Stellungnahme - 2012/AN/3163-01 (SN)

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bereits gefasste Beschlüsse:

 

Bürgerschaftsbeschluss 2010/BV/1488 vom 06.10.2010

 

 

Sachverhalt:

 

Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 KV M-V haben die Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen finanziellen Aufwendungen vorrangig über Beiträge zu decken. So sind zur Deckung des Aufwandes für die Anschaffung, Herstellung, Verbesserung, Erweiterung, Erneuerung und den Umbau der notwendigen öffentlichen Straßen Wege und Plätze nach

§ 8 Abs. 1  KAG M-V Straßenbaubeiträge zu erheben.

 

Die Hansestadt Rostock hat auf dieser gesetzlichen Grundlage eine wirksame Straßenbaubeitragssatzung erlassen und ist kraft dieser ortsgesetzlichen Anordnung zur Erhebung von Beiträgen verpflichtet (Beitragserhebungspflicht). Der Beitrag ist demnach eine Gegenleistung für die durch die Leistung der Gemeinde vermittelten besonderen wirtschaftlichen Vorteile.

 

Dieser wirtschaftliche Vorteil der Eigentümer der anliegenden Grundstücke begründet sich durch die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage, also durch die gefahrlosere und sicherere Erreichbarkeit ihrer Grundstücke. Bei der Finanzierung dieser erbrachten Leistung der Gemeinde über Steuern würden die Eigentümer diese Leistung also auf Kosten der Allgemeinheit entgeltlos erhalten.

 

Zur Berücksichtigung des Allgemeinvorteils verbleibt entspr. der Vorteilsregelung § 4 Abs. 1 der Straßenbaubeitragssatzung der Hansestadt Rostock ein nach Klassifizierung der Anlage festgelegter Anteil der Kosten bei der Hansestadt Rostock, d. h. er wird über Steuern finanziert.

Dieser liegt in der Straßenbaubeitragssatzung der Hansestadt Rostock z. B. für die Maßnahme Erneuerung der Fahrbahn bei 35 % des beitragsfähigen Aufwandes. Die Beitragserhebungspflicht lässt keinen Spielraum zu, diesen Anteil zu erhöhen.

 

Zur Vermeidung unbilliger Härten für die Grundstückseigentümer gibt es im Ausbaubeitragsrecht mit Ausnahme des § 8 Abs. 6 KAG (zinslose Stundung für Kleingärten nach Bundeskleingartengesetz) keine Vorschriften für Billigkeitsregelungen. Insoweit sind die Billigkeitsregelungen der AO anzuwenden. D. h., dass Billigkeitsmaßnahmen, wie Stundung oder Erlass nur zuzulassen sind, wenn eine erhebliche persönliche oder sachliche Härte im Einzelfall vorliegt. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht kann also nicht das „öffentliche Interesse“ im Sinne des § 135 Abs. 5 Bau GB einen (teilweisen) Beitragserlass rechtfertigen.

 

Die persönlichen Billigkeitsgründe ergeben sich aus den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beitragspflichtigen und können nur über Maßnahmen zur Änderung der Zahlungsweise des Beitrages berücksichtigt werden (Stundung, Ratenzahlung). Sachliche Billigkeitsgründe sind solche, die von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beitragspflichtigen unabhängig sind, d. h. dass der sogenannte Vorteil durch die tatsächlichen Umstände eingeschränkt ist. Durch sachliche Billigkeitsgründe kann ein teilweiser oder vollständiger Erlass gerechtfertigt sein.

 

Beispiele dafür können die volle Veranlagung der Flächen besonderer großflächiger, nicht baulich oder anderweitig nutzbarer Grundstücke sein oder ein Anliegergrundstück, welches zusätzlich über eine oder mehrere andere Straßen erschlossen ist und auch nach deren Ausbau zur Zahlung von Beiträgen herangezogen werden kann. Hierbei wäre anzumerken, dass § 6 Abs. 10 der Straßenbaubeitragssatzung, welcher die sogenannte Eckgrundstücksermäßigung auf zwei Drittel des Beitrages für Wohngrundstücke, die durch mehrere Straßen erschlossen werden, enthielt, in der zweiten Satzungsänderung vom 01. Dezember 2010 unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der Hansestadt Rostock ersatzlos gestrichen wurde.

