Informationsvorlage - 2010/IV/1052

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschriften: § 27 SGB VIII

 

 

bereits gefasste Beschlüsse: 0108/08-BV

 

 

Sachverhalt:

Wir möchten über den gegenwärtigen Stand der Arbeit informieren.

 

Zielvorstellung bei Einführung der formlosen Hilfen und fallunspezifischen Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Erziehung (HzE) war es, über sozialraumorientierte Arbeit das Gemeinwesen so zu entwickeln, dass Familien mit Kindern, Jugendlichen sowie junge Volljährige notwendige Unterstützungsleistungen mit einem niedrigschwelligen Zugang erhalten. Hierzu wurden die Instrumente der fallunspezifischen Leistungen und formlosen Hilfen im Februar 2008 durch den JHA beschlossen.

 

Formlose Hilfen sind ein zeitlich begrenztes Unterstützungsangebot auf der Handlungs-ebene. Dies bedeutete, dass aktuelle Problemlagen kurzfristig durch  praktische Lebensbe-wältigung unter Nutzung und Entwicklung sozialräumlicher Angebote bearbeitet werden sollten.

 

Fallunspezifische Leistungen beinhalten die Aneignung von Kenntnissen des sozialen Raumes, vorhandener Bedarfe und Ressourcen. Sie sind eine sozialräumlich orientierte Netzwerk- und Strukturarbeit. Dazu zählten laut Beschluss auch Leistungen der Prävention und Vernetzung.

 

Wir gingen davon aus, dass so frühzeitiger mehr Kinder und Jugendliche und ihre Familien erreicht und sie nachhaltiger integriert werden können, bevor sich Problemlagen verfestigen. Nach einem Anstieg ambulanter Hilfen war mit einem Gleichstand bzw. Rückgang dieser Hilfen durch die benannte Vorfeldarbeit/ Präventionsarbeit zu rechnen. Insgesamt sollte sich das Stundenvolumen im Bereich der ambulanten Hilfe zur Erziehung (HzE) nicht erhöhen. Dies ist aber nicht eingetreten, so dass wir nach den Ursachen hierfür gesucht haben.

 

Zunächst  konnten wir positiv feststellen, dass sich die sozialräumlichen Arbeitsstrukturen durch die Bildung von Sozialraumfachteams und Lenkungsgruppen förderlich auf die Kommunikation und Kooperation zwischen den Trägern und dem Amt (Regionalbüros) ausgewirkt haben.

 

Das Verständnis von fallunspezifischer Arbeit bestand vor allem in der Umsetzung von Projekten, die durch die HzE-Träger selbst erbracht wurden und teilweise zum klassischen Bereich der Kinder- und Jugendarbeit gehören. Dies war so nicht angedacht. Vielmehr sollten vorhandene Ressourcen genutzt werden. Zu der von uns erwünschten Kooperationsausrichtung zu anderen, bereits vorhandenen Angeboten im Sozialraum, kam es nicht oder nur ansatzweise.

 

Nicht erreicht wurden die Entwicklung von passgenauen sozialräumlichen Angeboten im Gemeinwesen sowie die Weiterentwicklung kooperativer Arbeitsformen mit anderen Diensten, Trägern und Verbänden zur Vermeidung von HzE. Ressourcen sollten mobilisiert und Akteure im Sozialraum bei der Entwicklung bedarfsgerechter Angebote unterstützt werden, die präventiv wirken und weiterführende HzE vermeiden sollten.

 

Durch das Instrument der formlosen Hilfen gelang ein zeitnaher und niederschwelliger Zugang zu Familien mit Unterstützungsbedarfen. Die inhaltliche Ausgestaltung entsprach in der Regel aber einer Hilfe zur Erziehung. Eine direkte Anbindung an sozialräumliche Angebote gelang eher selten.

 

Aufgrund dieser Erfahrungen und der Auswertung des jährlichen Fachtages sozialraumorientierter und fallunspezifischer Leistungen wurde die Notwendigkeit eines Umsteuerungsprozesses deutlich. Die Vereinbarungen zu den formlosen Hilfen laufen zum 30.04.2010 aus. Aus Sicht der Verwaltung des Amtes für Jugend und Soziales ist es erforderlich, die sozialraumorientierte Arbeitsweise fortzuführen und den Weg für ein neues inhaltliches Herangehen im Sinne einer Umstrukturierung zu eröffnen.

 

Anders als bisher sollen zum einen sozialräumliche Projekte entwickelt werden und zum anderen bestehende Ressourcen verschiedenster Träger mit denen der Träger, die sich speziell mit der Hilfe zur Erziehung befassen, verknüpft werden.

 

Ziel ist es, über eine sozialräumliche Angebots- und Projektentwicklung das bestehende infrastrukturelle Angebot als auch die Leistungserbringung bei individuellen erzieherischen Bedarfen in Abstimmung miteinander zu einer neuen Qualität zu verbinden. Die gemeinsame Ausrichtung unterschiedlicher Träger auf einen Sozialraum soll dadurch gestärkt und gefördert werden. Mit der Umsteuerung versprechen wir uns Synergien von Leistungen für junge Menschen und ihren Familien, die sowohl fachlich-, ämter- als auch themenübergreifend sind und die eine Entwicklung von sozialraum- und milieunahen Angebotsstrukturen ermöglichen. Bestehende Angebote, Kompetenzen und Ressourcen werden somit gebündelt und für die Zielgruppe HzE vorgehalten. Der offene Zugang ermöglicht einerseits präventiv unterstützend zu wirken und andererseits notwendige Leistungen sowohl vor, während und nach einer Hilfe zur Erziehung vorzuhalten.

 

Dies soll durch verbindliche Kooperationsstrukturen zwischen HzE-Trägern und Trägern der offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie Stadtteilbegegnungszentren erfolgen. Es sollen mindestens zwei Kooperationspartner beteiligt werden. Dabei bringen die Kooperationspartner ihre eigenen Ressourcen (laufende Projekte, Räume u. ä.) mit ein, wobei die originären Aufgaben der Einrichtungen erhalten bleiben. Daneben ist für die regionalraumbezogene Projektarbeit ein Projektbudget vorgesehen.

                                     

Die Gremien Sozialraumteam und Lenkungsgruppe bleiben bestehen, jedoch mit veränderter Aufgabenstellung und z. T. veränderter Zusammensetzung. So werden zu den Teilnehmern HzE -Träger, weitere Träger der Jugendhilfe und andere Akteure des sozialen Raumes gehören.

 

Es sollen Projekte bewilligt werden, die bestimmte Kriterien erfüllen müssen und zeitlich befristet einen aufgetretenen Bedarf abdecken sollen. Die zu schaffenden Angebote/Projekte sollen zum einen schnell zugängliche, unbürokratische und im Alltag wirksame Hilfen anbieten. Zum anderen sollen sozialraumbezogene Lösungsansätze für einzelfallbezogene Problemstellungen gefunden und durch ein rechtzeitiges Agieren schwierige und kostenintensive Hilfeverläufe vermieden werden. Damit werden Alternativen zu den Hilfen zur Erziehung ausgebaut und ein Beitrag zur Vermeidung bzw. Verkürzung von Hilfen zur Erziehung geleistet. Hierzu soll durch ein internes Controllingsystem evaluiert werden, wie sich die sozialräumliche Vorfeldarbeit auf die Entwicklung der HzE-Fälle ausgewirkt hat und ob es gelungen ist, die Anzahl der HzE-Fälle zu verringern.

 

Für die sozialraumorientierte Arbeitsweise im Vorfeld des § 27 SGB VIII besteht kein gebundener Rechtsanspruch. Die Ausgestaltung und Umsetzung erfolgte bisher durch den Beschluss des JHA vom 26.02.2008. Kinder, Jugendliche und Eltern sollen Hilfen nicht erst dann zur Verfügung stehen, wenn die Erziehung in der Familie ernsthaft gefährdet ist. Die Leistungen der Jugendhilfe sollen vielmehr dazu beitragen, Gefährdungen zu vermeiden.

 

§ 27 Abs. 2 SGB VIII ermöglicht die Entwicklung von Hilfeformen im Vorfeld zur Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs. 1 SGB VIII. Diese ins Ermessen gestellte kreative Aufgabe haben wir bisher wahrgenommen. Wie aufgezeigt haben unsere bisherigen Ansätze zur fallunspezifischen und formlosen Arbeit nicht die beabsichtigten Ziele erreicht, so dass wir nunmehr umsteuern wollen und den vorbenannten neuen Prozess in Gang setzen wollen.

 

Der JHA erhält im Juni 2010 weitere Informationen, z.B. zur Zusammensetzung und Aufgaben von Sozialraumteam und Lenkungsgruppe, der fachlichen Richtlinie, der Projektentwicklung und zur Dokumentation.

 

 

 

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Finanzielle Auswirkungen:

Zur finanziellen Umsetzung wurde den beteiligten Trägern bisher ein Anteil ihres Stundenvolumens pauschal zur Verfügung gestellt, der entsprechend der geleisteten Arbeit verrechnet wurde. Der vorgesehene bereitzustellende Finanzrahmen für die zukünftige Projektarbeit entspricht dem Umfang des sozialräumlichen Budgets für formlose und fallunspezifische Leistungen des Jahres 2009 in Höhe von 380.000 € und wird den Regionen anteilig zur Steuerung, Planung und Umsetzung von Projekten zur Verfügung gestellt.

 

 

 

 

Dr. Liane Melzer

 

 

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Beschlüsse

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20.04.2010 - Jugendhilfeausschuss - zur Kenntnis gegeben