Stadt-Umland-Gemeinden insgesamt 544 Wohneinheiten zulässig. Entsprechend der aktuellen Evaluation der Wohnentwicklung des Amtes für Raumordnung und Landesplanung Region Rostock sind jedoch bereits bis zum 31.12.2014 rund 1000 neue Wohneinheiten in den Umlandkommunen entstanden.  Dies ist eine deutliche Überschreitung (84 %) der Eigenbedarfsregelung und widerspricht dieser maßgeblichen Festlegung des RREP. Bei interkommunalen Planungen darf die Grenze der Eigenentwicklung gemäß RREP Programmsatz Z 4.1 (2), bezogen auf das gesamte Gebiet der beteiligten Gemeinden, nicht überschritten werden.  Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock hat den Verstoß gegen diesen raumordnerischen Belang in Ihren Stellungnahmen zu den Bauleitplänen der Umlandgemeinden ausdrücklich geäußert. Die Umlandgemeinden haben also bereits in der Vergangenheit überproportional von der anhaltend guten Nachfrage nach Wohnraum profitiert. Diese Entwicklung geht zu Lasten der Hanse- und Universitätsstadt Rostock, da sie als Oberzentrum Schwerpunkt für die Siedlungsentwicklung ist.

 

Wanderungsgewinne, die wohl vornehmend zu einem drastischen Anstieg der Zahl der Wohneinheiten in den Umlandgemeinden geführt haben, zählen darüber hinaus nicht zum Eigenbedarf. Dieser resultiert lediglich aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, steigen-den Wohnflächenansprüchen, Veränderungen der Haushaltsgröße, Verbesserung der Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Umnutzung bestehender Grundstücks- und Gebäudeflächen sowie städtebaulichen Neuordnungs- und Sanierungsmaßnahmen.

 

Ergebnis der Prüfung:

Nach Prüfung der Unterlagen kommt die Hanse- und Universitätsstadt Rostock zu dem Ergebnis, dass sich die Dimensionierung der neuen Wohnbaukontingente für die Umlandgemeinden plausibel und nachvollziehbar aus den vorliegenden Prognosen und Vorausberechnungen ableiten und somit in ihrer Größenordnung von 1.300 Wohneinheiten bestätigt werden können.

Ergänzend zum vorliegenden Entwurf der Fortschreibung muss die Hanse- und Universitäts-stadt Rostock jedoch weiterhin an der Verankerung einer Regelung zum Abschluss einer finanziellen Ausgleichsregelung für die zur Rede stehenden Wohnbaukontingente in den Umlandgemeinden festhalten. Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock ist als Regiopole und Oberzent-rum Siedlungsschwerpunkt, nimmt übergeordnete Funktionen für die Umlandgemeinden wahr und gibt maßgeblich die Entwicklungsimpulse für die Region ab.

 

Die Forderung nach einer finanziellen Ausgleichsregelung lässt sich dabei plausibel aus den Leistungen der städtischen Gesellschaften und Ämtern, die auch durch die Bewohner*innen des Umlandes wahrgenommen werden, herleiten. Gemäß Haushaltsplan 2017 beziffern sich die Aufwendungen „Verlustausgleich“ der Gesellschaften und Ämter der Hanse- und Universitätsstadt Rostock auf ein Volumen von bis zu 90 Mio. EUR. Das heißt, im Haushalt der Hanse- und Universitätsstadt Rostock sind Aufwendungen enthalten, die einen signifikanten Umlandbezug (Verflechtungsbezug) aufweisen. In der ersten Linie werden hierzu die Leistungen der allgemeinen Verwaltung gezählt. Das sind beispielsweise Leistungen der Infrastruktur; Leistungen für den Verkehrsverbund; Sportförderung (Vereine), Sportstätten und Bäder; Stadtbibliothek und Jugendarbeit.

Die Zuweisungen der Hanse- und Universitätsstadt Rostock für das Vorhalten kommunaler Infrastruktureinrichtungen im Rahmen der übergemeindlichen Aufgaben gemäß § 16 FAG betragen rund 11 Mio. EUR für die laufende Verwaltungstätigkeit sowie 3,1 Mio. Euro für das Theater (weitere 4,5 Mio. EUR gemäß § 7 (6) FAG MV) und 12,3 Mio. EUR für investive Maßnahmen. Diese Zuweisungen ergeben summarum ein Gesamtvolumen von 26,4 Mio. EUR, die das Land M-V als FAG –Zuweisung für die Hanse- und Universitätsstadt Rostock bereitstellt.

 

Im Folgenden sind exemplarisch die konkreten Umlandrelevanzen des Konservatoriums, der Volkshochschule, der Volkstheater Rostock GmbH und der inRostock GmbH der Hanse- und Universitätsstadt Rostock kursorisch dargestellt.

 

1. Konservatorium

Per Stichtag 11.09.2017 wurden im Konservatorium 1.520 zahlende Schüler unterrichtet, davon 255 Nicht-Rostocker Schüler (16,8 %). Bezogen auf die durch die Hanse- und Universitätsstadt per Saldo ausgereichten Zuschüsse an das Konservatorium in Höhe von 1.160 TEUR (Plan 2017, TH 44, EHH) bedeutet dies, dass 195 TEUR für Nicht-Rostocker Schüler von der Hanse- und Universitätsstadt Rostock bezuschusst worden sind.