 

Eine Härte für die Anlieger kann vorliegen, wenn ihre Straße aufwändiger ausgebaut worden ist, als es für die Erschließung ihrer Grundstücke notwendig ist. Doch ist diese Härte selbst dann nicht unbillig im Sinne des Gesetzes. Denn „Grundstücken ist ihre Lage in einer bestimmten Umgebung mit der Folge zuzurechnen, dass die damit verbundenen, in einer bestimmten Steigerung des Erschließungsaufwandes zum Ausdruck kommenden Nachteile in Kauf genommen werden müssen“ (BVerwG, Urteil vom 13.08.1976 – IV C 23.74).

 

Außerdem wird der Umfang der Kosten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, die als beitragsfähig qualifiziert werden können, auch durch den Grundsatz der Erforderlichkeit begrenzt. Er beruht darauf, dass eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung namentlich dort geboten ist, wo die Gemeinde für ihre gebotenen Leistungen Beiträge zu erheben verpflichtet ist.

 

Bezogen auf die Erforderlichkeit beim Ausbau einer Anlage ist der entstandene Aufwand insoweit beitragsfähig, als die Baumaßnahme und die Art ihrer Durchführung geeignet sind, den an die Anlage angrenzenden Grundstücken besondere Gebrauchsvorteile zu vermitteln. Dabei hat die Gemeinde bei der Entscheidung über die Art der Ausbaumaßnahme und die Inhalte des Bauprogramms einen weiten Spielraum. Auch wird der Gemeinde bei der Frage, ob angefallene Kosten angemessen sind, ein weiter Entscheidungsspielraum zugesprochen. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, die kostengünstigste Ausbaumöglichkeit zu wählen, solange sie nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit handelt. Die Angemessenheit entstandener Kosten kann nur dann angezweifelt werden, wenn diese in erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen, also sachlich unvertretbar sind. Dies ist nicht der Fall, wenn sich die Gemeinde statt der Aufbringung einer bituminösen Tragschicht für eine teurere Pflasterung entschieden hat. Denn „eine Pflasterung ist eine durchaus übliche, keineswegs luxuriöse Art der Befestigung, für die die Beklagte nachvollziehbare Gründe angeführt hat, wie erhöhte Haltbarkeit, geringere Reparaturanfälligkeit, niedrigerer Reparaturaufwand und Versickerung des Regenwassers“ (OVG Lüneburg, Urteil vom 26.04.1995 – 9 L 3476/93).

 

Nicht zum beitragsfähigen Aufwand zählen Kosten, die zusätzlich zur Erfüllung von Zwecken anfallen, die nicht auf eine positive Veränderung der verkehrstechnischen Nutzbarkeit der Straße ausgerichtet sind, sondern z. B. der Verschönerung des Ortsbildes einer historischen Altstadt dienen. Dies trifft jedoch für die auszubauenden Straßen im Fördergebiet Warnemünde nicht zu. Der Ortsteil Warnemünde besitzt zwar eine besondere touristische Attraktivität und die geplante Erneuerung der Straßen findet unter Berücksichtigung der historischen Gestaltung und denkmalpflegerischen Aspekten statt, sie sollen aber entsprechend den verkehrlichen, funktionalen Anforderungen des Kfz- und Fußgängerverkehrs ausgebaut werden. Die dafür geplanten Kosten/ Materialien sowie die Art des Ausbaus sind als angemessen und damit beitragfähig zu bewerten.

 

Im Ergebnis gibt es keinen rechtlich gesicherten Grund, der einen teilweisen Beitragserlass für die betroffenen Grundstückseigentümer unter Berücksichtigung der Beitragserhebungspflicht der Hansestadt Rostock und dem sparsamen Umgang mit Steuergeldern rechtfertigt. Hingegen sind die kommunalen Vertreter und die Verwaltung verpflichtet die gesetzlich angeordnete Beitragserhebung zu realisieren und somit ihrer Vermögensbetreuungspflicht bezogen auf das Vermögen der öffentlichen Hand nachzukommen.

 

 

 

 

 

Holger Matthäus

 

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Beschlüsse

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15.03.2012 - Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung, Umwelt und Ordnung

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27.03.2012 - Finanzausschuss - vertagt

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04.04.2012 - Bürgerschaft - vertagt

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17.04.2012 - Bau- und Planungsausschuss - zur Kenntnis gegeben

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24.04.2012 - Finanzausschuss - vertagt

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25.04.2012 - Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus - vertagt

 

 

 

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12.06.2012 - Finanzausschuss - vertagt

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22.08.2012 - Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus - zur Kenntnis gegeben

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28.08.2012 - Finanzausschuss - zur Kenntnis gegeben

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10.10.2012 - Bürgerschaft - zur Kenntnis gegeben