Dringlichkeitsvorlage - 2016/DV/1733

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag:

 

Die Bürgerschaft beauftragt den Oberbürgermeister, gegen die Entscheidungen der Landesschiedsstelle M-V nach § 78 SGB VIII in den Verfahren

 

* 15/15 SGB VIII SchSt (Kita „Butzemannhaus“, Kopernikusstraße 16),

* 16/15 SGB VIII SchSt (Kita „Haus Sonnenschein“, Lomonossowstr. 25),

* 17/15 SGB VIII SchSt (Kita „Lindenpark“, Feldstr. 54),

* 18/15 SGB VIII SchSt (Hort  Goethestraße, Goethestraße 1)

 

Klage vor dem Verwaltungsgericht einzureichen.

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Beschlussvorschriften:  § 22 KV M-V, § 78 SGB VIII, § 16 KiföG M-V

 

Begründung der Dringlichkeit:

Die nachstehenden Schiedssprüche sind am 18.04.2016 in der Hansestadt Rostock eingegangen. Klage ist innerhalb eines Monats nach Zustellung zu erheben. Aufgrund dieser zeitlich befristeten Terminkette begründet sich die Dringlichkeit. 

 

Sachverhalt:

Zwischen dem DRK Kreisverband Rostock e.V. sowie der Abteilung Kinder-, Jugend- und Familienhilfe und dem Abteilungsbetriebsrat des DRK Kreisverband Rostock e.V. wurde im März 2015 eine Betriebsvereinbarung/ Entgeltvereinbarung mit Wirkung ab 1. Juli 2015 für die Abteilung Kinder-, Jugend- und Familienhilfe abgeschlossen. Bei den Personalkosten wurde eine 6%-ige Steigerung der Tabellenentgelte frühestens ab 1. Juli 2015 vereinbart.

 

Daraufhin forderte der DRK Kreisverband Rostock e.V. im Frühjahr 2015 die Hansestadt Rostock zur Verhandlung neuer Leistungs-, Qualitätsentwicklungs- und Entgeltverein-barungen (nachfolgend LQEV) zum 1. Juli 2015 für seine Kindertageseinrichtungen auf:

 

  1. „Haus Sonnenschein“, Lomonossowstr. 25
  2. „Butzemannhaus“, Kopernikusstr. 16
  3. „Lindenpark“, Feldstr. 54
  4. „Hort Goethestr.“, Goethestr. 1
  5. „Hort und Kita Flotte Waldkäfer“, E.-Andre-Str. 51/52
  6. „Benjamin Blümchen“, Gedser Str. 8
  7. „Hort Warnemünde“, Heinrich-Heine-Str. 3
  8. „Steppkeland“, Berringerstr. 33
  9. „Knirpsenland“, Parkstr. 12 in Warnemünde
  10. „Zum Lebensbaum“, Zum Lebensbaum 16

 

Je nach Laufzeit der bestehenden LQEV war der Abschluss zum 01.07.2015, zum 01.08.2015 bzw. zum 01.09.2015 möglich. In den Verhandlungen konnte bezüglich der Entgelte keine Einigung erzielt werden. Dissens bestand zur Höhe der Personalkosten-steigerung. Der DRK Kreisverband Rostock e.V. stellte daraufhin einen Antrag auf Einleitung eines Schiedsstellenverfahrens bei der Landesschiedsstelle nach § 78 g SGB VIII. Bezüglich der Sachkosten konnte letztendlich Einigung zwischen den Vertragsparteien erreicht werden.

 

Für die v. g. ersten vier Einrichtungen liegen die Schiedssprüche nunmehr schriftlich vor, mit der Entscheidung, dass dem Antrag des DRK Kreisverbandes Rostock e.V. hinsichtlich der begehrten Personalkostensteigerung i.H.v. 6 v.H. vollumfänglich entsprochen wurde. Für alle anderen Einrichtungen fand die Verhandlung vor der Schiedsstelle zu einem späteren Termin mit gleichem Ergebnis statt. Die Schiedssprüche liegen noch nicht in Schriftform vor.

 

Der Entscheidung der Schiedsstelle wird seitens des Fachamtes nicht gefolgt, da sie rechtsfehlerhaft ist.

 

 

A.)

Die beantragten Personalkosten der Erzieherinnen des DRK liegen zwar noch unter denen des TVöD VKA, jedoch kann eine Steigerung i.H.v. 6 v.H. für ein Jahr nicht als angemessen bewertet werden und wird dem Anspruch des § 78 b SGB VIII, wonach die Vereinbarungen mit den freien Trägern den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu entsprechen haben, nicht gerecht.

 

Die argumentativ angeführte DRK-Betriebsvereinbarung ist, wie de jure vorgeschrieben (Betriebsverfassungsgesetz § 77 Abs. 2), gemeinsam von Betriebsrat und Arbeitgeber zu beschließen und entfaltet, wie die Schiedsstelle SGB VIII richtig festgestellt hat, normative Wirkung. Dies jedoch nur im Binnenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine weitere rechtliche Bindung an Dritte besteht ausdrücklich nicht.

 

Dies bedeutet auch, dass die Betriebsvereinbarung nicht ausschließliche Bemessungs-grundlage für Entgelte von Sozialdienstleistungen sein kann. In der Folge würde dies nämlich bedeuten, sollte die Entscheidung der Schiedsstelle rechtskräftig werden, dass zukünftig jedwede Personalkostensteigerung mittels einer Betriebsvereinbarung o. ä. tariflichen Regelungen grundsätzlich im Automatismus durch den öffentlichen Träger der Jugendhilfe zu vereinbaren und durch die Eltern bzw. die Kommune bei Elternbeitragsübernahme refinanziert werden müssten, solange die Vergütungen unter dem TVÖD VKA liegen.

 

B.)

Der DRK Kreisverband Rostock e.V. führt argumentativ ins Feld, aufgrund von niedrigen Einstiegsgehältern nicht mehr genug qualifiziertes Personal gewinnen zu können. Dem kann nicht gefolgt werden. Zum einen zeigt der zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Entgeltforderungen des DRK Kreisverbandes Rostock e.V. durchgeführte externe Vergleich hinsichtlich der Personalkosten für ErzieherInnen deutlich auf, dass die Durchschnitts-gehälter in den Kindertageseinrichtungen des DRK über den Durchschnittspersonalkosten  aller Einrichtungen der Stadt liegen (s. Anlage, die auch der Entgegnung der Hansestadt Rostock im Schiedsstellenverfahren beigefügt war). Des Weiteren sei darauf hingewiesen, dass Mitarbeitergewinnung bzw. Mitarbeiterbindung nicht ausschließlich über die Personalvergütung gelingt. Wettbewerbsfaktoren um Fachkräfte sind auch die Attraktivität des Arbeitgebers hinsichtlich Mitarbeiterzufriedenheit und die sich daraus ergebende Identifikation mit dem Arbeitgeber auf Grund der Arbeitsatmosphäre im Unternehmen, dem Führungsverhalten der Vorgesetzten, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten bzw. Mitarbeiterförderung im Allgemeinen u.ä..

 

C.)

Nach der Plausibilitätsprüfung der von dem Einrichtungsträger geltend gemachten Kosten ist der externe Preisvergleich, also der Gesamtvergleich der Kita-Entgelte in der Hansestadt Rostock, Mittel der Wahl zur Prüfung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit. Dieses Verfahren zur Ermittlung leistungsgerechter Vergütungen ist Ergebnis höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BSG-Urteil vom 29.01.2009/ B 3 P 6/08 R). Im Schiedsstellenverfahren wurde jedoch in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit nur auf den Vergleich der Personalkosten des Einrichtungsträgers zum TVöD VKA abgestellt. Die unterlassene Anwendung des externen Preisvergleiches über die Entgelte aller Kitas in der Hansestadt Rostock und somit die Umgehung höchstrichterlicher Rechtsprechung wird seitens des Fachamtes als Verfahrensfehler betrachtet. Nur unter Berücksichtigung des externen Vergleiches ist das Fachamt in der Lage, die Angemessenheit der eingereichten Personalkosten zu bewerten, da der Einrichtungsträger nicht tarifgebunden ist.

 

D.)

Des Weiteren wird als Verfahrensfehler angesehen, dass die Schiedsstelle SGB VIII mit ihrer gängigen Spruchpraxis, wie sie nunmehr auch in Verfahren der Hansestadt Rostock angewandt wird, nämlich immer vollumfänglich zugunsten der freien Träger und somit zulasten der Kommune zu entscheiden, ihrem gesetzlichen Auftrag des Interessenausgleichs zwischen den streitenden Parteien nicht nachkommt.

 

Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Entscheidungen der Schiedsstelle einer gerichtlichen Überprüfung bedürfen. Mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht wird eine Entscheidung zur vollumfänglichen Refinanzierungspflicht durch Dritte (Eltern/Hansestadt Rostock) von durch Betriebsvereinbarungen bzw. anderen tariflichen Regelungen vorgegebene Personalkosten sowie zur Anwendbarkeit des externen Preisvergleiches erwartet.

 

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Finanzielle Auswirkungen:

 

Wird die Entscheidung der Schiedsstelle von der Hansestadt Rostock akzeptiert und auf die Klage beim Verwaltungsgericht verzichtet, hat dies erhebliche finanzielle Auswirkungen.

Allein für die vier Einrichtungen, für die der Schiedsspruch bereits vorliegt, belaufen sich die Mehrkosten bezüglich der Höhe der Personalkosten zwischen dem Angebot der Hansestadt Rostock und dem Schiedsstellenergebnis auf ca. 156.460 EUR pro Jahr, die hälftig von den Eltern und der Stadt zu tragen sind.

 

In Vertretung

 

Steffen Bockhahn

Zweiter Stellvertreter des

Oberbürgermeisters

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Beschlüsse

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11.05.2016 - Bürgerschaft - vertagt

 

- Bei TOP 2 – Änderungen der Tagesordnung - wurde Geschäftsordnungsantrag von Herrn Peters auf Änderung der Reihenfolge der Tagesordnung durch Verschiebung der Dringlichkeitsvorlage Nr. 2016/DV/1733 vom nichtöffentlichen in den öffentlichen Teil der Sitzung angenommen.

Hinweis:  Die Anlage zur Beschlussvorlage bleibt nichtöffentlich.

 

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18.05.2016 - Bürgerschaft - abgelehnt