2. Volkshochschule

Rund 20 % der Teilnehmer an der Volkshochschule wohnen außerhalb der Hanse- und Universitätsstadt Rostock. Bezogen auf die durch die Hanse- und Universitätsstadt per Saldo ausgereichten Zuschüsse an die Volkshochschule in Höhe von 785 TEUR (Plan 2017, TH 43, EHH) bedeutet dies, dass 157 TEUR für Nicht-Rostocker Teilnehmer von der Hanse- und Universitätsstadt Rostock bezuschusst worden sind.

3. Volkstheater Rostock GmbH

Die Volkstheater Rostock GmbH (im Folgenden: VTR) hat einen erheblichen jährlichen Zu-schussbedarf, der durch Finanzmittel der Landes M-V sowie durch Haushaltsmittel der Hanse- und Universitätsstadt Rostock gedeckt wird. Die VTR erhält für 2018 vom Land M-V 3.074 TEUR gemäß § 16 (4) FAG M-V sowie 4.540 TEUR gemäß § 7 (6) FAG M-V (ausgereicht durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur). Diese Landesmittel werden auf der Grundlage der Einwohnerzuordnung von rund 400.000 Einwohnern (Hanse- und Universitätsstadt Rostock und ihrem Verflechtungsbereich (Landkreis Rostock)) gewährt.

 

Darüber hinaus erhält die VTR aus Haushaltsmitteln der Hanse- und Universitätsstadt Rostock weitere rund 9.100 TEUR. Der Landkreis Rostock leistet zur Finanzierung dieser Infrastruktureinrichtung mit definierter überörtlicher Bedeutung keinen Zuschuss. Für den Neubau des Theaters verhandelt die Hanse- und Universitätsstadt Rostock mit dem Land um einen Zuschuss in Höhe von 50% der Plankosten (102.000 TEUR).


Der andere Anteil muss durch die Hanse- und Universitätsstadt Rostock eigenständig getragen werden, analog den laufenden Kosten muss hierbei der gesamte Verflechtungsbereich berücksichtigt werden (400.000 Einwohner). Bis dato besteht keine Beteiligung des Landkreises am Theaterneubau.

 

4. inRostock GmbH

Die StadtHalle und die HanseMesse haben einen deutlichen überregionalen Bezug. Sichtbar wird das an den Besucherzahlen aus dem Landkreis in Höhe von 22,3 % (für das Jahr 2014, letzte Besucherbefragung). Der Zuschuss der Hanse- und Universitätsstadt Rostock für die Stadthalle beträgt jährlich ca. 3.200 TEUR. Der Eigenanteil an der Sanierung der Stadthalle beträgt ca. 1.800 TEUR. Ein Zuschuss des Landkreises Rostock für den laufenden Betrieb bzw. für die Sanierung ist derzeit nicht vorhanden.

 

Der Vergleich der oben geschilderten Aufwendungen und Erträge kommt zu der Feststellung, dass die Hanse- und Universitätsstadt Rostock einen nicht unerheblichen finanziellen Mehr-aufwand für die Bereitstellung übergemeindlicher Infrastrukturen hat, die weder eine Berücksichtigung im FAG noch in Form einer differenzierten Vergütung durch die Gemeinden des Stadt-Umland-Raumes bzw. des oberzentralen Verflechtungsbereiches finden und der Aufwendungen alleinig von der Hanse- und Universitätsstadt Rostock getragen werden. 

 

Die Begründung einer solchen Forderung kann auch dahingehend ergänzt werden, dass bereits im Jahr 2010 - gemäß des damals gültigem Finanzausgleichsgesetz (FAG) - eine Stadt-Umland-Umlage in Höhe von rund 1,6 Mio. EUR jährlich an die Hanse- und Universitätsstadt Rostock von den Umlandgemeinden verpflichtend zu entrichten war.

 

Diese wurde zwar bekanntermaßen zwei Jahre später durch das Landesverfassungsgericht Greifswald als nicht mit der  Landesverfassung vereinbar erklärt, dies jedoch vor allem wegen eklatanter methodischer Fehler.

 

Dennoch zeigt sich die Notwendigkeit einer finanziellen Entschädigung der Kernstädte der Stadt-Umland-Räume, so auch der Hanse- und Universitätsstadt Rostock. Das Versäumnis der Landesregierung eine neue Stadt-Umland-Umlage zu definieren und rechtlich verfassungskonform zu normieren darf nicht zu Lasten der Entwicklungsmotoren des Landes Mecklenburg-Vorpommern gehen.

 

Deshalb ist es folgerichtig für einen weiteren übergemeindlichen Bevölkerungsabzug und die fortlaufende Inanspruchnahme der Infrastruktur der Hanse- und Universitätsstadt Rostock eine verbindliche finanzielle Ausgleichsregelung im Stadt-Umland-Entwicklungsrahmen zu verankern, um eben dieses Ungleichgewicht zu schließen. Eine Zustimmung der Hanse- und Universitätsstadt Rostock zum vorliegenden Entwurf kann nur unter der vorgenannten Bedingung gegeben werden.

 

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in Vertretung

 

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Beschlüsse

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16.05.2018 - Bürgerschaft - vertagt

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06.06.2018 - Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus - zur Kenntnis gegeben

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07.06.2018 - Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung, Umwelt und Ordnung - zur Kenntnis gegeben

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27.06.2018 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben