Antrag - 2013/AN/4880

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag:

Die Bürgerschaft faßt den folgenden Beschluß:

 

Der Oberbürgermeister erhält den Auftrag, gegenüber der Landesregierung und im Deutschen Städtetag darauf zu drängen, daß sich beide in ihrer Eigenschaft als oberstes kollegiales Regierungs- und Verwaltungsorgan des Landes Mecklenburg-Vorpommern bzw. als kommunaler Spitzenverband auf Bundesebene für eine Neufassung des Satzes 2 in § 72a (1) des Sozialgesetzbuches VIII einsetzen.

 

Das Ziel der Initiative soll darin bestehen, als zeitlichen Rahmen für eine Neuvorlage des Führungszeugnisses einen Zeitraum von mindestens drei bis höchstens fünf Jahren zu setzen.

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Sachverhalt:

Das Sozialgesetzbuch VIII enthält keine konkrete zeitliche Vorgabe für eine Neuvorlage des Führungszeugnisses. In § 72a (1) SGB VIII ist lediglich von „regelmäßigen Abständen“ die Rede.

 

In § 72a Absatz 1 des SGB VIII heißt es zunächst, daß die „Träger der öffentlichen Jugendhilfe … für die Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe keine Personen beschäftigen oder vermitteln (dürfen)“, die unter anderem „verurteilt worden“ sind wegen:

 

•              Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht;

•              sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen;

•              sexuellen Mißbrauchs unter Ausnutzung einer Amtsstellung;

•              sexuellen Mißbrauchs von Kindern;

•              Vergewaltigung;

•              Sexuellen Mißbrauchs widerstandsunfähiger Personen;

•              Zuhälterei und Ausbeutung von Prostituierten;

•              sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen;

•              Verbreitung pornographischer Schriften;

•              Mißbrauchs von Schutzbefohlenen;

•              Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und Menschenraubes und

•              Kinderhandels.

 

Der Kreis der Personen, die für eine Tätigkeit im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe nicht infrage kommen, ist also sehr klar geregelt.

Im Gegensatz dazu wird der zeitliche Rahmen für eine Neuvorlage des Führungszeugnisses nicht klar bestimmt.

 

In § 72a Absatz 1 Satz 2 heißt es: „Zu diesem Zweck sollen sie“ – also die Träger der öffentlichen Jugendhilfe – „sich bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 … des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen.“

 

Im Kommentar zum SGB VIII, herausgegeben von Prof. Reinhard Wiesner, heißt es unter der Überschrift „Zeitpunkt der Vorlage“ auf Seite 1.027:

 

„Das Führungszeugnis ist ,bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen‘ vorzulegen. Zur näheren Bestimmung des zeitlichen Abstandes liefern die Materialien keine Hinweise. Im Hinblick auf den Regelungszweck ist einer konkreten Betrachtungsweise der Vorzug zu geben. Damit hängt der Abstand von der Art der Tätigkeit und der bisherigen Beschäftigungsdauer ab. So dürfte das Gefährdungsrisiko bzw. das Schutzbedürfnis im Bereich der wirtschaftlichen JHilfe – (Jugendhilfe) niedriger liegen als etwa im ASD (Allgemeiner Sozialdienst) oder in einem sozialpädagogischen Spezialdienst, einer Kindertagesstätte oder einer stationären Einrichtung. Kürzere Abstände scheinen in der Probezeit und den ersten Berufsjahren angezeigt. Als genereller Rahmen kommt ein Zeitraum von mindestens drei bis höchstens fünf Jahren in Betracht (Hervorhebung durch die Antragsteller).“

 

Der Kommentator stützt sich dabei auf ein Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht aus dem Jahre 2006.

 

Strittig ist, inwieweit die Führungszeugnisse auch auf ehrenamtlich Tätige in Jugendverbänden ausgedehnt werden sollen. Der Deutsche Bundesjugendring argumentiert in einem „Hintergrundpapier“ aus dem Jahre 2009, daß es sich bei der Jugendverbandsarbeit um „ein politisch gewolltes Einstiegs- und Lernfeld für ehrenamtliches Engagement“ handele. „Dies kann nur geleistet werden, wenn der Zugang zu Engagement leicht und unformalisiert möglich ist.“ Deshalb wäre die Beibringung von Führungszeugnissen für die Jugendverbandarbeit bzw. „für die Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Funktionen hinderlich“. Auch könnten viele junge Menschen durch den Zwang, ein solches Zeugnis beibringen zu müssen, von der Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit abgeschreckt werden.

 

Der Bundesjugendring erklärt in demselben Dokument aber auch: „In den meisten anderen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe stehen Kinder und Jugendliche zu den dort tätigen Menschen in besonderen, existentiellen Abhängigkeitsbeziehungen (z. B: als so genannte Heimkinder, als Pflegekinder, als Hilfesuchende in Notsituationen). Diese Abhängigkeiten können sexuelle Übergriffe fördern. Es ist daher folgerichtig, hier besonders hohe Standards anzulegen. Diese müssen dann auch für Ehrenamtliche gelten, die in diesen Bereichen eingesetzt werden.“

   

Ein Dokument wie das Führungszeugnis ist im hochsensiblen Bereich der Kinder- und Jugendarbeit von immenser Bedeutung. Ein klar definierter Rahmen für eine Neuvorlage würde eine entscheidende Lücke schließen. Die Hansestadt Rostock mit ihrer breiten Angebotspalette in der Kinder- und Jugendarbeit könnte mit der oben genannten Initiative hierbei einen wichtigen Anstoß geben.

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Beschlüsse

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09.10.2013 - Bürgerschaft - abgelehnt