Stellungnahme - 2012/AN/3771-01 (SN)

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschriften: keine

 

 

bereits gefasste Beschlüsse: keine

 

 

Sachverhalt:

 

Der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock wird die Erhöhung des Hebesatzes bei der Grundsteuer B um 70 v. H. Punkte ab dem Jahr 2013 vorgeschlagen. Anlässlich der Eckwerteplanung 2013-2016 ergibt sich ein erheblicher zusätzlicher Finanzierungsbedarf hinsichtlich der Finanzierung der städtisch wahrgenommenen Aufgaben für die nächsten Jahre. Für das Jahr 2013 beträgt der derzeitige Finanzierungssaldo aus der Verwaltungstätigkeit ohne die Grundsteuererhöhung immerhin 8,2 Mio. EUR. Hinzu kommen Risiken wie die Stadt-Umland-Umlage mit möglichen Einnahmeausfällen 1,6 Mio. EUR, soweit das Land das FAG nicht nachbessert, und noch zu überprüfende, angemeldete Mehrbedarfe städtischer Gesellschaften. Zusätzlich sind die in Vorjahren aufgelaufenen Haushaltsdefizite, die im Haushaltsjahr 2012 zu einer Kassenkreditaufnahme bis zu 185 Mio. EUR geführt haben, mit jährlich durchschnittlich 10 Mio. abzubauen.

 

Hierfür ist es erforderlich, dauerhafte Verbesserungen der Ertragslage der Hansestadt Rostock zu erzielen oder die Aufwendungen und Auszahlungen im erforderlichen Umfang einzuschränken.

Ertragsteuern sind – im Unterschied zu Substanzsteuern – solche Steuern, die auf einen Vermögenszuwachs, also auf einen Zufluss von Geld oder geldwerten Gütern (Erträge) für eine bestimmte Periode (Besteuerungszeitraum) erhoben werden.

Umgangssprachlich: Wenn Geld oder geldwerte Güter einer Person zufließen, dann ist der Wert dieses Zuflusses die Besteuerungsgrundlage, auf die ein Steuersatz angewendet wird und damit zu einem Betrag der jeweiligen Ertragsteuer führt. Zu den Ertragsteuern gehören die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer.

Die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer sind in ihrer der Kommune zufließenden Höhe nicht beeinflussbar.

Das kommunale Hebesatzrecht findet seine Bedeutung in der verfassungsrechtlich abgesicherten Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Grundgesetz) und dem damit verbundenen Recht und der Pflicht, die gemeindliche Finanzwirtschaft in eigener Verantwortung zu regeln. In Deutschland ist ein kommunales Hebesatzrecht für die Realsteuern (Gewerbesteuer (§ 16 GewStG) und Grundsteuer (§ 25 GrStG) vorgesehen. Der Hebesatz ist ein Instrument, mit dem die Gemeinden die Höhe der ihnen zustehenden Realsteuern entsprechend den Finanzbedarf beeinflussen können.

Die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer werden regelmäßig in der kommunalen Haushaltssatzung für ein Haushaltsjahr (= Kalenderjahr) festgelegt, können also jedes Jahr entsprechend der jeweiligen Haushaltssituation geändert werden.

Durch die zur Finanzierung der vielfältigen Aufgaben der Hansestadt Rostock vorgeschlagene Hebesatzerhöhung der Grundsteuer B werden jährliche Mehreinnahmen der Hansestadt Rostock in Höhe von 3,2 Mio. EUR erwartet. Für die Steuerpflichtigen ergibt sich gemessen am Finanzbedarf und der jährlichen Belastung eine durchaus vertretbare Beteiligung an den kommunalen Belastungen, insbesondere die Grundsteuererhebung in Deutschland auf Grundlage einer nicht mehr den tatsächlichen Wertverhältnissen entsprechenden Bemessungsgrundlage. 

 

Angesichts der rückläufigen Zuweisungen von Bund und Land und der steigenden öffentlichen Aufgabenfinanzierung, die sich beträchtlich auf den Haushalt und somit auf die Aufgabenerledigung auswirken werden, ist die Beteiligung der Steuerzahler und Rostocker Bevölkerung an der Finanzierung der gesetzlich geregelten und freiwilligen, gemeindlichen Aufgaben und somit der Deckung des Finanzbedarfes über eigene Einnahmequellen zu sichern.

 

Die Gewerbesteuer ist seit dem Verfall der Einkommensteuerbeteiligung durch die Zahlung des Kindergeldes als Steuervergütung die wichtigste eigene Steuerquelle der Hansestadt Rostock. Das Aufkommen der Gewerbesteuer hat hier bislang nicht einmal 10,2 % des Durchschnittsaufkommens der alten Bundesländer erreicht. In der Hansestadt Rostock zahlen lediglich 15,4 % der in der Hansestadt Rostock tätigen Unternehmen tatsächlich eine Gewerbesteuer. 22,3 % des Gewerbesteueraufkommens resultiert derzeit aus Zerlegung des Gewerbeertrags für Betriebstätten, deren Hauptfirmensitz sich nicht in den neuen Bundesländern befindet. Ein Vergleich der Gewerbesteuerhebesätze 2012 bei Städten gleicher Einwohnergrößen ergab einen Durchschnitt von  451 %.

 

Die Gewerbesteuererträge haben sich im Jahr 2011 nicht wie erwartet entwickelt. Für das Jahr 2011 waren Einnahmen in Höhe von 68,5 Mio. EUR Gewerbesteuer veranschlagt worden. Der Planung wurde die Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzung vom Mai 2011 zugrunde gelegt, in der von einem Zuwachs in Höhe von 9,7 % ausgegangen wurde. Im Jahresergebnis wurde nur ein Aufkommen von 62,3 Mio. EUR erreicht. Das sind 6,2 Mio. EUR weniger als geplant. Das reine Anordnungssoll ohne Berücksichtigung der pauschalen Restebereinigung betrug nur 60,3 Mio. EUR und ist damit sogar gegenüber dem Jahr 2010 um 1,1 Mio. EUR zurückgegangen.

 

 

 

 

Allerdings muss hierbei berücksichtigt werden, dass sich die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise auf das Gewerbesteueraufkommen in der Hansestadt Rostock nur gering ausgewirkt hat. Der Aufkommensrückgang 2009 im Vergleich zu 2008 betrug nur 2,7 %, während die Gewerbesteuererträge (netto) der Kommunen bundesweit in 2009 um 20 % im Vergleich zum Jahr 2008 eingebrochen waren. Demgegenüber lagen dann die Steuerzuwächse in den beiden letzten Jahren 2010 und 2011 deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt. Bundesweit stiegen die Gewerbesteuererträge der Gemeinden in 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 13,2 %, in Mecklenburg-Vorpommern um 8,4 %, während sie in der Hansestadt Rostock nur um 1,5 % im Jahresergebnis gestiegen sind.

 

Entwicklung des Gewerbesteueraufkommens 2005 bis 2011

 

 

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

Planansatz in Mio. EUR

32

41,5

43,35

42,35

59,15

60,0

68,5

Gesamtaufkommen in Mio. EUR

37,2

50,8

43,7

63,9

62,1

62,4

60,3

Vorauszahlungen in Mio. EUR

28,7

32,6

35,7

42,5

38,5

42,7

46,3

Anteil VZ am Gesamtsoll in %

77,1

64,1

81,7

66,5

61,9

68,4

76,8

Gewerbesteuerpflichtige

15.591

14.028

14.808

15.521

15.021

14.029

15.322

Gewerbesteuervorauszahler

1.674

1.795

1.865

2.101

2.213

2.381

2.338

Anteil Vorauszahler in %

10,7

12,8

12,6

13,5

14,7

17,0

15,4

davon zahlen

 

 

 

 

 

 

 

über 500.000 EUR

7

10

9

13

12

15

13

über 50.000 bis 500.000 EUR

83

97

108

138

120

143

132

über 5.000 bis 50.000 EUR

474

550

576

631

706

818

829

über 500 bis 5.000 EUR

812

863

873

1.035

1.134

1.117

1.120

bis 500 EUR

298

275

299

284

241

288

244

 

Die Steuerschätzungen gingen noch vor einem Jahr von einem deutlichen Aufkommenszuwachs von 8,7 % für das Jahr 2012 aus, daraufhin wurde der Ansatz mit 70,0 Mio. EUR geplant. Die nach der November-Steuerschätzung um 2,8 % verminderten Einnahmeerwartungen konnten in der Planung nicht mehr berücksichtigt werden. Das tatsächliche Steueraufkommen per 31.12.2011 blieb deutlich hinter den geplanten Erwartungen zurück (-6,2 Mio. EUR).

 

Die aktuellen Ergebnisse lassen darauf schließen, dass auch die für 2012 geplanten Gewerbesteuererträge von 70,0 Mio. EUR nicht erreicht werden. Zum Jahresende wird nunmehr mit höchstens ca. 66 Mio. EUR Gewerbesteuererträge gerechnet. Davon ausgehend wurde auch für das Jahr 2013 und folgende die Planung nach unten angepasst. Für das Jahr 2013 kann daher nur mit einem Aufkommen von 69,0 Mio. EUR geplant werden. Das entspricht einer Minderung von 3,0 Mio. EUR zur ursprünglichen Planung für 2013.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auswirkung einer Hebesatzerhöhung bei der Gewerbesteuer auf das Gewerbe-steueraufkommen in der Hansestadt Rostock

 

Hebesatz in %

450

460

470

500

Gewerbesteueraufkommen

Planansatz 2013 in EUR

 

69.000.000

 

70.066.667

+  1.066.667

 

71.133.333

+  2.133.333

 

74.333.333

+  5.333.333

 

 

 

Auswirkung der Erhöhung der Hebesätze auf die Unternehmensformen

 

·         Einzelfirmen und Personengesellschaften

 

 

 

Gewerbesteuer in EUR

Gewinn

Einzelfirmen und Personengesellschaften

Hebesatz

Hebesatz

Hebesatz

Hebesatz

 

 

450 %

460 %

470 %

500 %

24500

0,00

0,00

0,00

0,00

0,00

50000

892,50

4.016,25

4.105,50

4.194,75

4.462,50

75000

1.767,50

7.953,75

8.130,50

8.307,25

8.837,50

100000

2.642,50

11.891,25

12.155,50

12.419,75

13.212,50

125000

3.517,50

15.828,75

16.180,50

16.532,25

17.587,50

150000

4.392,50

19.766,25

20.205,50

20.644,75

21.962,50

200000

6.142,50

27.641,25

28.255,50

28.869,75

30.712,50

500000

16.642,50

74.891,25

76.555,50

78.219,75

83.212,50

1000000

34.142,50

153.641,25

157.055,50

160.469,75

170.712,50

5000000

174.142,50

783.641,25

801.055,50

818.469,75

870.712,50

 

 

 

·         Kapitalgesellschaften

 

 

 

Gewerbesteuer in EUR

Gewinn

Kapitalgesellschaften

Hebesatz

Hebesatz

Hebesatz

Hebesatz

 

 

450 %

460 %

470 %

500 %

24500

857,50

3.858,75

3.944,50

4.030,25

4.287,50

50000

1.750,00

7.875,00

8.050,00

8.225,00

8.750,00

75000

2.625,00

11.812,50

12.075,00

12.337,50

13.125,00

100000

3.500,00

15.750,00

16.100,00

16.450,00

17.500,00

125000

4.375,00

19.687,50

20.125,00

20.562,50

21.875,00

150000

5.250,00

23.625,00

24.150,00

24.675,00

26.250,00

200000

7.000,00

31.500,00

32.200,00

32.900,00

35.000,00

500000

17.500,00

78.750,00

80.500,00

82.250,00

87.500,00

1000000

35.000,00

157.500,00

161.000,00

164.500,00

175.000,00

5000000

175.000,00

787.500,00

805.000,00

822.500,00

875.000,00

 

 

 

Hebesätze der Gewerbesteuer im Überblick

 

1991

1992

1993

1994

bis

1997

1998

bis

2000

2001

bis

2005

2006

bis

2007

2008

bis

2012

 

270 %

 

 

350 %

 

380 %

 

390 %

 

410 %

 

420 %

 

440 %

 

450 %

 

 

Auf die Ausführung, insbesondere zu den Vergleichshebesätzen für die Grund- und Gewerbesteuer, in der Anlage 8 zur Informationsvorlage 2012/IV/3736 über die Eckwerte für den Entwurf des Haushaltsplanes 2013 wird verwiesen.

 

 

 

Dr. Liane Melzer

 

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Beschlüsse

Erweitern

28.08.2012 - Finanzausschuss - ungeändert beschlossen

Erweitern

05.09.2012 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben

Erweitern

10.10.2012 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben