Stellungnahme - 2014/AN/5250-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Sachverhalt:

Ausnahmegenehmigungen gemäß § 46 StVO – Weitere Gewährung von Parkerleichterungen für Gewerbetreibende und Freiberufler in den Bewohnerparkgebieten

 

Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im ruhenden Verkehr sind die Rechtsgrundlagen nach § 46 Abs. 1 Nummern 3, 4 a, 4b oder 11 StVO maßgeblich zu beachten. Nach dieser Vorschrift kann die Straßenverkehrsbehörde in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen, u. a. von der Vorschrift des Halt- und Parkverbots, von der Vorschrift, an Parkuhren nur während des Laufs der Uhr zu halten, sowie von den Verboten und Beschränkungen, die durch Vorschriftszeichen, Richtzeichen oder Verkehrseinrichtungen erlassen sind.

 

Die Erteilung einer solchen straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung steht gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO ausschließlich im Ermessen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Die Straßenverkehrsbehörde ist bei ihrer Ermessensausübung jedoch nicht frei. Sie muss zwar bei der Ausübung ihres Ermessens den mit dem Verbot verfolgten öffentlichen Interessen die besonderen Belange der vom Verbot Betroffenen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüberstellen (Wahrung des Ziels des Bewohnerparkens). Dabei wird das auszuübende pflichtgemäße Ermessen im Sinne einer bundeseinheitlich gleichmäßigen, am Gesetzeszweck orientierten Anwendung jedoch durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV) „zentralgebunden“, die eine besondere Dringlichkeit des Ausnahmefalls unter Anwendung eines strengen Maßstabes voraussetzt (vgl. VG München, Urteil vom 12.10.2011, M 23 K 10.5384, zit. nach Juris).

 

So heißt es in der Nr. I VwV zu § 46 StVO, abgedruckt in Jagusch/Henschel, Straßenverkehrsrecht, § 46, Rdnr. 3):

„Eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, ist daher nur in besonders dringenden Fällen gerechtfertigt. An den Nachweis solcher Dringlichkeit sind strenge Anforderungen zu stellen.“

 

Die Erteilung solcher Genehmigungen ist deren Ausnahmecharakter entsprechend restriktiv zu handhaben, denn eine unkontrollierte Ausweitung würde die Gefahr in sich bergen, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Regelfall wird (VG München, a.a.O.; Jagusch/Henschel, Straßenverkehrsrecht, § 46 Rdnr. 23).

 

Letztlich beinhalten Ausnahmegenehmigungen stets die Gefahr, dass gewünschte Zielvorstellungen verkehrlicher Maßnahmen konterkariert werden. Die Parkraumbewirtschaftung ist ein solches verkehrspolitisches Steuerungselement, um innerstädtische Straßen vom vermeidbaren Verkehr zu entlasten, die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel zu fördern, die Funktion der Parkflächen den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Handels und Gewerbes anzupassen und unnötigen Parksuchverkehr mit seinen belastenden Folgen zu vermeiden.
 

Das Bewohnerparken soll die Lebensqualität der Bewohner sichern und steigern, sowie vor dem massiv einströmenden ruhenden Verkehr der Pendler schützen. Die Funktion der Straße ist stets zu sichern und somit sind max. 50 % der zur Verfügung stehenden Parkflächen tagsüber (75% nachts) für die Bewohner reservierbar. Die übrigen Flächen sind dem allgemeinen Verkehr (u.a. der Gewerbetreibenden, der Freiberufler, der Firmen sowie von Besuchern und Gästen der Bewohner) zur Verfügung zu stellen. Ausnahmegenehmigungen dürfen hier nur erteilt werden, wenn dem Interesse des Antragstellers gegenüber dem allgemeinen öffentlichen Interesse der Vorrang einzuräumen ist. Das bedeutet, dass derjenige, der die Ausnahmegenehmigung begehrt, wesentlich stärker darauf angewiesen sein muss, die Straßenverkehrsordnung nicht einhalten zu brauchen, als sonstige Personen in vergleichbarer Lage (VG Saarland, Urteil vom 29.08.2012, 10 K 1899/11; VG Frankfurt, Urteil vom 08.06.2005, 12 E 135/04, jeweils zit. nach Juris).

 

Die Zeitersparnis und die Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Arbeitsabläufen im privaten oder beruflichen Bereich reichen als Nachweis dieser besonderen Dringlichkeit regelmäßig nicht aus. Im Rahmen des öffentlichen Interesses ist das berechtigte Interessen der Bewohner eines Bewohnerparkbereichs auf das Vorhandensein möglichst vieler freier Plätze zu berücksichtigen, die mit den - gegen Entgelt - ausgestellten Parkausweisen genutzt werden können.

 

Nur der Bewohner einer Bewohnerparkzone hat einen im Straßenverkehrsrecht verankerten, unabweisbaren Anspruch auf Erteilung eines Parkausweises für ein Fahrzeug. Der Bewohnerparkausweis gibt dabei keinen Anspruch auf einen Parkplatz in einem solchen Gebiet, sondern gibt dem Ausweisinhaber lediglich das Recht, sein Fahrzeug auf einem freien Parkplatz abzustellen. Da regelmäßig mehr Anspruchsberechtigte in einem solchen Gebiet wohnen (erheblicher Stellplatzmangel als Voraussetzung für die Ausweisung als Bewohnerparkbereich) als tatsächlich Parkplätze zur Verfügung stehen, ist die Suche nach einem freien Parkplatz auch mit Parkausweis schon schwierig genug. Da ist es rechtlich unredlich und konterkariert das verkehrspolitisches Steuerungselement, den betroffenen Bewohnern durch eine nicht ermessensgerechte Erteilung von Ausnahmegenehmigung die Situation zusätzlich zu erschweren. Hinzu kommt, dass z. B. in Warnemünde eine sehr starke Konzentration von Hotels und Ferienwohnungen zu verzeichnen ist. Würde man hier eine großzügige Erteilung von Ausnahmegenehmigungen praktizieren, würde der o. g. Effekt besonders drastisch zum Tragen kommen.

 

Insofern bestätigt auch das im Rahmen des Antrags der Fraktion angeführte Urteil des VG München vom 27.03.2009 die o. g. Handlungsgrundsätze.

 

Da die Straßenverkehrsbehörde des Oberbürgermeisters der Hansestadt Rostock beim Vollzug der Straßenverkehrsordnung gemäß § 2 Abs. 1 der  Straßenverkehr-Zuständigkeits- landesverordnung M-V im übertragenen Wirkungskreis handelt und deshalb nach § 78 Abs. 4 KV M-V und § 1 Abs. 3 besagter Landesverordnung hinsichtlich ihrer Ermessensausübung an die Weisungen übergeordneter Behörden gebunden ist, hat sie bei der Entscheidung über straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen überdies die zu § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO ergangenen Anwendungshinweise des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr M-V als ihrer Fachaufsichtsbehörde zu beachten. Es handelt sich bei dieser Aufgabe ihrem Ursprung nach nicht um eine kommunale, sondern um eine staatliche Aufgabe, die nicht der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 GG unterliegt. Demzufolge handeln die Gemeinden bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben nicht wie im eigenen Wirkungskreis im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich, sondern sind auch an die Rechtmäßigkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen der höheren Verwaltungsbehörde gebunden.

 

Der Gemeinde (hier insbesondere der Bürgerschaft) steht in diesem Kontext somit lediglich die Befugnis zu über die Tatbestandsmerkmale zu entscheiden, wer als berechtigter Bewohner zugelassen werden soll (z.B. neben dem Einwohner mit Hauptwohnsitz auch der steuerlich registrierte Zweitwohnungsinhaber). Für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen entscheidet gemäß den o. g. Regelungen der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern ausschließlich der Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock als zuständiges Organ. Über die Stadtverwaltung ist die Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises als Pflichtaufgabe einer unteren Verkehrsbehörde eigenverantwortlich wahrzunehmen.

 

Eine Entscheidungskompetenz zur Ausgestaltung der Genehmigung von straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigungen liegt nicht im Kompetenzbereich der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock.

 

Gleichwohl wird der in der Stadtverwaltung eingeleitete Untersuchungsprozess aller Bewohnerparkgebiete auf die rechtlichen Bestimmungen sowie sich daraus ergebene Maßnahmeempfehlungen bis zum Jahresende 2014 fortgeführt und mit den beteiligten Ortsbeiräten sowie den anderweitig zu Beteiligenden kommuniziert. Die Ergebnisse der Untersuchungen der unterschiedlichen Bewohnerparkgebiete und die fachliche Entscheidung zur Praxis der Ausnahmegenehmigungserteilung werden rechtzeitig öffentlich bekanntgegeben und über Verkehrsgespräche unter federführender Leitung der Verkehrsbehörde erläutert.

 

Langfristige Varianten für ein ausgewogenes Parkplatzmanagement von Anwohnern und Gewerbetreibenden werden geprüft.

 

 

Karin Helke

 

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Beschlüsse

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19.02.2014 - Ortsbeirat Stadtmitte (14)

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26.02.2014 - Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus - zur Kenntnis gegeben

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05.03.2014 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben